Illegale Auswanderung von Juden über die Westgrenze
Am 12. Januar 1939 teilt die Gestapostelle Köln den Landräten im Regierungsbezirk Folgendes mit:
Betrifft: Illegale Auswanderung von Juden über die Westgrenze.
Nach Vorlage beim Herrn Regierungspräsidenten:
In den vergangenen Monaten ist ein erheblicher Zustrom von Juden aus dem Reich und insbesondere aus der Ostmark in die Grenzbezirke im Westen erfolgt, um eine Möglichkeit zu finden, von hier in die angrenzenden Nachbarländer auszuwandern. Da die Juden in der Mehrzahl nicht im Besitz der von den anderen Staaten geforderten Einreisepapiere waren, versuchten sie auf jede mögliche Art und Weise die Grenze illegal zu überschreiten. Wegen derartiger Vorgänge sind zahlreiche Beschwerden seitens der Nachbarländer erfolgt. Zudem stehen einer solchen unkontrollierten Abwanderung erhebliche innerpolitische Bedenken entgegen.
Aus diesen Gründen ersuche ich, diesen Vorgängen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und mit allen Mitteln jede illegale Auswanderung von Juden, sei es, daß diese nicht im Besitze aller nach den innerdeutschen Vorschriften für die Auswanderung notwendigen Bescheinigungen oder sei es, daß sie nicht im Besitze der von den fremden Staaten geforderten Einreisepapiere sind, zu verhindern. Insbesondere ersuche ich, alle in die Grenzbezirke zugereisten dort nicht ansässigen auswanderungswilligen Juden, für die nach Lage der Dinge nur eine solche illegale Auswanderung in Frage käme, festzunehmen.
Die betroffenen Juden bitte ich, verantwortlich zu vernehmen. In der Verhandlungsniederschrift ist festzulegen:
a) Zweck der Zureise,
b) Art und Ort des beabsichtigten illegalen Grenzübertritts und
c) welche Schlepper und Mittelspersonen für den Abtransport in Frage kommen.
Die Vernehmungsniederschriften bitte ich mit Bericht in doppelter Ausfertigung hier vorzulegen. Kinder unter 16 Jahren sind nicht festzunehmen, sondern zunächst einem jüdischen Waisenhaus zuzuführen.
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Abschrift übersende ich zur Kenntnis und g. F. zur sofortigen weiteren Veranlassung. Im Falle von Festnahmen ist der Staatspolizeistelle durch meine Hand umgehend zu berichten.