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Chronik und Quellen
1937
November 1937

Das innerdeutsche Judentum: Organisation, sachliche und personelle Veränderungen, geistiges Leben und die Methodik seiner Behandlung

Am 1. November 1937 berichtet SD-Mann Dannecker im Rahmen einer Tagung des Sicherheitshauptamtes über „Das innerdeutsche Judentum: Organisation, sachliche und personelle Veränderungen, geistiges Leben und die Methodik seiner Behandlung“:

Jüdisch-politische Lage in Deutschland

Im Judentum Deutschlands treten uns unendlich viele verschiedenartige Gruppen entgegen, die wir in drei große Sektoren einteilen können. Wir unterscheiden Assimilanten, Orthodoxe Juden und Caritative Gruppen und Zionisten.

Die Assimilanten treten ein für völlige Verschmelzung des Judentums mit seinem Wirtsvolke, während die Zionisten in direktem Gegensatz hierzu die Betonung des nationalen Eigenlebens und die Schaffung einer öffentlich-rechtlichen gesicherten Heimstätte in Palästina als ihr Ziel herausstellen. Neben diesen gegensätzlichen Gruppen kann ein Teil des Judentums zur religiös-orthodoxen Richtung gerechnet werden. Das Ziel dieser Juden ist lediglich die Pflege jüdischer Religion wie sie im Talmud und Tora verankert ist.

Markanteste Vertreter der Assimilanten und damit gleichzeitig Träger des assimilatorischen Gedankengutes überhaupt war bis zur Machtübernahme der „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“, heute „Jüdischer Centralverein“. Seine im Jahre 1893 erfolgte Gründung geschah ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Abwehr des damals verstärkt aufkommenden Antisemitismus. Er bezweckt satzungsgemäß „die tatkräftige Wahrung der staatsbürgerlichen und gesellschaftlichen Gleichstellung seiner Mitglieder, sowie unbeirrbare Pflege deutscher Gesinnung“ .Die zwischenzeitlich vorgenommene Satzungsänderung, wonach der CV „die Pflege des jüdischen Lebens, sowie die seelische, rechtliche und wirtschaftliche Betreuung der in Deutschland lebenden Juden“ bezweckt, kann über seine wahren Ziele nicht hinwegtäuschen. Tatsächlich hat der CV die in seiner ursprünglichen Satzung niedergelegte, durchaus assimilatorische Grundhaltung bis heute nicht geändert und sogar bis in die jüngste Zeit herein diese Tatsache immer wieder unter Beweis gestellt.

Wie weit das dreiste Verhalten des CV nach der Machtübernahme ging, erhellt einmal aus der Tatsache, daß die CV-Leitung ihre Ergebenheit der Reichsregierung gegenüber versicherte und zum anderen die Versuche, eine der DAF ähnliche Organisation für in Deutschland ansässige Juden ins Leben zu rufen.

So verlagerte sich die Tätigkeit des CV äußerlich gesehen in den letzten Jahren immer mehr auf die wirtschaftliche Betreuung seiner Mitglieder, d.h. auf Rechtsschutz und Wirtschaftsberatung. Hierbei ist allerdings unverkennbar, daß die erteilten Ratschläge stets darauf abzielen, die Existenz der betreffenden Juden in Deutschland zu erhalten.

Wenn auch das Organ des CV, die „CV-Zeitung“, äußerlich viel „in Zionismus macht“, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß die ganze Tätigkeit des CV abgestellt ist auf den Ausbau der Stellung der noch in Deutschland lebenden Juden. Dies beweisen auch immer wieder die Auslassungen des derzeitigen Vorsitzenden, Rechtsanwalt Herzfeld, Essen. Selbst die durch den CV unterstützte Vorbereitung zur Überseewanderung kann diesen Eindruck nicht verwischen, wenn man bedenkt, daß nur etwa 10% der Gesamtausgaben für solche Zwecke ausgeworfen werden. Der CV zählt heute etwa 40000 Mitglieder und unterhält an fast allen größeren Plätzen des Reiches Geschäftsstellen, deren Beratungsstunden allen Juden zugänglich sind.

Nach dem Jahre 1933 wurde die Versammlungstätigkeit des CV vollkommen gedrosselt. Dadurch verlor er seine bis dahin innegehabte Führung im Assimilantentum Deutschlands und mußte sie an den „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten“ abgeben. Dieser „Frontbund“ wurde im Februar 1919 durch Zusammenschluß verschiedener jüdischer Frontsoldatenvereine von dem jüdischen Hauptmann der Landwehr a.D. Leo Löwenstein, Berlin, gegründet. Als Hauptziel wurde auch hier die Abwehr des Antisemitismus herausgestellt. Später ging der Frontbund dazu über, eine Stelle zu schaffen, die durch Aufstellung jüdischer Kriegsstatistik die Haltung der Juden im Weltkriege heraussteilen und damit den Vorwurf von der Kriegsdrückebergerei der Juden entkräften sollte. Schließlich brachte im November 1932 der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten sein Gefallenen-Gedenkbuch heraus, in welchem 12000 jüdische Gefallene namentlich aufgeführt sind.

Wie einwandfrei festgestellt wurde, bestanden zwischen dem Frontbund und dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold engste Beziehungen, die sogar soweit gingen, daß der vom Reichsbund jüdischer Frontsoldaten gegründete jüdische Abwehrdienst - JAD -bzw. die Jiu-Jitsu-Gruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten der SPD als Saalschutz zur Verfügung gestellt wurden.

Kriegsopferbetreuung durch den Reichsbund jüdischer Frontsoldaten Am 27.8.1934 übertrug der Reichsarbeitsminister dem Reichsbund jüdischer Frontsoldaten die Betreuung jüdischer Kriegsopfer, die bis dahin durch die NSKOV erfolgt war. Seitdem bestehen Kriegsopferabteilungen bei der Bundesleitung, den Landesverbänden und den Ortsgruppen. Im Reichsbund jüdischer Frontsoldaten sind in 16 Landesverbänden mit 365 Ortsgruppen ca. 25.000 Juden organisiert.

Grenzen der Betätigung des RJFr

Seitens des Frontbundes wurde bis in die neueste Zeit unter dauerndem Hinweis auf die „jüdischen Blutopfer im Weltkriege“ Propaganda für ein angeblich berechtigtes Verbleiben der Juden in Deutschland gemacht. Aus diesem Grunde sah sich der RFSS und Chef der Deutschen Polizei RMdl gezwungen, durch Verfügung vom 7.11.1936 die ausschließliche Tätigkeit des RjFr auf die Betreuung jüdischer Kriegsopfer festzulegen. Jede andere Tätigkeit, also auch Kameradschaftsabende usw., wurde damit untersagt.

Erwähnenswert ist noch, das vom RjFr ins Leben gerufene Auswandererlehrgut Groß-Brehsen bei Breslau. Dort werden nunmehr nach Scheitern der Versuche, Juden auf neue Berufe in Deutschland umzuschulen, junge Juden, vorwiegend ehemalige Mitglieder des aufgelösten „Ring-Bund jüdischer Jugend“ und Angehörige vom RjFr bzw. von CV-Mit-gliedern für die Überseewanderung vorbereitet.

Einen gewissen Schwerpunkt im assimilatorischen Lager stellt heute ohne Zweifel der im Jahre 1933 ins Leben gerufene „Sportbund Schild“ im Reichsbund jüdischer Frontsoldaten dar. Er ist der führende jüdische Sportbund in Deutschland und zählt ca. 20 000 Mitglieder, die in 180 Vereinen zusammengeschlossen sind. Die Mitglieder des Sportbundes sind meist Angehörige der RjFr-Mitglieder. Dadurch dürfte die jüdisch-politische Haltung dieses Bundes charakterisiert sein. Nach außen hin gibt sich der „Schild“ den Anschein eines völlig unpolitischen Gebildes. Es stellte sich jedoch heraus, daß der Sportbund seitens des RjFr als Tarnungsorganisation für Zusammenkünfte seiner Mitglieder benutzt wird.

„Der Schild“, die Zeitschrift des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten, ist auch gleichzeitig das Sprachrohr des Sportbundes. Als Ergebnis einer eindeutigen Aussprache mit dem Vorsitzenden des RjFr-Landesverbandes Berlin-Mark, Callmann, auf dem Gestapa, zeigte sich plötzlich eine verstärkte Propagierung der Auswanderungsprobleme durch die Zeitschrift „Der Schild“. Auffallend dabei ist die Zitierung älterer Artikel des „Schild“, in welchen dieser für die landwirtschaftliche Gruppensiedlung eintrat. Diese Siedlungsart war schon etwa seit dem Jahre 1924 durch den RjFr aufgegriffen und als Ziel der „Ila“, Jüdische Landarbeit GmbH, herausgestellt worden.

In Zusammarbeitung mit der „Reichsvertretung“ (Hilfsverein) und dem CV erfolgte nun im September d.J. die Neugründung der „Ila“. Ihr Vorsitzender wurde, wie bei der alten Ila, wiederum der RjFr-Vorsitzende Löwenstein. Der CV-Vorsitzende Herzfeld, Essen, hat Sitz und Stimme im Aufsichtsrat der Gesellschaft.

Diese Neugründung und ihre Kommentierung durch den „Schild“ zeigt deutlich den Charakter einer Zwischenlösung, um dadurch die Daseinsberechtigung der dahinterstehenden assimilatorischen Organisationen zu beweisen. Wenn der „Schild“ schreibt: „Es ist aufrichtig zu begrüßen, daß zunächst ein Anfang gemacht und eine organisatorische Voraussetzung erfüllt ist“, so ist von vornherein klar, daß die neugeschaffene Organisation schärfster Überwachung und ständigen Druck durch die zuständigen staatlichen Stellen bedarf, um wirkliche Erfolge im Sinne der von uns gewünschten jüdischen Auswanderungspolitik zu zeitigen.

Von den noch heute bestehenden, als assimilatorisch zu bezeichnenden Organisationen ist als letzte die „Vereinigung für das religiös-liberale Judentum“ zu nennen. Nach der nationalen Erhebung änderte diese Vereinigung, der geringere Bedeutung zukommt, ihren Namen durch Hinzufügung des Wortes „religiös“ ab. Dadurch sollte angeblich ein Trennungsstrich zwischen dem politischen Liberalismus der vergangenen Epoche gezogen werden, mit dessen Grundsätzen die Vereinigung nie übereingestimmt hätte. Die Überprüfung der Mitglieder durch die zuständigen Unterabschnitte ist z. Zt. noch im Gange.

Aufgelöste assimilatorische Organisationen

Im Dezember 1935 kam es zur Auflösung des „Verbandes nationaldeutscher Juden“ des jüdischen Hauptmanns a.D. Max Naumann. Dieser Verband bekämpfte jeden Juden aufs Schärfste, der nicht so „deutsch fühlen und denken könne wie seine Mitglieder“. Die Naumannianer wurden nahezu jüdische Antisemiten. Da eine derartige Grundhaltung die Anschauung einfacher Menschen über das nationalsozialistische Rassenproblem vollkommen verbiegen konnte, mußte zwangsläufig die Auflösung dieses Verbandes erfolgen.

Ein rein assimilatorisch eingestellter Jugendbund, der „Ring-Bund jüdischer Jugend“ kam im September 1936 zur Auflösung. Dieser „Ring-Bund“ ahmte in seinem organisatorischen Aufbau die Hitlerjugend nach. Er war nach dem Führerprinzip geleitet und pflegte ausschließlich deutsch-jüdisches Gedankengut.

Jüdische Mischlinge

Die vor Erlaß der Nürnberger Gesetze in eine Sonderstellung gedrängten jüdischen Mischlinge christlicher Konfession hatten sich damals in der „Vereinigung nichtarischer Christen“, später „Paulus-Bund“, zusammengeschlossen. Die Praxis zeigte jedoch, daß diese Organisation ein Sammelbecken christlich getaufter Volljuden wurde, die hier einen willkommenen Unterschlupf fanden. Seit Ende April 1937 erhielt nun diese Gruppe die Bezeichnung „Vereinigung 1937 der nichtvollblütigen deutschen Reichsbürger“. Gleichzeitig mußten alle nicht „reichsbürgerfähigen“ Mischlinge bzw. die Volljuden ausscheiden. Die Auswirkung dieser Neuordnung läßt sich bis jetzt noch nicht erkennen. Es ist aber zu vermuten, daß die Vereinigung durch diese Umstellung einen gewissen Auftrieb erhält.

Orthodoxe und Caritative

Das Wesen der orthodoxen und caritativen jüdischen Organisationen erschöpft sich hauptsächlich in der Pflege und Beobachtung religiöser Gebräuche, z.B. bei Beerdigungen usw. sowie in caritativer Arbeit. Eine Unzahl kleiner Vereine, die in jeder jüdischen Gemeinde bestehen, können zu dieser Gruppe gerechnet werden. Ihre Bedeutung ist in staatspolizeilicher Hinsicht sowie im Hinblick auf die jüdisch-politischen Verhältnisse gering.

Die bedeutendste hierher gehörende Organisation ist die propalästinensisch, jedoch nicht zionistisch eingestellte radikal-orthodoxe Weltorganisation „Agudas Jisroel“. Erst kürzlich wurde ihr Hauptsitz in Deutschland von Frankfurt/Main nach Nürnberg verlegt. Beide Städte können als die Zentren der Agudas bezeichnet werden.

Sie ist hauptsächlich von den religiösen Ostjuden getragen, deren Bestreben es ist, im heiligen Land begraben zu werden. Die „Agudas“, der „Reichsbund der gesetzestreuen jüdischen Gemeinde“ und die „Freie Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums“ sind in der „Reichsvertretung der unabhängigen Orthodoxie“ zusammengeschlossen. Diesen Verbänden kommt, mit Ausnahme der „Agudas“, nur rein religiöse Bedeutung zu. Der „Agudas-Jugendverband“ ist gleichfalls unbedeutend.

Jüdische Gemeinden

Als rein jüdisch-religiöse Verbände sind ferner die Landesverbände der jüdischen Gemeinden und die jüdischen Großgemeinden anzusprechen. Hierhier gehört auch der „Deutschisraelitische Gemeindebund“, der die erwähnten Begräbnis- und Wohlfahrtsvereine zusammenschließt.

Zionisten

Die aktuellste Gruppe des Judentums in Deutschland stellen heute die zionistischen Organisationen dar. Hier treten uns zwei große Exponenten entgegen. Einerseits die „Zionistische Vereinigung für Deutschland“ ZVfD und andererseits die „Staatszionistische Vereinigung“.

Die ZVfD ist der Zionistischen Weltorganisation ZWO angeschlossen und zählt etwa 25 000 Juden zu ihren Mitgliedern. Sie legt das Hauptgewicht ihrer Arbeit auf die Gewinnung der jüdischen Jugend. Als zionistische Umschulungsorganisationen arbeiten der „Hechaluz“ und die ihm angeschlossenen Gruppen „Haschomer Hazair“ und „Bund der Werkleute“. Ihre Aufgabe ist es, die Palästinawanderer von ihren großenteils akademischen oder freien Berufen auf Landwirtschaft und Handwerk umzuschulen. Der Hechaluz ist dem Hechaluz-Weltverband angegliedert und zählt in Deutschland ca. 15000 Mitglieder. Die Jugendorganisation „Habonim noar chaluzi“ (Der junge Pionier) wurde vom Hechaluz geschaffen, um die weniger als 17 Jahre alten Juden schon in diesem Alter zionistisch zu erziehen und sie später in den Hechaluz übernehmen zu können.

Palästina-Fonds

Mit den zionistischen Fonds „Keren Kajemeth Lejisrael“ KKL (Bodenfonds) und „Keren Hajessod“ KH (Aufbaufonds) besteht über die ZVfD engste Verbindung.

Zionistische Sportorganisation

Der Sportorganisation der Zionisten, dem „Deutschen Makkabikreis“, die bereits seit dem Jahre 1889 in Deutschland besteht, ist es nach 1933 nicht gelungen, sich in der Führung im jüdischen Sport zu behaupten. Der Makkabi steht heute leistungs- und zahlenmäßig im jüdischen Sport hinter dem Sportbund „Schild“ an zweiter Stelle. Der Deutsche Makkabikreis ist dem Makkabi-Weltverband eingeordnet. Er unterhält als Jugendorganisation den „Makkabi-Hazair“.

Orthodoxe Zionisten

Weiter ist der ZWO angeschlossen an die „Unabhängige Landesorganisation Misrachi“, welche wiederum ein Glied der Misrachi-Weltorganisation darstellt. Ihre Jugendorganisationen in Deutschland sind der „Zeire Misrachi“ (Der junge Misrachist) und der „Brith Hanoar schel Zeire Misrachi“. Die Haltung des Misrachi kann als orthodoxe Richtung im Zionismus bezeichnet werden. Immer wieder ergeben sich innerhalb der ZWO Meinungsverschiedenheiten, da der Misrachi behauptet, die Führung der ZWO trete den im Zionismus auftretenden religionsfeindlichen Strömungen nicht energisch genug entgegen.

Zionistische Frauenorganisation

Für die zionistische Frauenarbeit errichtete die Wizo (Women’s International Zionist Organisation) in Deutschland den „Verband jüdischer Frauen für Palästina-Arbeit“, der wiederum dem „Jüdischen Frauenbund“ angeschlossen ist. Einen zahlenmäßig sehr geringen Anteil machen die Anhänger der allgemeinen Zionisten-Gruppe A innerhalb der ZVfD aus. Ihre Mitglieder setzen sich aus den bürgerlichen Kreisen zusammen.

Staatszionisten

Die extremste Richtung der Zionisten verkörpert die „Staatszionistische Vereinigung“. Formell ist sie seit dem Jahre 1934, wo der Hauptsitz der Weltvereinigung der Zionisten-Revisionisten von Berlin nach Paris verlegt wurde, der Weltvereinigung nicht mehr angeschlossen. Zweifellos bestehen jedoch die ideellen Verbindungen weiter. Vorsitzender ist der ehemalige Direktor der jetzt in Liquidation befindlichen jüdischen Ivria-Bank, Georg Kareski.

Als einzige jüdische Jugendorganisation in Deutschland hat die Jugendgruppe der Staatszionisten, die „jüdisch nationale Jugend Hferzlia“ die Erlaubnis, in geschlossenen Räumen Uniform zu tragen. Dadurch soll den noch Fernstehenden ein Ansporn gegeben werden, dieser radikalsten Form des Zionismus beizutreten.

Auch diese Organisation verfügt über einen eigenen Palästina-Fond, den „Keren Hame-norah“.

Zertifikatszuteilung für Palästina

Durch die Mandatsmacht England erfolgt die Weitergabe der Einwandererzertifikate für Palästina an die Exekutive der Jewish Agency, die ihren Sitz in Genf hat. Von hier aus erfolgt die prozentuale Verteilung auf die in den verschiedenen Ländern bestehenden Palästina-Ämter; in Deutschland an das Palästina Amt der Jewish Agency zu Berlin.

Reichsverbände

Neben diesen jüdisch-politischen Organisationen bedürfen noch die Reichsverbände einer kurzen Erwähnung. Kurze Zeit nach der Machtübernahme wurde die „Reichsvertretung der jüdischen Landesverbände Deutschlands“, die bis dahin Spitzenorganisation der Synagogengemeinden war, durch Aufnahme von Vertretern der CV, des Reichsbundes jüdi scher Frontsoldaten und der ZVfD zur „Reichsvertretung der Juden in Deutschland“ erweitert. Sie stellt heute die einzige offizielle Vertretung der in Deutschland lebenden Juden gegenüber der Regierung dar. Ihr sind als Fachausschüsse unterstellt:

„Reichsausschuß der jüdischen Jugendverbände“
„Reichsausschuß der jüdischen Sportverbände“,
„Zentralausschuß für Hilfe und Aufbau“.

Durch Erklärung der Reichsjugendführung v. 2.11.1933 wurde der Reichsausschuß der jüdischen Jugendverbände als die alleinige verantwortliche Zentralorganisation der jüdischen Jugend anerkannt. Er umfaßt heute sämtliche jüdischen Jugendorganisationen mit insgesamt ca. 60 000 Mitgliedern. Der Vorsitzende, Hans Friedenthal, ist gleichzeitig geschäftsführender Vorsitzender der ZVfD. Er beabsichtigt in nächster Zeit die gesamte nicht organisierte jüdische Jugend heranzuziehen und in zionistischem Sinne zu schulen. Die Aufgaben des Jugendausschusses sind vor allem: Vertretung der jüdischen Jugend bei der Reichsjugendführung sowie bei allen Behörden und den jüdischen Organisationen.

Im September 1934 erfolgte die Gründung des „Reichsausschusses der jüdischen Sportverbände“, der vom Reichssportführer als alleiniger Vertreter des jüdischen Sports in Deutschland anerkannt ist. Ihm sind sämtliche jüdischen Sportbünde unterstellt.

Was die Reichsvertretung selbst betrifft, so kann vorweg gesagt werden, daß sie ein Sammelbecken des prominenten jüdischen Assimilantentums bildet, das bisher immer noch verstanden hat, seine Stellung zu halten. Eine vor wenigen Monaten provozierte Krise überstand dieses oberste jüdische Gremium und ging sogar am Ende gestärkt aus dem Streit hervor. Formell wurde damals der Hereinnahme des Staatszionisten Kareski in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender der jüdischen Gemeinde zu Berlin in den Haushaltsausschuß zugestimmt. Allein - auch hier trat das nicht Erwartete ein -durch eine Intrige gelang es, Kareski zum Rücktritt zu zwingen: die jüdische Prominenz veranstaltete auf die Bank Kareskis einen ,Run‘, kündigte selbst größere Beträge und machte so die Bank illiquid. Sofort erklärte sich dann die jüdische Gemeinde Berlin bereit, mit einer mehrere 100000,- RM betragenden Summe einzuspringen. Kareski war natürlich dadurch als stellvertretender Vorsitzender unmöglich und schied aus. Gleichzeitig mußte er auch den Haushaltsausschuß verlassen. Seine Bank befindet sich z. Zt. in Liquidation.

Kulturelles Leben

Im Interesse der deutschen Bevölkerung und um die Möglichkeit zu haben, sämtliche kulturellen jüdischen Vereinigungen leichter erfassen und zentral überwachen zu können, wurde im April 1935 der „Reichsverband der jüdischen Kulturbünde in Deutschland“ gegründet. Die Errichtung erfolgte auf Veranlassung des Gestapa im Einvernehmen mit dem Staatskommissar Hinkel als Beauftragter des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda. Im Verfolge dieser Verfügung wurde am 13.8.1935 die Auflösung aller derjenigen kulturellen jüdischen Organisationen verfügt, die sich noch nicht in den Kulturbund eingegliedert hatten oder den Eintritt ablehnten. Eine Ausnahme bilden lediglich die jüdischen Schul- und Kultusgemeinden, die wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters dem Kulturbund nicht einzugliedern sind. Leiter des Kulturbundes ist der jüdische Intendant Kurt Singer.

Bei Veranstaltungen dürfen nur Mitglieder beschäftigt werden und teilnehmen; sie tragen daher den Charakter geschlossener Veranstaltungen. Sämtliche Vortragsfolgen müssen vom Büro Hinkel genehmigt sein.

Neben den bisher erwähnten Organisationen bestehen noch zahlreiche kleinere Gruppen, deren Tätigkeit sich meist auf bestimmte Gebiete beschränkt. Wir haben hier beispielsweise sogenannte Heimatvereine, dann Alt-Herrenverbindungen und ähnliche. Endlich seien noch die jüdischen Hilfsorganisationen erwähnt, die dank ihres völlig internationalen Charakters zweifellos für die jüdische Greuelpropaganda im Auslande Zuträgerdienste leisten.

Jüdische 'Winterhilfe

Die jüdische Winterhilfe JWH betreut seit Winter 1933/34 jüdische Bedürftige. Ihre Leitung liegt beim Zentralausschuß für Hilfe und Aufbau. Sie steht unter Kontrolle der Reichsleitung für das WHW und darf ausschließlich Spenden von Juden an Juden weiterleiten. Im Winter 1936/37 wurden 82818 Juden betreut. Das Gesamtspendenaufkommen betrug RM 3 630000,-.

Aufgaben des SD

Die Hauptaufgabe des SD besteht nach wie vor in der völligen Ausschaltung der Assimilanten aus dem jüdisch-politischen Leben, um die Judenfrage in Deutschland ihrer endgültigen Lösung näherzubringen. Aus dieser Erkenntnis heraus und aufgrund des tatsächlichen Verhaltens jüdisch-assimilatorischer Organisationen und Einzelpersonen erscheint die Durchführung folgender Punkte als vordringlich:

1.) Überprüfung der jüdischen Gemeindevertretungen und der Kulturbünde auf assimilatorisch eingestellte führende Juden. Dabei ist nicht nur auf die vorhandenen Mitgliederverzeichnisse der Assimilantenorganisationen zurückzugreifen, sondern es muß vielmehr darüber hinaus eine genaue Beobachtung der Nichtorganisierten erfolgen. Gerade diese nicht jüdisch-politisch organisierten Juden rekrutieren sich meist aus wirtschaftlich gut gestellten, im jüdischen Gemeindeleben bzw. im Kulturbund führenden Juden. Ihre Haltung ist in der Regel äußerlich gesehen neutral. Sie stellen jedoch für die Vorwärtstragung einer positiven Auswanderungspropaganda ein wesentliches passives Hindernis dar.

2.) In den vorhandenen rein jüdischen Schulen finden sich zweifellos in zahlreichen Fällen noch Lehrer, die ihren Unterricht deutsch-jüdisch gestalten. Dies ist vielleicht bedingt durch die vorhergegangene jahrelange Tätigkeit an deutschen Schulen, teils auch durch etwaige Frontkämpfereigenschaft solcher Lehrer. Auch hier muß der SD eingreifen und Ersetzung derartiger Lehrkräfte durch geeignete zionistisch eingestellte Juden erreichen. Dasselbe gilt sinngemäß ebenfalls für die jüdischen Lehrhäuser, die wohl nach außen hin lediglich religiösen Zwecken dienen, aber leicht zu assimilatorischen Sammelpunkten werden können.

3.) Ein weiterer Punkt ist die Erfassung sämtlicher Lehrgüter und Umschulungsstätten und deren laufende Beobachtung. Auch hier gilt das schon oben Gesagte: Reinhaltung dieser Einrichtung von allen nicht unbedingt für den Auswanderungsgedanken einstehenden Elementen.

Schließlich bedarf noch die dem RFSS und Chef der Deutschen Polizei vor einigen Monaten vorgeschlagenen und dort zur Entscheidung liegenden CV-Auflösung einer besonderen Erwähnung. Vorauszuschicken ist, daß sicherlich nach Erlaß der Auflösungs- und Beschlagnahmeverfügung noch genügend Zeit vorhanden sein wird, um die Vorbereitung in engster Zusammenarbeit mit der Staatspolizeistelle, wie im April bei der UOBB-Aktion durchführen zu können. Schon jetzt besteht aber für sie die Möglichkeit, durch genaueste Erfassung der führenden Mitglieder Festlegung evtl. vorhandenen Besitzes, Bankkonten usw. für die Auflösung wesentliche Vorarbeiten zu leisten. Diese müssen selbstverständlich von vornherein unauffällig durchgeführt werden, dürfen also keinesfalls für das gesamte Unterabschnittsgebiet schlagartig durchgeführt werden.

Soweit einige Nahziele für unsere Arbeit.

Im Großen muß erreicht werden, daß den Juden in Deutschland stets klar vor Augen steht, daß ihr gesamtes Leben durch die Vollstrecker des nationalsozialistischen Rassegedankens schärfstens überwacht wird, daß ihre Organisationen und Veranstaltungen unter fortwährender Kontrolle der Polizeiorgane stehen und daß endlich ein Eintreten für das Verbleiben der Juden in Deutschland in irgendeiner Form vollkommen unmöglich ist. Darin liegt schon eindeutig die Methodik der Behandlung des Judentums durch den Sicherheitsdienst.

Keine Minute Ruhe geben, stets die führenden Juden durch Vermahnungen in Atem halten, auf jede unseren Grundsätzen zuwiderlaufende Regung, auch die kleinste, sofort reagieren, kurz: völliges Eindringen in das jüdische und insbesondere das jüdisch-politische Eigenleben. Dadurch wird zwangsläufig der Auswanderungsgedanke genährt und die Idee von einem vielleicht doch noch möglichen Weiterverbleiben in Deutschland immer mehr untergraben.

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