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Chronik und Quellen
1935
April 1935

Die Gestapo Düsseldorf berichtet

Die Gestapo Düsseldorf berichtete über den Monat April 1935:

„Die Juden zeigten sich im Berichtsmonat allgemein zurückhaltend. In den jüdischen Vereinigungen haben außer den besonderen kirchlichen Feierlichkeiten anläßlich des Pessach-Festes nur vereinzelt Vereinsversammlungen und Theaterabende stattgefunden. Die Zionistische Ortsgruppe Essen hatte am 7.4.35 zu einem Vortrag eingeladen. Der Redner David aus Köln berichtete über Palästina-Probleme. Nachdem er zunächst einen Überblick über die politischen Probleme im Orient gegeben hatte, ging er dann im einzelnen auf die Bedeutung Palästinas im Rahmen dieser Probleme ein.

Der Jüdische Kulturbund Rhein-Ruhr veranstaltete im Jugendheim in Essen 2 Theaterabende. Zur Aufführung gelangte das Stück „Der Große Baryton“. Zu der Aufführung selbst ist zu sagen, daß es sich hier um einen üblen jüdischen Kitsch handelte. Das Spiel, das sich durch seine gewöhnliche derbe internationale Drastik und seine faulen Zoten auszeichnet, verdient Ablehnung und kann nur als eine beabsichtigte jüdische Provokation betrachtet werden. Es dürfte sich empfehlen, dieses Stück, das deutschem Empfinden nach gerade als widerlich zu bezeichnen ist, auch für Theateraufführungen vor jüdischen Kreisen nicht mehr zuzulassen.

Am 28.4.35 trugen die jüdischen Sportvereine aus Rheinland und Westfalen auf dem früheren Sportplatz der D.J.K. in Oberhausen ihre Fußballmeisterschaftsspiele aus. Es spielte Bonn gegen Gelsenkirchen und Dortmund gegen Paderborn. Anschließend fand im katholischen Gesellenhaus in Oberhausen ein gemütliches Beisammensein statt. Die Zuschauerzahl betrug etwa 200 Personen, die sich zum größten Teil aus Nichtariern zusammensetzten.

Im Hauptraum der Synagoge in M.Gladbach fand ein Vortrag des Juden Adolf Polak statt. Er behandelte das Thema „Ist Raum genug in Palästina?“ Anwesend waren etwa 180 Besucher. Der Redner versuchte den Zuhörern klar zu machen, daß trotz der Masseneinwanderung in letzter Zeit immer noch genügend Platz für alle Juden in Palästina vorhanden sei. Er warb für die Einwanderung und verstand es, den Zuhörern die Schönheiten ihres Vaterlandes vor Augen zu führen und betonte, daß es doch das Schönste sei, wenn sich die Juden auf eigener Scholle ansiedeln würden und somit wieder ein Vaterland und ein Zuhause bekämen.

In Duisburg sind mit besonderen Veranstaltungen nur der jüdische Kulturbund Rhein und Ruhr, der einen „Offenbach-Abend“ brachte und die Synagogengemeinde, die eine „Maimonides-Feier“ veranstaltete, hervorgetreten. Die Sportgruppe „Schill“ des RJF., Ortsgruppe Duisburg, meldete, daß sie ihr Frühjahrs- und Sommertraining wieder aufgenommen habe.

Die Angriffe, denen die Juden in der Berichtszeit durch ausgehängte Plakate, Beschriftungen einzelner Geschäfte usw. ausgesetzt waren, haben sie anscheinend in ihrer bisherigen Rührigkeit merklich beeinträchtigt. Man hat den Eindruck, als ob sie z.Zt. alles vermeiden wollen, was weiterhin die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sie lenken würde. Die Boykott-Maßnahmen gegen die Juden haben allenthalben wieder zugenommen, so z.B. wurden in den letzten Wochen in Oberhausen wiederholt von unbekannten Tätern auf Bürgersteigen jüdischer Geschäfte antijüdische Parolen geschrieben und geklebt.

In Wuppertal-Elberfeld wurde am 30.4. ein Flugblatt über Vorkommnisse in der Großschlächterei Wertheim verbreitet mit der Überschrift: „Erneute Provokation eines Juden in Wuppertal! Der koschere Schlächter Max Steinberg, Inhaber der Metzgerei und Wurstfabrik Wertheim, Wuppertal-Elberfeld, Wirmhof 8, stellt verdorbenes Fleisch öffentlich zum Verkauf!“ In dem Flugblatt wird weiter gesagt, daß der Bevölkerung bereits verdorbene Hammelköpfe usw. noch zum Kauf angeboten worden seien. Weiter werden in dem Flugblatt Verfehlungen der Schlächterei angeführt, die erkennen lassen, daß man es mit der für ein Metzgergeschäft unbedingt erforderlichen Sauberkeit anscheinend in diesem Geschäft nicht genau nimmt. U.a. wird in dem Flugblatt eine größere Anzahl Personen namentlich bezeichnet, die zur Stammkundschaft des Geschäftes zählen. In der Bevölkerung herrscht über die Fortführung des Geschäftes eine begreifliche Erregung, so daß es wiederholt zu größeren Ansammlungen kam. Von Seiten der Schutzpolizei wurden in der Nacht zum 1.5. die Zugangsstraßen für das Geschäft polizeilich gesperrt, weil mit weiteren Ansammlungen und Störungen zu rechnen war.

Der am 30.4.35 in der Mai-Ausgabe des Stürmer erschienene Artikel über den in Düsseldorf ansässigen österreichischen Juden Hugo Wilhelm, in dem Wilhelm als Rasseschänder bezeichnet wird, gab am 30.4.35 Anlaß zu größeren Menschenansammlungen vor den Geschäften des Wilhelm. Die Menschenmenge mußte schließlich von Schutzpolizei zerstreut werden, da sie zum Teil eine drohende Haltung annahm.

Besonders bemerkenswert ist noch die Tatsache, daß die Düsseldorfer Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten eine Vereinsfahne geweiht hat, die nach eigener jüdischer Beschreibung folgendermaßen beschaffen ist: Als Wahrzeichen des RJF. und Sinnbild des kameradschaftlichen Zusammenhaltens der Schild des RJF. umrahmt von einem Lorbeerkranz, ferner auf weißer Seide der Davidstern als Sinnbild der jüdischen Gemeinschaft, verbunden mit dem Wappen der Stadt Düsseldorf, als Symbol der Kämpfer und Frontsoldaten Schwert und Stahlhelm, umrahmt von den deutschen Reichsfarben. Die Darstellung des Davidsterns in Verbindung mit einem historischen deutschen Stadtwappen, einem Stahlhelm und den Reichsfarben schwarz-weiß-rot muß auf jeden Nichtjuden als Verhöhnung der zuletzt genannten drei Symbole wirken.“

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