Mitteilungen des Deutschen Nachrichtenbüros G.m.b.H.
Das Deutsche Nachrichtenbüro kommentiert am 10. September 1935 den Erlass von Reichsminister Rust zur Errichtung separater Schulen für jüdische Kinder:
Einrichtung von Judenschulen in Deutschland.
Berlin, 10. September. Reichsminister Rust hat in einem Erlaß über die Rassentrennung auf den öffentlichen Schulen, in dem als Vorbereitung für die Einrichtung von Judenschulen zu Ostern 1936 Erhebungen über die Rassezugehörigkeit der Schülerschaft angeordnet sind, eine alte nationalsozialistische Forderung tatkräftig in Angriff genommen. Dieser in enger Fühlungnahme mit dem Rassenpolitischen Amt der NSDAP ausgearbeitete Erlaß bereitet einen weiteren wichtigen Abschnitt in der Rassengesetzgebung des neuen Deutschland vor und beweist, daß Deutschland keineswegs geneigt ist, wie ausländische Pressestimmen zu wissen glauben, seinen grundsätzlichen Rassestandpunkt aufzugeben. Unser Ziel, die völlige Aussonderung des Judentums aus dem deutschen Lebensbereich, ist unverrückbar klar und bereits auf verschiedenen Teilgebieten (Beamtengesetzgebung, Erbhofrecht u. a.) durchgeführt.
Auf dem Gebiet der Volksschule ist zur Erreichung dieses Ziels die Zusammenfassung derjenigen nichtarischen Schulkinder, die der mosaischen Religion angehören, in besonderen jüdischen Volksschulen schon bisher energisch gefördert worden. Insbesondere ist mit staatlicher Genehmigung seit 1934 eine größere Zahl privater jüdischer Volksschulen neu entstanden.
Der entscheidende Gesichtspunkt ist aber nicht die Zugehörigkeit zur mosaischen Religion, sondern zur jüdischen Rasse. Der rassefremde, jüdische Schüler bildet in der Klassen-gemeinschaft der arischen Schüler und Lehrer einen Fremdkörper. Sein Dasein erweist sich als ein außerordentliches Hindernis im deutschbewußten nationalsozialistischen Unterricht und macht die notwendige, in der Rasse begründete Uebereinstimmung zwischen Lehrer, Schüler und Lehrstoff unmöglich. Der neue Erlaß des Reichserziehungsministers Rust zielt deshalb auf Durchführung der völligen Rassentrennung in den Volksschulen ohne Rücksicht auf die Konfessionszugehörigkeit der rassefremden, jüdischen Schüler und auf Wiederherstellung der Judenschulen hin. Er billigt beiden Teilen zu, was nach völkischer Auffassung eine selbstverständliche Forderung ist: die Rassengemeinschaft zwischen Lehrer und Schüler.
Aus dem Erlaß des Reichserziehungsministers sei folgendes mitgeteilt:
Eine Hauptvoraussetzung für jede gedeihliche Erziehungsarbeit ist die rassische Uebereinstimmung von Lehrer und Schüler. Kinder jüdischer Abstammung bilden für die Einheitlichkeit der Klassengemeinschaft und die ungestörte Durchführung der nationalsozialistischen Jugenderziehung auf den allgemeinen öffentlichen Schulen ein starkes Hindernis. Die auf meine Anordnung bisher vorgenommenen Stichproben in einzelnen preußischen Gebietsteilen haben gezeigt, daß die öffentlichen Volksschulen noch immer in nicht unerheblichem Maße von jüdischen Schülern und Schülerinnen besucht werden. Vornehmlich ist dies der Fall in den größeren Städten; aber auch auf dem platten Land finden sich Gebiete, die mehr oder minder stark mit Juden besiedelt sind. Auch die über das Volksschul-ziel hinaus führenden Schulen sind trotz der Zulassungsbeschränkungen des Gesetzes vom 24. April 1933 (Reichsgesetzblatt I S. 225) noch immer von einem an einzelnen Orten unverhältnismäßig hohen Anteil jüdischer Schüler und Schülerinnen besucht. Für die Entwicklung des nationalsozialistischen Schulwesens ergeben sich hieraus schwere Hemmungen. Die Errichtung öffentlicher und privater jüdischer Schulen hat zwar an einzelnen Orten zu einer gewissen Sonderung derjenigen jüdischen Schulkinder geführt, die der mosaischen Religion angehören. Die Trennung nach Konfessionen ist jedoch für ein nationalsozialistisches Schulwesen nicht ausreichend. Die Herstellung nationalsozialistischer Klassengemeinschaffen als Grundlage einer auf dem deutschen Volkstumsgedanken beruhenden Jugenderziehung ist nur möglich, wenn eine klare Scheidung nach der Rassenzugehörigkeit der Kinder vorgenommen wird.
Ich beabsichtige daher, vom Schuljahr 1936 ab für die reichsangehörigen Schüler aller Schularten eine möglichst vollständige Rassentrennung durchzuführen.
Bei den Pflichtschulen ist mit Rücksicht auf die auch für Nichtarier nach wie vor bestehende Schulpflicht eine Verweisung auf private Volksschulen nicht angängig. Vielmehr wird die Errichtung öffentlicher Volkschulen für Juden erforderlich werden. In diesen Schulen werden alle diejenigen Schüler und Schülerinnen zusammenzufassen sein, bei denen entweder beide Elternteile oder ein Elternteil jüdisch sind. Die sogenannten Vierteljuden, bei denen ein Großelternteil jüdisch ist, beabsichtige ich, bei der auf dem Gebiet des Schulwesens vorzunehmenden Rassentrennung, außer Betracht zu lassen. Voraussetzung für die Errichtung einer öffentlichen jüdischen Volksschule ist das Vorhandensein einer zur ordnungsmäßigen Beschulung hinreichenden Zahl jüdischer Kinder innerhalb einer Gemeinde oder eines unter Berücksichtigung zumutbarer Schulwege abgegrenzten Gebietes (Stadt- oder Landgebietes). Dabei müssen gegebenenfalls mehrere oder sämtliche Jahrgänge in einer Volksschulklasse zusammengefaßt werden. Als eine zur ordnungsmäßigen Beschulung hinreichende Richtzahl wird die Zahl von 20 Kindern anzunehmen sein.
Um einen Überblick zu gewinnen, in welchem Umfang die Errichtung öffentlicher jüdischer Volksschulen erford[erli]ch bzw. möglich ist, ersuche ich, in allen öffentlichen und privaten Volksschulen Ihres Aufsichtsbereiches für sämtliche Jahrgänge Feststellungen über die Rassezugehörigkeit der die Schulen zurzeit besuchenden Kinder zu treffen. Hinsichtlich der nicht zu den Pflichtschulen gehörenden Schulen erwäge ich eine Abänderung der durch das Ueberfüllungsgesetz vom 24. April 1933 getroffenen Bestimmungen in Richtung einer verschärften Abtrennung.
(gez.) Rust.
Der Erlaß zeigt, wie sorgfältig und gewissenhaft der Staat auf dem Gebiet seiner Rassengesetzgebung vorgeht, um unnötige Härten zu vermeiden und doch sein Ziel, eine von Fremdkörpern gereinigte völkische Lebensgemeinschaft, zu erreichen. Diese Gemeinschaft kann sich nur auf den gemeinsamen Anlagen des Blutes und der Rasse aufbauen und muß schon in der Erziehungsgemeinschaff der Schule verwirklicht werden. Mit dem vorliegenden Erlaß hat der Reichserziehungsminister hierzu einen wichtigen Beitrag geliefert, der neben früheren Erlassen die Grundlage der deutschen Schulreform abgibt. Es steht zu hoffen, daß alle Staats- und Parteistellen mithelfen werden, das vom Reichserziehungsminister Rust gesteckte Ziel zu erreichen, sodaß zu Ostern 1936 auf dem Gebiet des öffentlichen Volksschulwesens eine möglichst vollständige Trennung zwischen deutschen und jüdischen Kindern durchgeführt ist.