Entwurf eines Vermerks aus dem Gestapa
Bericht des Geheimen Staatspolizeiamts Berlin vom April 1934 zur Überwachung der jüdischen Organisationen und ihrer Tätigkeit in Deutschland:
Die Juden in Deutschland.
I. Allgemeines.
Das schon früher stark entwickelte jüdische Vereinsleben hat durch den umfassenden Ausschluss der Juden aus dem Dienst des Reichs und der öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie durch die Zurückdämmung ihres Einflusses im Wirtschafts- und Privatleben einen starken Auftrieb erhalten. Bestehende Vereine nahmen an Mitgliedern ständig zu und neue Verbände, insbesondere solche innerjüdisch-politischen und wirtschaftlichen Charakters wurden gegründet. Die Folge ist eine überaus rege Vereinstätigkeit, die die Organe der Geheimen Staatspolizei durch die notwendige Überwachung und Kontrolle stark in Anspruch nimmt.
Bewusst hat das Geheime Staatspolizeiamt bisher davon Abstand genommen, die zahlreichen sich oft aufs Heftigste bekämpfenden Vereinigungen gleichzuschalten; denn die innere Uneinigkeit des Judentums ist der beste Bundesgenosse, um einen Einfluss der Juden auf innerpolitischem Gebiet zu verhindern.
II. Organisatorische Zusammenschlüsse der Juden.
Die einzige und damit zugleich gefährlichste Organisation, in welcher sämtliche jüdischen Splitterparteien vertreten sind, ist der „ Unabhängige Orden Bne Brith“, über den in Nr. 5 der Mitteilungen bereits ausführlich berichtet wurde. Fast sämtliche Rabbiner und Führer der sonstigen jüdischen Organisationen sind Mitglied dieser Loge. Es gibt keinen Zweig des jüdischen Lebens und der jüdischen Organisationen, in deren Führerstellen sich nicht Brüder der Grossloge befinden. Der Orden unterliegt der ständigen Kontrolle und Überwachung durch die Geheime Staatspolizei, so dass etwaige staatsfeindliche Umtriebe im Keim erstickt werden können.
Im übrigen wird die politische Stellung der Juden in Deutschland von 2 Richtungen bestimmt, und zwar: dem Zionismus und dem Deutsch-Judentum (Assimilation).
a) Zionismus
Den Zionismus, der die Auswanderung der Juden aus Deutschland und die Schaffung eines Judenstaates in Palästina erstrebt, vertreten in Deutschland folgende Organisationen: Die Zionistische Vereinigung für Deutschland. Sie bezweckt die Zusammenfassung der gesamten Juden zur Stärkung des Selbstgefühls und Volksbewusstseins. Ihr Hauptziel ist die zweckdienliche Förderung der Besiedlung Palästinas mit jüdischen Ackerbauern, Handwerkern und Gewerbetreibenden. Ihr angegliedert ist das die Fragen der Auswanderung bearbeitende Palästinaamt.
Die Staatszionistische Organisation. Sie ist jüdisch-faschistisch eingestellt und fordert den Judenstaat zu beiden Seiten des Jordans in eigener jüdischer Verwaltung unter Ausschaltung der englischen Mandatsregierung. Die von ihr geförderte jüdische Einwanderung nach Palästina soll die judenfeindlichen Araber aus Palästina verdrängen und sie zur Minderheit machen. Der Staatszionistischen Organisation hat sich kürzlich der Verband deutscher Zionisten-Revisionisten angeschlossen.
Die Jugendgruppe der Staatszionistischen Organisation hat mit der Staatsumwälzung ihren Namen „Brith Trumpeldor“ in „Herzlia“ geändert.
Die unabhängige Misrachi-Landesorganisation Deutschlands. Sie ist die Organisation der orthodoxen Juden im Zionismus und sieht in Palästina nicht nur das Land der jüdischen Nation, sondern auch das Land der jüdischen Religion. Sie gibt die Zeitschrift „Zion, Monatsblatt für Lehre, Volk und Land“ heraus. Die Organisation ist durch Auswanderung stark geschwächt und umfasst mit ihren 20 Ortsgruppen heute ca. 1500 Mitglieder.
Der Hechaluz (Pionier). Er ist eine besonders rührige zionistische Jugendbewegung, die in Preussen zahlreiche Vereine und Ortsgruppen unterhält. Seine Haupttätigkeit ist die Umschichtung existenzlos gewordener jüdischer Jugendlicher und deren Überführung in handwerkliche und landwirtschaftliche Berufe. Für die geplante spätere Auswanderung der Jugendlichen fördert der Hechaluz das Erlernen der neuen hebräischen Sprache. Die Bewegung zählt etwa 15.000 Mitglieder in Deutschland. Sie hat starke internationale Beziehungen und unterhält in Berlin ein Führerseminar.
Unterorganisationen des „Hechaluz“ sind: der „Hashomer Hazair“ und die „Werkleute“. Die Agudas Jisroel. Sie ist der Verband der strengsten Orthodoxie. Die „Agudas Jisroel“ hat in Deutschland einen eigenen Landesverband mit dem Hauptsitz in Frankfurt a/M und unterhält besondere Frauen- und Jugendgruppen. Auch diese Bewegung erstrebt den Aufbau Palästinas, jedoch nicht durch die Zionisten, sondern durch die Rabbiner. „Palästina soll das Land der Bibel sein und bleiben.“ Die deutsche Führung der „Agudas“ ist wiederholt gegen die Boykotthetze gegen Deutschland aufgetreten. Ihre Führer werden von ausländischen Juden als „Hitleragenten“ bezeichnet.
Der jüdische Nationalfonds e. V. „Keren Kajemeth Lejisrael.“ Es ist dies eine Nebenorganisation der „Zionistischen Vereinigung“, die unter der Devise „Boden in Palästina für jüdische Jugend“ Geld und sonstige Vermögenswerte sammelt. Das aus den gesammelten Beträgen in Palästina angekaufte Land bleibt unveräusserliches Eigentum der Juden (Nationaleigentum). Der „Keren Kajemeth Lejisrael“ ist unter Ausschluss aller religiösen, politischen und sozialpolitischen Bestrebungen nur für die Förderung der Kolonisation tätig. Von ihm werden mittellose Palästinaemigranten während ihrer Ausbildungszeit in Deutschland unterstützt. Die Organisation zählt etwa 7.000 Mitglieder.
Die Überweisung der von der „KKL“ gesammelten Gelder nach Palästina geschieht von Fall zu Fall auf Grund der Bewilligungen des Reichswirtschaftsministeriums und des Präsidenten des Landesfinanzamtes Berlin.
Das jüdische Palästinawerk e. V. „Keren Hajessod“. Die „KH“ ist eine Unterorganisation der „Jewish Agency for Palestine“. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geldmittel für die Auswanderung von Juden ohne Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit zur zionistischen oder assimilatorischen Richtung zu beschaffen. Ihre Hauptaufgabe sieht sie darin, den Aufbau Palästinas aus dem engen Parteirahmen herauszunehmen und insbesondere auch Nichtzionisten für Palästina zu interessieren.
Die Ausfuhr des von ihr gesammelten Geldes ist auf Grund eines wirtschaftlichen Abkommens und einer Verordnung des Reichswirtschaftsministeriums geregelt. Die Geldausfuhr ist an die Abnahme deutscher Waren geknüpft, so dass die Aussenhandelsbilanz des Reiches dadurch günstig beeinflusst wird.
Die Ortgesellschaft [ORT], Abteilung Deutschland, ist eine Zweigorganisation des grossen Welt-Ortverbandes, der sich mit dem Problem der beruflichen Umschichtung und mit der Förderung von Handwerk, Industrie und Landwirtschaft unter den Juden zum Zweck der Auswanderung nach Palästina befasst.
Der deutsche „Maccabi-Kreis“. Der M.-Kreis untersteht der Zionistischen Vereinigung und ist die Spitzenorganisation der verschiedenen zionistischen Jugendverbände, insbesondere der Sportorganisationen. Er erstrebt die Gleichberechtigung mit dem deutschen Sport. Seine bedeutendsten Unterorganisationen sind der „Bar Kochba“ Turn- und Sportklub und der jüdische Box-Klub. b) Deutsch-Judentum (Assimilation)
Das Deutsch-Judentum tritt für den Verbleib der Juden in Deutschland und die Wiedererlangung der Gleichberechtigung der Juden als deutsche Staatsbürger ein. Die bekanntesten und grössten Assimilanten-Organisationen sind:
Der Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Er bezweckt die Sammlung der deutschen Juden ohne Unterschied der religiösen und politischen Richtung, um sie in der Wahrung ihrer staatsbürgerlichen und gesellschaftlichen Gleichstellung und in der Pflege deutscher Gesinnung zu bestärken. Der CV besitzt in Deutschland 14 Hauptstellen und etwa 500 Ortsgruppen. Von ihm wird die „CV-Zeitung“ herausgegeben. Als Wirtschaftsorganisationen gehören ihm die Fachgruppe „Ambulante Gewerbetreibende“ und Schausteller im CV, die Erwerbslosengruppe im CV und der Handelsvertreterausschuss im CV an.
Der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten e. V Er steht dem CV in seinem Ziele nahe und rekrutierte sich ursprünglich aus den Frontkämpfern jüdischer Rasse. Das starke Anwachsen des Bundes und die Aufnahme jugendlicher Nichtfrontkämpfer machten eine Unterteilung in den eigentlichen Bund, die Sportabteilungen und die Kriegsopferversorgung notwendig.
Der RjF sieht seine Aufgabe darin, jedem deutschen Juden in Deutschland einen Lebensraum zu sichern und ihm [die] Möglichkeit zu geben, seine jüdische Überzeugung offen und frei zu bekennen und zu betätigen. Er zählt etwa 2.500 ehemalige jüdische Soldaten in 16 Landesverbänden und 365 Ortsgruppen als ordentliche Mitglieder. Seine Bundeszeitung ist „Der Schild“, seine Jugendorganisation der „Bund deutsch-jüdischer Jugend“.
Der Reichsverband christlich-deutscher Staatsbürger nicht arischer oder nicht rein arischer Abstammung e. V. Dieser Verband bezweckt die gemeinnützige Förderung der Interessen seiner Mitglieder unter Ausschluss politischer und geschäftlicher Ziele. Nach den Äusserungen seines Gründers und ersten Vorsitzenden erstrebt der Reichsverband eine Abänderung des Arierparagraphen dahin, dass es seinen Mitgliedern ermöglicht werde, wieder Beamtenstellen zu bekleiden.
Der Verband nationaldeutscher Juden. Dieser an sich kleine Verband, der eine rege Aktivität entfaltet, nimmt unter den jüdischen Organisationen eine Sonderstellung ein. Er betont den „national-deutschen Willen“ seiner Mitglieder und will streng zwischen DeutschJuden und Fremd-Juden unterschieden wissen. Sein Führer ist der Rechtsanwalt, Hauptmann d. L. a. D. Naumann. Wegen der Hervorkehrung des nationalen Gedankens wird der Verband von allen anderen jüdischen Organisationen stark bekämpft.
Als Spitzenorganisation der jüdischen Verbände in Deutschland hat sich im Herbst 1933 die „Reichsvertretung der deutschen Juden“ mit dem Sitz in Berlin gebildet. In ihr sind Mitglieder fast sämtlicher jüdischer Verbände vertreten. Die „Reichsvertretung“ wird jedoch von den national-deutschen Juden stark angegriffen, weil in ihr der früher vorherrschende assimilatorische Einfluss durch die Übernahme der Zionistischen Gruppen stark beeinträchtigt ist. Andererseits wird diesen Organisationen die mangelhafte Vertretung der Zionistischen Idee vorgeworfen, so dass sich neuerdings als Gegenspieler die „Jüdische Aktion“ gegründet hat.
III. Betätigung der Juden.
a) In der Politik.
Wenn auch heute noch Juden in Ausnahmefällen ihre staatsfeindliche Gesinnung nach aussen hin zum Ausdruck gebracht haben, so ist doch in letzter Zeit eine organisatorische Betätigung des Judentums im staatsfeindlichen Sinne nicht mehr beobachtet worden. Die Zahl der Fälle, in denen Juden öffentlich ihre staatsfeindliche Gesinnung zeigten, ist dank der Aufmerksamkeit und des scharfen Zugreifens der Geheimen Staatspolizei sehr zurückgegangen.
Die rege Versammlungstätigkeit trug, soweit politische Fragen überhaupt erörtert wurden, einen neutralen Charakter. Irgendwelche Angriffe gegen die nationalsozialistische Bewegung und den neuen Staat sind nicht festgestellt worden. Wie aus fast sämtlichen grösseren Versammlungen hervorgeht, bemüht sich das Judentum im neuen Staat als Gegner nicht sichtbar in Erscheinung zu treten. Insbesondere wird von den assimilatorischen Richtungen jede Gemeinschaft mit dem internationalen Judentum in Abrede gestellt.
Wenn auch eine offene Gegnerschaft des innerdeutschen Judentums zum neuen Staat nicht sichtbar ist, so darf dies doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Jude seiner inneren Einstellung nach stets ein Feind des nationalsozialistischen Staates sein wird. Seine liberalistisch-internationale Weltanschauung lässt sich mit der Gedankenwelt des Nationalsozialismus nicht in Einklang bringen. In geschickter verdeckter Form wird er immer wieder versuchen, Einfluss auf innerdeutsche Verhältnisse zu erlangen und Zwietracht in die nationalsozialistische Volksgemeinschaft zu bringen.
b) In der Wirtschaft.
Da die Verhältnisse in Deutschland die Weiterbetätigung der jüdischen Bevölkerung in wirtschaftlicher Hinsicht erschwert oder unterbunden haben, versucht sie die Tätigkeit in das Ausland zu verlegen. Die von der NSDAP geforderte Zurückhaltung des Publikums gegenüber den jüdischen Geschäften hat besonders in den ländlichen Bezirken viele jüdische Geschäftsinhaber zur Aufgabe ihres Unternehmens gezwungen. Dieser Umstand und die Bestrebung des Zionismus haben zur Folge, dass sich weite Kreise der jüdischen Bevölkerung einem Handwerksberuf zuwenden.
Der Geschäftsrückgang in den jüdischen Warenhäusern der Grosstädte, der bis zum Ende des Jahres 1933 anhielt, ist durch erneuten Zustrom von Käufern jetzt nahezu wieder ausgeglichen. In der Hauptsache sind es Erwerbslose, der verarmte Mittelstand und die Landbevölkerung, die ihren Bedarf hier decken. Es konnten aber auch bedauerlicherweise Beamte und sogar Angehörige der SA, der SS und der PO als Kunden der Warenhäuser festgestellt werden. Dieser erneute Zustrom zu den Warenhäusern und Einheitspreisgeschäften ist in der Hauptsache darauf zurückzuführen, dass dort bestimmte Artikel billiger abgegeben werden als in den arischen Geschäften.
Ausser einer weiteren Aufklärung der breiten Masse über die Gefahr der Warenhäuser für den deutschen Wirtschaffsstand wird es Aufgabe der zuständigen Reichsstellen sein, der Geschäftswelt durch geeignete Massnahmen klar zu machen, dass der Geschäftsrückgang in erster Linie durch eine ungesunde Preiskalkulation bedingt war, die an kleinen Objekten unverhältnismässig hohe Gewinne erzielen wollte. Wenn sich im Kleinhandel einmal der Grundsatz durchgesetzt hat, durch kleine Gewinnspannen in Verbindung mit einer Senkung der allgemeinen Lasten die Verkaufspreise zu reduzieren, werden auch die minderbemittelten Klassen dem Warenhaus fernbleiben und damit den unheilvollen Einfluss der Grosskaufhäuser auf den Einzelhandel zu beheben helfen.
Grossen Einfluss besitzt der Jude nach wie vor im Viehhandel. Vom Geheimen Staatspolizeiamt werden deshalb in nächster Zeit den zuständigen Reichsbehörden Vorschläge unterbreitet werden, um durch eine Stärkung der Viehverwertungsgenossenschaften auch hier die Vorherrschaft der Juden zurückzudämmen.
In einigen Fällen konnte festgestellt werden, dass jüdische Geschäftsinhaber arische Geschäftsinhaber bestellten, um nach aussen hin dem Unternehmen einen christlichen Charakter zu verleihen, und dass jüdische Arbeitgeber in geschickter Form unter dem Personal Uneinigkeit und Zersetzung zu fördern suchten. Ein weiteres von Juden angewandtes Mittel zur Bekämpfung des Nationalsozialismus ist die Entlassung von Arbeitnehmern nationalsozialistischer Gesinnung, die angeblich aus Arbeitsmangel erfolgt. Auch hier ist von der Geheimen Staatspolizei Vorsorge getroffen worden, um derartigen Machenschaften mit aller Schärfe zu begegnen.
Die Anordnungen des Reichswirtschaftsministeriums und des Reichsarbeitsministeriums über die Gleichstellung von Ariern und Nichtariern in der Wirtschaft haben in der Judenschaff die Auffassung hervorgerufen, dass für sie nunmehr jede Gefahr im Wirtschaftsleben überwunden sei. Es besteht bei ihnen sogar die Hoffnung, auf Grund dieser Anordnungen ihren wirtschaftlichen Einfluss zurückgewinnen zu können. Hierdurch kommen grosse Teile der Bevölkerung, die an eine restlose Befreiung von den Juden glaubten, zu der Annahme, dass der Jude, entgegen dem Programm der NSDAP, auf immer im deutschen Wirtschaftsleben verankert bleibe. Aus diesem Grunde ist besonders ein Teil der Arbeiterschaft beunruhigt, da er es nicht verstehen kann, dass Juden weiterhin Wirtschaftsführer sein sollen. Auch sonst hat der Erlass des Reichsministers d. I. über die Nichtanwendung der Ariergesetzgebung auf die freie Wirtschaft den jüdischen Organisationen, insbes. den Assimilanten, reges Propagandamaterial in die Hand gegeben, deren Wirkungen sich in einem unliebsamen Hervortreten jüdischer Elemente, insbes. in einer verstärkten Rückwanderung jüdischer Emigranten, zeigen.
Durch die Berufsumschichtung der Juden mehren sich in letzter Zeit die Fälle, in denen berufsfremde jugendliche Juden auf dem Lande zu Landwirten und Handwerkern umgeschult werden. Im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. sind z. Zt. in 9 Gemeinden allein 163 und im Kreise Simmern bis jetzt 5 Juden in landwirtschaftlichen Betrieben in der Umschulung begriffen. Ähnliche Vorhaben werden auch aus den Bezirken der Staatspolizeistellen Aurich, Königsberg und Allenstein gemeldet. Die Vermittlung der umzuschulenden Personen geht in der Hauptsache von der „Ortgesellschaft zur Förderung der Ansiedlung, des Handels und des Handwerks“, von dem „Hechaluz“ und der Organisation „Land und Handwerk“ aus.
Schon vor der nat.soz. Revolution wurden von dem Ortsverband die s. Zt. aus Russland emigrierten Juden namentlich in Arbeitslagern in Litauen umgeschult, um sie in ausser-russischen Ländern, insbesondere in Palästina, einer sesshaften Beschäftigung zuzuführen. Mit der Aufrollung der Judenfrage in Deutschland ergab sich auch hier die Notwendigkeit einer beruflichen Neueingliederung der aus ihrer bisherigen Beschäftigung entlassenen bezw. derjenigen Juden, die auf ein berufliches Fortkommen in Deutschland nicht rechnen konnten. Soweit die Umschulung zu Landwirten oder Handwerkern in ausserdeutschen Ländern oder in Deutschland selbst in geschlossenen Lagern mit dem Ziel erfolgt, den Umgeschulten die Auswanderung aus Deutschland, insbesondere nach Palästina, zu erleichtern, dürften grundsätzliche Bedenken nicht entgegenstehen. Ob bei der Umschulung in geschlossenen Lagern ortspolizeiliche Erwägungen im Einzelfall zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine andere Entscheidung erheischen, wird dem Ermessen der zuständigen Behörden überlassen bleiben müssen. Bedenken in politischer Hinsicht dürften nicht bestehen.
Die Unterbringung der umzuschulenden Personen in der freien Wirtschaft, insbesondere auf einzelnen Gehöften, ist dagegen unerwünscht. Da nach den bisherigen Erfahrungen, die die Umschulung vermittelnden Organisationen dem Landwirt bezw. dem Handwerker, der die Umschulung übernimmt, einen monatlichen Zuschuss von durchschnittlich 30-60 RM zahlen, wird dieser die Ausbildung umso eher übernehmen, als er neben den geldlichen Vorteilen auch eine Arbeitshilfe erlangt. Die Folge wird die zwangsläufige Verdrängung deutscher Landhelfer und Arbeiter aus Lohn und Brot sein.
Führt dieses Verfahren demnach zu einer Sabotierung der Massnahmen der Reichsregierung auf dem Gebiet der Arbeitsbeschaffung, so kommt noch hinzu, dass durch die Beschäftigung zahlreicher Juden in ländlichen Gegenden erhebliche Unruhe und Erregung in die Bevölkerung getragen wird, die zu unliebsamen Ausschreitungen führen und der immer noch anhaltenden Greuelpropaganda im Ausland neues Material liefern kann. Die Umschulung in der freien Wirtschaft muss daher nach Möglichkeit unterbunden werden. In jüngster Zeit wird ferner unter Führung der Organisation „Land und Handwerk“ der Versuch gemacht, ihren Berufen entfremdete Juden zu Landarbeitern und Handwerkern umzuschulen mit dem Ziele, dem Umgeschulten - unter Gewährung von Darlehen, Ankauf oder Verpachtung von Land - in Deutschland selbst neue Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Da derartige Bestrebungen mit den Massnahmen der Reichsregierung zur Schaffung eines bodenständigen deutschen Bauern- und Handwerkerstandes nicht in Einklang stehen, wird ihnen entgegenzutreten sein.
Um in diesen Fragen eine allgemeine Regelung herbeizuführen, hat das Geheime Staatspolizeiamt den zuständigen Reichsministerien Vorschläge unterbreitet, so dass in absehbarer Zeit einheitliche Massnahmen in dieser Hinsicht zu erwarten sind.
c) Auf kulturellem Gebiet.
Bis vor kurzem bestanden in Preussen eine grosse Zahl jüdischer Kulturbünde, die von den Behörden nur schwer zu überwachen waren. Im Einvernehmen mit dem Staatskommissar für das preussische Theaterwesen hat das Geheime Staatspolizeiamt die jüdischen Kulturbestrebungen dahin vereinheitlicht, dass als massgebende Organisation auf diesem Gebiet der „Kulturbund deutscher Juden“ mit seinen Ortsgruppen anzusehen ist. Der Kulturbund ist verpflichtet, bei der Gründung neuer Ortsgruppen gewisse Auflagen zu beachten und hat seine gesamten Veranstaltungen dem Preuss. Theaterausschuss zur Genehmigung vorzulegen. Damit ist es ermöglicht worden, die gesamten jüdischen Kulturbewegungen von zuständiger Stelle zu beobachten und zu überwachen.
An deutschen Theatern werden jüdische Künstler kaum mehr beschäftigt.
Als Folge des immer stärker werdenden kulturellen Zusammenschlusses sind Juden bei allgemeinen Veranstaltungen in Konzerten und Theatern kaum noch zu sehen. In der Öffentlichkeit verkehren sie im allgemeinen nur noch in den Gaststätten jüdischer Unternehmer.
In Berlin kam es anlässlich der Uraufführung des englischen Films: „Katharina die Grosse“, in dem die jüdische Filmschauspielerin Elisabeth Bergner mitwirkt, am 8.3.34 zu Störungen durch Angehörige der NSDAP. Dieser Vorfall hat der jüdischen Hetzpresse des Auslandes neuen Anlass zu gehässigen Auslassungen über das neue Deutschland gegeben; aber auch die ernst zu nehmende ausländische Tagespresse hat im Anschluss an diesen Zwischenfall den Boykott deutscher Filme angedroht.
d) Im Sport.
Wie alle anderen Zweige jüdischen Gemeinschaftslebens hat auch der Sport einen gewaltigen Auftrieb erhalten. Besonders rührig sind hier die Jugendgruppen des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten. In einzelnen Fällen wurde beobachtet, dass die Juden sogar Wehr- und Geländesport betrieben. Da diese Betätigung mit den Staatsinteressen unvereinbar ist, hat das Geheime Staatspolizeiamt Vorsorge getroffen, dass derartige Vorkommnisse in Zukunft unterbunden werden.
Von verschiedenen Jugendbünden und Wandergruppen ist ferner der Versuch gemacht worden, ihre Angehörigen in einheitlicher Kleidung, vereinzelt sogar in braunen Uniformen, auftreten zu lassen. Derartige Versuche haben naturgemäss bei SA- und SS-An-gehörigen grosse Erregung ausgelöst. Zur Vermeidung von Zusammenstössen hat das Geheime Staatspolizeiamt bei dem Reichsjugendführer eine allgemeine Regelung dieser Frage angeregt. Bestimmte Anordnungen sind in nächster Zeit zu erwarten.
IV. Auswanderung.
Die seit der Machtübernahme gegen das Judentum in wirtschaftlicher Hinsicht getroffenen Massnahmen brachten in der Hauptsache Abwanderungsbestrebungen der Juden mit sich. Insbesondere setzte ein Zustrom der Juden vom flachen Lande und aus den Kleinstädten nach den Grosstädten ein, wobei mitbestimmend war, dass der Jude in der Grosstadt untertauchen zu können glaubte. In weit grösserem Masse wanderten die Juden jedoch ins Ausland ab.
Der Hauptstrom dieser jüdischen Emigranten ergoss sich im vergangenen Jahre nach Palästina. Nach bisherigen Meldungen sind seit dem Beginn der Emigration bis Anfang März 1934 rund 13 000 Juden nach Palästina ausgewandert. Da jedoch die englische Mandatsregierung nicht beabsichtigt, das Einwanderungskontingent zu erhöhen, ist der Zustrom der Juden nach Palästina zur Zeit gehemmt.
Auch die europäischen Auswanderungsländer sind in ihrer Aufnahmefähigkeit beschränkt. Da die Wirtschaftsverhältnisse dieser Länder den Juden keine Existenzmöglichkeiten bieten, mehren sich die Klagen der Emigranten über ihre schlechte Lage und veranlassen Auswanderungslustige, die Auswanderung hinauszuschieben oder ganz aufzugeben. Die Folge hiervon ist nicht nur ein starkes Nachlassen der Emigration, sondern die gerade in letzter Zeit beobachtete Rückwanderung der Emigranten nach Deutschland.
Neuerdings hat sich unter der Leitung von Felix Warburg in London ein Komitee zur Ansiedlung deutscher Juden in dem sowjetrussischen Gebiet Birobidschan gebildet, dem auch der frühere englische Kriegs-Staatssekretär und bekannte Deutschenhasser Lord Marley angehört. In Verhandlungen mit der Sowjetregierung soll das Komitee erwirkt haben, dass im Jahre 1934 jährlich 3.500 jüdische Familien mit insgesamt 15.000 Seelen in Birobidschan angesiedelt werden. Nach den bisherigen Feststellungen sind jedoch im ersten Jahresviertel nur 200 Familien und 481 Einzelpersonen, insgesamt 1.209 Seelen, in das Land gebracht worden. Ob die Auswanderungsmöglichkeiten in dieses völlig brach liegende und vom ungünstigen Klima beherrschte Gebiet erfolgreich ausgenutzt werden [können], bleibt abzuwarten.
Da die europäischen Nachbarländer einer jüdischen Einwanderung ablehnend gegenüberstehen, die trostlose Lage der jüdischen Emigranten in diesen Ländern den noch in Deutschland verbliebenen Glaubensgenossen auch wenig Anreiz zur Niederlassung bietet, hat sich die Jewish Agency bemüht, in aussereuropäischen Ländern Ansiedlungsmöglichkeiten für jüdische Emigranten zu schaffen. So soll es ihr gelungen sein, durch Verhandlungen mit der französischen Regierung etwa 100 000 Juden die Übersiedlung in das unter französischer Verwaltung stehende syrische Mandatsgebiet zu ermöglichen. Angesichts der in Syrien bestehenden Bereitschaft hat die Jewish Agency den Ankauf grösser Landstrecken an der palästinensisch-syrischen Grenze eingeleitet.
Auch die an Naturschätzen reiche, aber wirtschaftlich noch nicht entwickelte Republik Equador hat den jüdischen Auswanderern die Ansiedlung in diesem Lande nahegelegt. Auch Abessinien ist bereit, Emigranten aufzunehmen.
V. Die Boykotthetze.
Die aus Deutschland geflohenen oder ausgewanderten Juden setzen ihre systematische Hetze gegen Deutschland fort. Besondere Zentralen der Hetztätigkeit bestehen in fast allen Nachbarländern. Mit besonderer Aktivität wird die Boykotthetze von England, Holland und Amerika aus betrieben. Aus London wird berichtet, dass die dortigen jüdischen Kreise noch immer ihre Hoffnung auf den wirtschaftlichen Boykott Deutschlands setzen. Sie sind der Auffassung, dass Deutschland innerhalb eines Jahres vernichtet sei, wenn dieser Boykott von allen Juden der Welt und den ihnen freundschaftlich gesinnten Verbänden strikt durchgeführt würde. Die jüdischen Verbände Englands haben dementsprechend den Boykott deutscher Waren beschlossen. Darauf beriefen sie Delegierte aller Staaten nach London und übertrugen dem „israelitischen Rat“ die Durchführung des Boykotts. Auch an den Völkerbund wurde das Ansinnen gestellt, von sich aus wirtschaftliche Sanktionen gegen Deutschland anzuwenden.
Die englische Regierung selbst hat es abgelehnt, sich mit diesen Beschlüssen solidarisch zu erklären, andererseits hat sie aber auch keine Schritte unternommen, diese Machenschaften zu unterbinden. Der in Paris unter dem Protektorat Eduard Herriots stehende Schutzausschuss der verfolgten Juden („Comite de defense des Juifs persecutes en Allemagne“), der von dem berüchtigten Anwalt Mo-Giafferi geleitet wird und als die Zentrale der gesamten von Paris ausgehenden Boykottbestrebungen gegen Deutschland anzusehen ist, hat kürzlich in Übereinstimmung mit dem Londoner Comite beschlossen, auch die Sowjetregierung für seine Bestrebungen zu interessieren und für eine aktive Teilnahme oder doch Unterstützung in dem Boykottkampfe zu gewinnen. Die Sowjet-Vertretung hat jedoch erklärt, dass die sowjetrussische Regierung aus parteidoktrinären Gründen es ablehnen müsse, Anteil an dem gegen Deutschland gerichteten Boykott zu nehmen.
In Belgien haben die jüdischen Organisationen eine Boykottwoche festgesetzt und durchgeführt und auch aus Lettland wird über eine intensive Werbung für die Boykottbewegung gegen Deutschland berichtet.
In Warschau fand eine Konferenz statt, die vom vereinigten jüdischen Hilfskomitee für Flüchtlingshilfe, vom vereinigten Komitee zur Boykottierung Hitlerdeutschlands und von jüdischen Repräsentanten der grössten polnischen Städte gemeinsam veranstaltet worden war. Auf ihr wurde u. a. folgende Resolution angenommen:
Die Konferenz stellt fest:
1. Ungeachtet der Versicherungen offizieller deutscher Faktoren dauert in Deutschland die systematische Aktion zur Ausstossung des deutschen Judentums aus allen Gebieten des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens an;
2. Die herrschende Hitler-Partei fuhrt eine ausserordentlich umfangreiche antisemitische Aktion in verschiedenen Ländern Europas und Amerikas durch;
3. Die öffentliche Meinung in der Welt hat bis jetzt die der Zivilisation seitens der Hitler-Barbarei und ihrer Entwicklungen drohende Gefahr noch nicht in ihrem vollen Umfange gelernt.
Die Konferenz forderte das polnische Judentum auf, den politischen Kampf gegen das Hitlertum auf internationalem Boden mit ganzer Energie weiterzuführen. In Anerkennung der Zweckmässigkeit der Boykottaktion als der wirksamsten Waffe der jüdischen Gesellschaft in ihrem Kampf gegen das Hitlertum verlangte die Konferenz eine Verstärkung der Popularisation der Aktion in den breitesten Schichten der jüdischen Bevölkerung sowie eine solidarische Zusammenarbeit mit den Anti-Hitlerkomitees.
In Holland wird von dem Boykott-Komitee, hinter dem die soz.dem. Arbeiterpartei Hollands steht, ein ausführliches Verzeichnis sämtlicher in Deutschland hergestellten Waren verteilt mit der Aufforderung, beim Einkauf die in dem Verzeichnis enthaltenen Waren zurückzuweisen. Die gerade in Holland weit verbreiteten Emigranten-Hetzschriften haben selbstverständlich diesen von holländischen Juden angeregten Boykott aufgenommen und schüren durch ihre Greuelmeldungen diesen Wirtschaftskampf weiter.
In Amerika hat sich kürzlich die unter der Leitung des Juden Samuel Untermeyer stehende „Überparteiische-religiöse Anti-Nazi Liga zur Verteidigung der Menschenrechte“ gebildet, die einen sich über die ganze Welt erstreckenden Boykott deutscher Waren, deutscher Schiffe und deutscher Transportunternehmen proklamiert.
Es bedarf keiner besonderen Frage, dass dieser von dem internationalen Weltjudentum ausgehende Wirtschaftsfeldzug gegen das neue Deutschland grosse Gefahren in sich birgt. Jeder, auch der kleinste Übergriff gegen die Juden in Deutschland, wird unter massloser Übertreibung von der jüdischen Weltpresse aufgegriffen, um den Wirtschaftskrieg zu schüren. Deutsche antisemitische Zeitschriften werden von den Boykott-Komitees gesammelt und in den Weltbörsen von Amsterdam, London und New York ausgelegt, um hierdurch den Geldmarkt zu Deutschlands Ungunsten zu beeinflussen.
Der Kampf des nat.soz. Deutschlands gegen das internationale Judentum und die jüdische Hochfinanz steht erst in seinen Anfängen. Da es sich um einen reinen Wirtschaftskampf handelt, kann er nicht mit physischen Machtmitteln geführt werden, wie der Kampf gegen Kommunismus und Reaktion. Durch staatliche Autorität nicht gedeckte Massnahmen gegen das Judentum in Deutschland müssen unter allen Umständen unterbleiben, da sie der Boykott-Presse nur neues Material liefern.
Nur eine sachliche, der Wahrheit entsprechende Aufklärungsarbeit in ausserdeutschen Ländern kann der jüdischen Boykott-Bewegung die Waffen aus der Hand schlagen. In dieser Hinsicht sind bereits erfolgversprechende Massnahmen in die Wege geleitet. Ausser der Überwachung und Kontrolle der Juden in Deutschland und der Verhinderung ungesetzlicher Eingriffe gegen die Juden wird es vordringliche Aufgabe der Geheimen Staatspolizei sein, die Boykott-Bewegung und Propaganda im Ausland zu verfolgen, um ihr im Einvernehmen mit dem zuständigen Reichsministerium durch weitgehendste Aufklärung entgegenzutreten.