April 1936
Anlässlich des „Führergeburtstags“ glorifizierte die NS-Propaganda am 20. April die Person Hitlers und schwor die „Volksgemeinschaft“ in Massenveranstaltungen auf bedingungslose Treue zu ihm ein. Insbesondere in Berlin und im kurz zuvor im März remilitarisierten Rheinland wurde mit großen Militärparaden die „wiedergewonnene Macht der deutschen Nation“ gefeiert.
Die wurde aber auch umgehend ausgebaut. Nachdem General Werner von Fritsch als Oberbefehlshaber am 1. April als Reaktion auf die Remilitarisierung des Rheinlandes und die damit gestiegene Zahl von Wehrpflichtigen die Vergrößerung des deutschen Heeres von 32 auf 36 Divisionen gefordert hatte, ordnete Hitler bereits vier Tage später eine verstärkte „Wehrhaftmachung“ des Deutschen Reiches an und ernannte Hermann Göring, der damit künftig eine Schlüsselstellung einnahm, zum Beauftragten für alle Rohstoff- und Devisenfragen. Weil das NS-Regime eine möglichst große Unabhängigkeit anstrebte, bereitete nämlich die Höhe der Rohstoffimporte ernste Sorgen.
Auch sonst gab es aus NS-Sicht im April vorwiegend Erfolge zu verzeichnen. Am 19. fand in der Berliner Deutschlandhalle die erste Großkundgebung des neuorganisierten Reichsbundes für Leibesübungen (DRL) statt, in deren Rahmen Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten die Zusammenfassung der deutschen Sportverbände und damit deren „Gleichschaltung“ als abgeschlossen erklärte.
In einem feierlichen zentralen Akt in Crössinsee wurden am 24. April dann die drei neuen Ordensburgen der NSDAP (Crössinsee, Sonthofen, Vogelsang) eingeweiht. Ihre Errichtung ging auf einen Wunsch Hitlers zurück, der für die Schulung des NS-Nachwuchses repräsentative Bauten als Ausdruck des „neuen Geistes“ wünschte. In den neuen Einrichtungen sollten künftig junge - „Junker“ genannte - NSDAP-Mitglieder in dreijährigen Kursen „zum wirklichen Führertum“ erzogen werden. Allerdings blieben die Ausbildungsziele und –pläne sehr allgemein und auch die Qualifikation der künftigen „Junker“ wurde zunächst außer den ideologisch begründeten Parametern Gesundheit, „rassische Reinheit“ und „aktive Parteiarbeit“ nicht präzise definiert. Das führte letztlich häufig dazu, dass sich Dozenten an den Ordensburgen darüber beschwerten, dass die „Junker“ ihren Ausführungen intellektuell nicht folgen könnten.
Bei allem Jubel vergaßen die Nationalsozialisten aber keineswegs, auch ihren Überwachungs- und Verfolgungsapparat zu effektivieren. Darüber konnte auch das am 23. April von Hitler unterzeichnete Amnestiegesetz nicht hinwegtäuschen, denn dessen Inhalt diente in erster Linie der Reinwaschung nationalsozialistischer Straftätern, die sich im „Übereifer im Kampf für den nationalsozialistischen Gedanken“ zu Straftaten hatten „hinreißen“ lassen. Immerhin forderte Reichskirchenminister Hanns Kerrl „unter dem Eindruck der überwältigenden Vertrauenskundgebung des deutschen Volkes“ bei der „Wahl“ vom 29. März 1936 Gestapo und NSDAP-Reichsleiter am 9. April in einem Schnellbrief auf, alle Aufenthalts- und Redeverbote für Geistliche beider Konfessionen aufzuheben.
Nachhaltiger wirkten jedoch andere Maßnahmen. So wurde am 18. April der bis dahin als Sondergericht lediglich provisorisch eingerichtete Volksgerichtshof per Gesetz in ein ordentliches Gericht umgewandelt. Seine Richter wurden künftig direkt von Hitler eingesetzt, während sich die ehrenamtlichen Beisitzer aus ausgesuchten Wehrmachtsangehörigen, Polizisten oder NSDAP-Mitgliedern rekrutierten. Und am 29. April benannte der Leiter der Gestapo, Reinhard Heydrich, in einem Artikel des „Völkischen Beobachters“ die Personengruppen, die als Staatsfeinde anzusehen und zu bekämpfen seien: Neben Kommunisten, Juden und Freimaurern fielen hierunter auch Kirchenbeamte, die sich politisch äußerten.