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Chronik und Quellen
1935
Dezember 1935

Vermerk von Reichsjustizminister Gürtner

Reichsjustizminister Gürtner diskutiert mit Hitler am 12. Dezember 1935 über die Entfernung der Juden aus den freien Berufen:

Empfang beim Kanzler 121/2 Uhr mittags.

Ich habe den Kanzler befragt, welches seine Absicht sei bei der Durchführung der Judengesetzgebung in den freien Berufen. Die Justizverwaltung sei an dieser Frage wegen der Rechtsanwälte interessiert und werde in der nächsten Kabinettssitzung ein Gesetz zur Änderung der Rechtsanwaltsordnung vorlegen. Aus diesem Grund bäte ich ihn, mich über seine Absichten zu unterrichten.

Nach meiner Meinung kämen drei Lösungen in Frage:

a) gesetzliche Zurücknahme sämtlicher Zulassungen auf einmal,

b) Ermächtigung zur Zurücknahme der Zulassungen, wobei man sich über die Art des Gebrauchs dieser Ermächtigung von vornherein im klaren sein müsse,

c) Lösung der Frage auf natürlichem Weg, d. h. durch Aussterbenlassen. Der Kanzler fragte mich, ob das in 20 Jahren möglich sei. Ich erklärte ihm, das wäre die mathematische Höchstdauer, in Wirklichkeit käme ein viel kürzerer Zeitraum in Betracht.

Der Kanzler erklärte darauf, im Augenblick schiene es ihm nicht zweckmäßig zu sein, den Weg a) oder b) zu gehen. Er wünsche nicht, daß auf dem Gebiet der freien Berufe jetzt überhaupt Maßnahmen ergriffen würden.

II. Herrn Staatssekretär Schlegelberger mit der Bitte um Kenntnisnahme.

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