Pressebericht über Boykott in Köln
Am 3. April 1933 berichtet der „Westdeutsche Beobachter" über die Ereignisse in Köln:
„Bereits lange vor der zehnten Morgenstunde des Samstag wälzte sich durch alle Straßen der Stadt eine ungeheure Menschenmenge, die die Stunde des Boykottbeginns aus nächster Nähe miterleben wollte. Ein Betrieb, wie ihn sonst in Köln nur die Hohe Straße zu den Zeiten des lebhaftesten Geschäftsverkehrs, zur Mittagsstunde oder um Ladenschluß herum kennen, durchpulste alle Kölner Geschäftsstraßen. Selbst die nach Kölner Begriffen geräumigen Straßenzeilen der Ehrenstraße, des anstoßenden Teiles der Breiten Straße, der Schildergasse wiesen einen Verkehr auf, daß eine schnelle Vorwärtsbewegung auf Straße oder Bürgersteig zur Unmöglichkeit wurde. Mit billigsten Schleuderpreisen versuchten einige jüdische Geschäfte der Fleischwaren-und Lebensmittelbranche, ihre Waren abzusetzen. Je näher aber die zehnte Stunde heranrückte, umso mehr Geschäfte gingen dazu über, ihre Verkaufsräume zu schließen. Bei diesen freiwilligen Maßnahmen kam es nirgendwo zu Störungen oder Behinderungen.
Schlagartig um 1 Uhr erschienen allenthalben SS- und SA-Streifen, die an den jüdischen Geschäften Einzel- oder Doppelposten ausstellten und zugleich mitgebrachte Plakate auf Türen und Schaufenster klebten. Das Gedränge in den Hauptgeschäftsstraßen erreichte seine höchste Kurve. Jeder wollte sehen, wie ein Plakat angeklebt wurde, wie ein SA-Mann auf eine Leiter stieg, um oberhalb der Schaufenster Boykott-Hinweise anzubringen, wie hier und dort Einzelposten mit aufgezogenen Plakaten vor Geschäften und Büros Stand faßten. Die Anti-Greuel-Propaganda geriet in Fluß und erfaßte im Handumdrehen alle Straßenpassanten. Zustimmende und verwünschende Äußerungen erschallten von allen Seiten, beifällig von den Umstehenden aufgenommen, weitergetragen und glossiert. Wo die Besetzung mit Posten im Augenblick nicht möglich war, wurde ein Trägerplakat in den Türeingang gestellt und übten dort auch ohne uniformierten Schutz den Wachdienst aus. Kraftwagen mit SS-, SA- und politischen Führern fuhren die hauptsächlichsten Geschäftsviertel ab, kontrollierten die Posten, die Wirkung des Boykotts und das Verhalten der Zuschauer und Passanten. Nirgendwo kam es jedoch dank der Diszipliniertheit unserer SS- und SA-Männer zu irgendwelchen Zusammenstößen oder gar Angriffen auf Juden. Mit derselben Ruhe, mit der der Boykott eingesetzt hatte, ging auch der Tag zur Neige. Die Juden haben unseren Handgriff gefühlt. Es wird von ihnen allein abhängen, ob sie nun auch noch unsere zuschlagende Faust spüren iverden. Wir warnen nur einmalig. Hilft's nichts, dann wird eben zugepackt und die Folgen trägt der, den's trifft."