Bericht über „Jüdisches Zeitungs- und Zeitschriftenwesen“
Am 1. November 1937 berichtet SD-Mann Hagen im Rahmen einer Tagung des Sicherheitshauptamtes über „Jüdisches Zeitungs- und Zeitschriftenwesen in In- und Ausland und seine Auswertungsmöglichkeiten für die SD-Arbeit“:
Erst kürzlich wurden die SD-Ober- und Unterabschnitte in einem Rundschreiben des SD-Hauptamtes darauf aufmerksam gemacht, sich die hauptsächlichsten jüdischen Zeitschriften, wie die „Jüdische Rundschau“ und „Israelisches Familienblatt“ usw. zu halten. Ebenso müssen die in den Oberabschnitts- und Unterabschnittsgebieten regelmäßig erscheinenden Synagogen- und Gemeindeblätter unbedingt gelesen und ausgewertet werden. Dadurch erhält der Referent einen genauen Überblick über die jüdisch-politischen Organisationen und über die laufenden personellen und organisatorischen Veränderungen, deren Kenntnis für die Lageberichterstattung unerläßlich ist. Selbstverständlich darf sich die Lageberichterstattung nicht ausschließlich auf die jüdische Presse stützen; vielmehr sollen die hieraus entnommenen Ansichten die Grundlage zu den erforderlichen Einstellungen bilden.
Die genaue Auswertung der Presse ist zur Lebendigerhaltung der Ober- und Unterabschnitts-Verbände, Personalkarteien und nicht zuletzt für die Sachkartei unbedingt erforderlich. Weiterhin ist erforderlich, daß die an den Reichsgrenzen liegenden Oberabschnitte regelmäßig die jüdische und antisemitische Presse des angrenzenden Landes lesen und auswerten. Sollten die Fremdsprachen Schwierigkeiten bereiten, setzen sich die Referenten zweckmäßig mit den Referenten von III 1 in Verbindung, die in schwierigen Fällen sicher gerne die Arbeit eines Übersetzers übernehmen. So müßte also z.B. von dem Oberabschnitt-Südwest die französischen Blätter wie „Le droit de vivre“, Paris und die Schweizer Blätter, wie die „Jüdische Pressezentrale“, Zürich, „Israelitisches Wochenblatt“, Zürich, sowie die antisemitische „Front“ gelesen werden. Eine genaue Auswertung ist unbedingt erforderlich (Namen, Adressen usw.), damit die Oberabschnittsreferenten in der Lage sind, die ausländischen Fletz- und Boykottzentralen und Verbände sowie deren Gegner im Auslande, genauestens zu erörtern, um so die Anknüpfungspunkte für eine Verbindungsaufnahme zu anständigen jüdischen oder antisemitischen Organisationen ausfindig zu machen.
Darüber hinaus wird es erforderlich sein, auch das jüdische Zeitschriftenwesen im Ausland im weitgehenden Maße zu beachten, da sich von hier aus wichtige Rückschlüsse auf die Entwicklung des innerdeutschen Judentums ergeben. Zur ordnungsgemäßen Durchführung dieser Punkte melden deshalb alle O.A. bis zum 15. Dezember, welche innerdeutschen und ausländischen jüdischen Zeitungen und Zeitschriften dort laufend gelesen und ausgewertet werden.