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Chronik und Quellen
1937
August 1937

August 1937

Auch im ferien- und urlaubgeprägten August blieben die Überwachungssysteme des NS-Regimes aktiv. So verbot die Berliner Gestapo am 8. des Monats einen Bittgottesdienst der Bekennenden Kirche, in dessen Rahmen für die Freilassung des Anfang Juli verhafteten Pastors Martin Niemöller gebetet werden sollte. Als die dennoch anwesenden protestantischen Christen gegen das Verbot protestierten, löste die Polizei den Demonstrationszug gewaltsam auf und verhaftet rund 100 Teilnehmer.

Ansonsten konzentrierte sich das NS-Regime stark auf die künftige Ernährung und die Stärkung seiner Rohstoffressourcen. So ordnete Hermann Göring als „Beauftragte für den Vierjahresplan“ am 11. August an, dass der Reichsarbeitsdienst des Sommerhalbjahres 1937 bis zum 27. Oktober zu verlängern sei, um so die Einbringung der Hackfruchternte sicherzustellen. Gleichzeitig verpflichtete alle Gemeinden mit mehr als 35.000 Einwohnern dafür Sorge zu tragen, dass künftig durch konsequentes Aussortieren sämtliche verwertbaren Alt- und Abfallstoffe im Müll erfasst werden müssten.

In all diesen Bereichen bestand offenbar hoher Handlungsbedarf. So kam eine Studie zur Lebenshaltung in deutschen Familien, die von der Berliner „Reichsstelle für hauswirtschaftliche Forschungs- und Versuchsarbeit“ durchgeführt wurde, am 26. August zu dem Ergebnis, dass immerhin 50 bis 70 Prozent des Familieneinkommens für Ernährung aufgewendet werden müssen. Der Stabilität der Versorgung kam für das Regime somit eine extrem hohe Bedeutung zu. Zugleich wurden aber auch positive Signale gesendet. So hatte das Berliner „Institut für Konjunkturforschung“ bereits am 19. August gemeldet, dass sich die Einzelhandelsumsätze des ersten Halbjahres 1937 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um durchschnittlich zehn Prozent erhöht hätten.

Auch auf kulturellem Gebiet setzten NSDAP und Reichsregierung ihren Kurs konsequent fort. So ordnete Reichspropagandaminister Joseph Goebbels am 3. August eine einheitliche Schulung für alle Museumsleiter im Reichsgebiet an. Durch diese Maßnahme sollten die Museen künftig nicht nur einen Überblick über die (NS-konforme) deutsche Kunst geben, sondern zugleich auch zu „Erbauungsstätten des Volkes“ werden.

 

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Am 16. August ordnete der Reichsinnenminister an, dass Beamte, die jüdische „Mischlinge I. Grades“ oder mit solchen verheiratet waren, in den Ruhestand zu versetzen seien. „Mischlinge II. Grades“ konnten künftig hingegen in ihrem Dienstverhältnis verbleiben, es sei denn, dass besondere Gründe vorlagen, die ihre Entlassung nach Dafürhalten des NS-Regimes bzw. von dessen Vertretern erforderlich machten. - Der Willkür war somit Tür und Tor geöffnet.

Ab dem 18. des Monats wurde auf durch das Reichsinnenministeriums verfügt, Anträge von Juden und jüdischen „Mischlingen“ auf Änderung ihres jüdischen Nachnamens künftig abschlägig zu bescheiden. Einen Tag darauf ordnete die Reichsregierung an, dass jüdische Buchhändler ab sofort nur noch Bücher von jüdischen Autoren an jüdische Kunden verkaufen durften.

Die Ausgrenzung und Diskriminierung wurde immer sichtbarer. So ließ das Gartenbauamt Berlin-Prenzlauer Berg am 18. August an einem Großteil der Bänke in öffentlichen Parkanlagen Schilder mit der Aufschrift „Nur für Arier“ anbringen.

Bereits zum Monatsbeginn war es am 2. August im deutschen Teil Oberschlesiens zu schweren antisemitischen Ausschreitungen gekommen. Anlass dazu war wohl die angeblich kriminelle Tat eines jüdischen Kaufmanns. In mehreren Ortschaften wurden daraufhin jüdische Kaufhäuser von Menschenmengen gestürmt.

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