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Chronik und Quellen
1937
Juli 1937

Vermerk des Sicherheitsdienst

Der Sicherheitsdienst der SS bespricht mit der Gestapo am 12. Juli 1937 die nächste Volkszählung und die rassische Erfassung der Juden:

Betr.: Judenkartei.

Am 12.7.1937 fand im Geheimen Staatspolizeiamt eine Besprechung zwischen Reg.Rat Dr. Haselbacher, Assessor Flesch und SS-Untersturmführer Wisliceny statt. Gegenstand der Rücksprache war die geplante Aufstellung einer Judenkartei durch den SD. in Zusammenarbeit mit den infrage kommenden Dienststellen der Partei und des Staates. Zu Beginn der Unterredung gab Reg.Rat Dr. Haselbacher ein eben bei ihm eingegangenes Schreiben des Chefs der Sicherheitspolizei bekannt, welches sich mit der Erfassung der Juden in Deutschland befasst. Darin wird mitgeteilt, dass z. Zt. Verhandlungen mit dem Innenministerium stattgefunden haben und im August fortgesetzt werden sollen, die den Zweck haben, auf Grund einer Volkszählung eine Kartei des Deutschen Volkes aufzustellen. Bei dieser Volkszählung, die für 1938 festgesetzt ist, sollen eingehende Erhebungen über die rassische Zusammensetzung und die konfessionellen Bekenntnisse angestellt werden. Falsche Auskünfte bei dieser Erhebung werden dabei mit Gefängnisstrafen bedroht. Auf diese Weise ist es möglich, auch die Viertel- und Halbjuden zu erfassen. Nach Abschluss und Auswertung der Volkszählung wird also bei jeder Ortspolizeibehörde eine Kartei der Juden, Halbjuden und jüdisch Versippten stehen. Alle Auskünfte über Rassenzugehörigkeit können dann die Polizeibehörden erteilen. In Anbetracht dieser Tatsache vertrat Dr. Haselbacher den Standpunkt, dass es unzweckmässig sei, sofort durch die Parteiorganisationen Erhebungen über die Juden anstellen zu lassen. Es bestände absolut keine Gewähr, dass die Block- und Zellenleiter der Partei einwandfreies Material heranbrächten. Ausserdem würde der SD. durch die Aufstellung einer solchen Kartei zu einer Auskunftsstelle für die Partei. Noch ehe die Judenkartei des SD. fertig sein könne, käme die Volkszählung. Dr. Haselbacher vertrat daher den Standpunkt, dass die Aufstellung der Kartei bis 1938 zurückgestellt werden müsse. Er wolle in diesem Sinne mit Klopfer sprechen.

Die Auswertung der Volkszählung durch den SD. soll dann folgendermassen vorgenommen werden:

Die Polizeireviere geben ein Doppel ihrer Juden- und Mischlingskarteiblätter an die SD-Unterabschnitte. Der UA.-Referent ergänzt dann diese Angaben nach SD-mässigen Gesichtspunkten. Um aber überhaupt einen Anfang zu machen, schlug Dr. Haselbacher vor, dass der SD. die im Geheimen Staatspolizeiamt lagernden Mitgliederverzeichnisse der organisierten Juden übernimmt. Diese Verzeichnisse umfassen ca. 90 % der in Deutschland lebenden Volljuden. Dieses Material wird den SD-Unterabschnitten zur Verfügung gestellt, die nach den Richtlinien des SD-Hauptamtes mit der Aufstellung einer Volljudenkartei beginnen. Nach der geplanten Volkszählung wird diese Kartei nur hinsichtlich der Nichtorganisierten und der Mischlinge ergänzt werden. Damit wird eine Menge unnützer Doppelarbeit vermieden. Die Verzeichnisse der jüdischen Organisationen werden auf dem Laufenden gehalten, da diese verpflichtet sind, jeden Monat ihre Mitglieder zu melden. Dr. Haselbacher sagte ausserdem die sofortige Übersendung des obenerwähnten Schreibens des Chefs der Sicherheitspolizei zu.

Es wird um Entscheidung gebeten, ob die Umarbeitung der von C. genehmigten Richtlinien in dieser Hinsicht erfolgen soll. Genaue Anweisungen können den UA.-Referenten dann auf der am 1.9.1937 geplanten Tagung gegeben werden.

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