Schreiben von Dr. Rudolf Becker aus Berlin
Rudolf Becker, Ministerialrat im Finanzministerium äußert sich am 6. April 1933 zu einem nicht realisierten Entwurf eines Gesetzes „zur Regelung der Stellung der Juden“:
Einführung zum Judengesetz.
Der anliegende Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Stellung der Juden nebst Anlagen ist das Werk einer mit dem Unterzeichneten tätigen Arbeitsgemeinschaft, der neben Oberregierungsrat Dr. Diels (derzeitiger Leiter der politischen Polizei), Dr. Lippert (derzeitiger Staatskommissar für Berlin), Dr. Meier (Direktor des Deutschen Lichtspielsyndikats), Oberregierungsrat Dr. Ziegler (Min. f. Propaganda), Major Fischer (Verbandsleiter), als besondere Sachverständige die Herren Dr. Schulz vom Preußischen Statistischen Landesamt und der bekannte Schriftsteller und Völkstumsforscher Dr. von Leers angehört haben. Das Ergebnis der Arbeitstagungen und Einzelarbeiten ist von dem Unterzeichneten, wie geschehen, in der durch den Drang der Zeitumstände gebotenen Eile zusammengefasst worden. Einige wenige abweichende Vorschläge einzelner Bearbeiter zu einzelnen Punkten mussten hierbei der Geschlossenheit halber zurückgestellt werden, in allen wesentlichen Punkten führte die Arbeit selbst die Beteiligten zu sehr weitgehender praktischer Einigkeit. Ihnen kam es in erster Linie darauf an, unmittelbar praktische Arbeit zu leisten, [die] dem berufenen Minister und Führer die schnelle Fertigstellung eines zugleich wirkungsvollen und politisch durchführbaren Judengesetzes erleichtern könnte. Wilde Tiraden, so erwünscht sie der innerdeutschen Propaganda sein und manchem berechtigten Rachegefühl entsprechen mögen, gefährden das gemeinsame Ziel: den historisch einzigartigen Augenblick restlos zu nutzen, um das deutsche Volk zu säubern und von fremder Macht, die es im eigenen Hause offen und heimlich in wesensgefährdender Weise beherrscht hat, zu befreien; allzu grosse Abstriche und Ausdrucksschwäche hinwiederum würde im Volk nicht verstanden werden. Dieses Dilemma galt es, durch rechte Gestaltung von Inhalt und Form zu überwinden. Der grossen Gefahr der öffentlichen Weltmeinung, die sich vor, in und nach dem Kriege als oft unterschätzter, in Wahrheit als gefährlichster Feind unseres Volkes erwiesen hat, sind sich die Bearbeiter bei Inhaltgebung und Fassung des Gesetzentwurfes ständig bewusst gewesen; sie haben in ihrer Mehrheit daher nicht ohne Sorge gesehen, wie ein rein taktisch und vielfach planlos geführter Kleinkrieg gegen das Judentum mit zahlreichen örtlichen, fast allzu vergnüglichen Einzelerfolgen, aber ohne die entscheidende und dauerhafte Generalreinigung von 100fach getarnten jüdischen Kräften und Einflüssen einen den entscheidenden Durchbruch gefährdenden Widerstand in der Welt hervorrief. „Viel Feind’, viel Ehr“ ist deutscher Übermut, nicht deutsche, sich der Verantwortung von deutscher Vergangenheit und Zukunft bewusste Kraft! Darum sind wir der Meinung, dass es gegenüber der gar nicht gefährlich genug einzuschätzenden internationalen Macht des Judentums gilt, in still gesammelter Kraft die gesetzliche Grundlage zu schaffen und die verwaltungsmässigen Vorbereitungen zu treffen, um über Nacht und in der ganzen Breite des deutschen Volkstums (Kultursphäre), der deutschen Verwaltung (öffentlich-rechtliche Sphäre) und der deutschen Wirtschaft (insbesondere des Kreditwesens und der Beherrschung deutschen Bodens) das bekenntnismässige und das heimliche Judentum aus allen führenden Stellen zu verdrängen. Vollzogenes allein besiegt den Widerstand! Zumal wenn die Vollziehung untadelig war: Klar und bestimmt zwar, aber frei von kleinlichen, des Deutschen unwürdigen rachsüchtigen Quälereien einer Sklavenseele, ja in praktischer Anerkennung dessen, dass diese wegen der geringen Aufsaugungskraft der durch tausenderlei eigene Not geschwächten deutschen Seele gegenüber fremdartigem Volkstum lebensnotwendige Generalreinigung den Fremdlingen schweres, zum Teil unverdientes und daher nach Möglichkeit zu milderndes Schicksal schafft! Vermieden sind daher alle verletzenden Formen, versucht darum - zum Teil mit pekuniären Opfern - Härteausgleiche! Umso härter können wir bleiben in dem, worum es für uns geht! Das Ganze, das Grosse zu sehen, darauf kommt es an.
Dass der Kampf zuletzt im Geistigen durch die grössere sittliche Kraft entschieden wird, davon bleiben die Mitarbeiter des Unterzeichneten durchdrungen. Doch dürfen die dem Deutschen so naheliegenden geistigen Gegengefühle gegen harte Gewalt nicht verkennen lassen, dass Deutschland als Land der Mittel ständig eine - bislang nicht genügend erkannte - Völkerwanderung östlichen Judentums nach den Anziehungspunkten westlicher Zivilisation über sich ergehen lässt und dass auf dem Weg hierhin im letzten Jahrhundert mehr der Juden in Deutschland hängen geblieben und durch eigene deutsche Fehler (wachsender Materialismus in der Wilhelminischen Periode) zur Macht gelangt sind, als der deutsche Magen zu verdauen vermag. Darum bleibt neben der inneren Entthronung jüdischer Mächte durch Um- und Einkehr der gesunde chirurgische Schnitt, der das Zuviel ausschneidet oder einkapselt, unvermeidbar.
Über Einzelheiten des Gesetzentwurfes werden die Leser verschiedener Ansicht sein je nach der eigenen Vitalität, das ist des biologischen Optimismus, mit fremden Wesen auch ohne Gewalt fertig zu werden. Der Prüfende vergesse nicht, dass es nicht darauf ankommt, was er sich zutraut, sondern was man bei ruhiger Betrachtung dem deutschen Volke in gegenwärtigen Zeiten an geistiger und seelischer Verdauungskraft Zutrauen kann! Der Verwaltungspraxis muss und kann manches der Durchführung belassen bleiben; ohne gesetzliche Grundlage aber bleibt sie im Planlosen stecken und scheitert auf die Dauer an der Gutmütigkeit und „Tumbheit“ des deutschen Volkes einerseits und an dem immer erneuten Widerstand von aussen andererseits. Revolutionen lassen sich nicht auf Eis legen. Darum gilt es, den Augenblick zu ergreifen und das allein ihm mögliche fest zu gründen! - Um einen Überblick zu geben von der - allerdings hinter der Machtausübung -weit zurückbleibenden Ausbreitung des Judentums in den entscheidenden Berufen und Funktionen des deutschen Volkskörpers, der dem Gesetzgeber zeigt, wo es einzusetzen gilt und was der Einsatz fordert, ist von dem auf diesem Gebiet durch seine wissenschaftlichen Vorarbeiten besonders sachkundigen Dr. Schulz im Benehmen mit dem Unterzeichneten das dem Gesetzentwurf beigefügte „historische und statistische Material zum Judengesetz“ verfertigt. Eine Stunde an die angehängten Tabellen gewandt, sich ihre Daten lebendig gemacht, ist gewonnene Zeit und Kraftsteigerung.
Besondere Erläuterungen zu den einzelnen Vorschriften des Gesetzentwurfes, der sich als Grundgesetz des deutschen Volkes mit Absicht von der juristischen Sprache fernhält, können der Eilbedürftigkeit halber erst morgen folgen, gez. Dr. jur. Rudolf Becker.
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Entwurf zu einem Gesetz zur Regelung der Stellung der Juden.
I. Jude, Halbjude, Judengatte.
§ 1. Jude im Sinne dieses Gesetzes ist:
a) wer sich zum mosaischen Glauben bekennt,
b) wessen Eltern oder sämtliche Großeltern sich zum mosaischen Glauben bekannt haben, auch wenn sie oder ein Teil von ihnen später den mosaischen Glauben abgelegt haben,
c) wer Nachkomme der unter a) und b) Genannten ist.
§ 2. Halbjuden im Sinne dieses Gesetzes sind:
Kinder aus Ehen, deren einer Teil Jude im Sinne des § 1 dieses Gesetzes ist, soweit sie sich nicht zum jüdischen Glauben bekennen.
Zum Juden einschließlich seiner Nachkommen im Sinne des § 1 wird wieder, wer als Halbjude sich mit einem Juden oder Halbjuden verheiratet.
§ 3. Judengatte im Sinne dieses Gesetzes ist, wer mit einem Juden (Jüdin) im Sinne des § 1 verheiratet ist, oder zwar nicht mehr verheiratet ist, aber Kinder aus einer solchen Ehe hat.
II. Judenregister.
§ 4. Jeder Jude männlichen oder weiblichen Geschlechts im Sinne des § 1 dieses Gesetzes hat sich spätestens bis zum 1. Juli 1933 an seinem Wohnort in das dort auszulegende polizeilich zu führende „Judenregister“ eintragen zu lassen.
Dieser Eintragungspflicht unterliegen nicht diejenigen Juden, die nicht im Besitze des deutschen Staatsbürgerrechts sind (vgl. § 19 und 20).
Jeder Halbjude männlichen oder weiblichen Geschlechts im Sinne des § 2 hat sich spätestens bis zum 1. Juli 1933 an seinem Wohnort in das dort auszulegende polizeilich zu führende „Halbjudenregister“ eintragen zu lassen.
Jeder Judengatte männlichen oder weiblichen Geschlechts im Sinne des § 3 dieses Gesetzes hat sich spätestens bis zum 1. Juli 1933 an seinem Wohnort in das dort auszulegende polizeilich zu führende „Judengatten-Register“ eintragen zu lassen.
Die Eintragungen sind kostenfrei.
III. Der „Verband der Juden in Deutschland“.
§ 5. Alle Juden im Sinne des § 1 dieses Gesetzes sind mit dem Vollzug der Eintragung zugleich Mitglieder des „Verbandes der Juden in Deutschland“.
Der „Verband der Juden in Deutschland“ ist eine Korporation des öffentlichen Rechts. Die Zugehörigkeit zum „Verband der Juden in Deutschland“ kann durch Klage festgestellt werden. Die Klage richtet sich gegen denjenigen, dessen Zugehörigkeit zum Judentum im Sinne des § 1 geltend gemacht wird.
§ 6. Die Mitglieder des „Verbandes der Juden in Deutschland“ wählen alle vier Jahre in geheimer direkter Wahl nach näherer Anordnung des „Volkswartes“ (vgl. § 7) einen „Judenrat“ Dieser soll nicht mehr als 25 Personen umfassen. Die Gewählten bedürfen der Bestätigung des „Volkswartes“.
Der „Volkswart“ ist berechtigt, den „Judenrat“ zu berufen und aufzulösen. Der „Juden-rat“ gibt sich eine Geschäftsordnung selbst; er tritt jährlich mindestens einmal zusammen. Seine Beschlüsse unterliegen der Genehmigung des „Volkswarts“.
Der „Judenrat“ kann zur Wahrung seiner Aufgaben Kommissionen und Einzelpersonen einsetzen; deren Tätigkeit unterliegt der Aufsicht des „Volkswarts“.
IV. Der „ Volkswart. “
§7. Zur Sicherung des deutschen Volkes vor Gefährdung durch das Judentum, zur Führung der Aufsicht über den „Verband der Juden in Deutschland“, zum Schutz der Juden und zur Sicherung ihrer Rechte bestellt der Reichskanzler den „Volkswart“. Er untersteht unmittelbar dem Reichskanzler. Er sorgt für die Durchführung dieses Gesetzes und seiner Ergänzungs- und Ausführungsbestimmungen. Insbesondere erhebt er die Klage betreffend die Feststellung des Judentums (vgl. § 5).
Der „Volkswart“ bestimmt:
a) über die Höhe der Selbstbesteuerung des „Verbandes der Juden in Deutschland“;
b) über die Pflege der Schulen und sonstigen Anstalten des „Verbandes der Juden in Deutschland“,
c) über diejenigen Fragen, die dem „Verbände der Juden in Deutschland“ überwiesen werden.
Der „Volkswart“ ist politischer Reichsbeamter. Er ist in seiner Tätigkeit nicht an das Vertrauen des „Verbandes der Juden in Deutschland“ gebunden.
Der „Volkswart“ besitzt gegen die Mitglieder des „Verbandes der Juden in Deutschland“ die Polizeigewalt in jedem Lande.
§ 8. Der „Volkswart“ kann:
a) zur Ausübung seines Amtes die Vorlage aller amtlichen und handelsrechtlichen Unterlagen von den betreffenden Stellen und Personen jederzeit verlangen, jedermann vernehmen lassen und
b) gegen jeden Juden die polizeiliche Meldepflicht anordnen,
c) Bücher und Druckwerke von Juden verbieten,
d) zum Schutze des deutschen Volkes vor sittlicher Zersetzung Kunstwerke von Juden beschlagnahmen oder ihre Zurschaustellung verbieten,
e) jüdische Gebräuche, welche die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährden, ganz oder zeitweise verbieten,
f) aufreizenden Luxus, öffentliches unschickliches und prahlerisches Zeigen von Reichtum und protzenhaftes Benehmen von Juden verbieten,
g) jüdische Vereine und Verbände auflösen.
§ 9. Der „Volkswart“ kann alle Maßnahmen anordnen, die zum Schutz deutscher Staatsbürger gegen jüdischen Mißbrauch von Gesetzen und wirtschaftlicher Macht geboten erscheinen. Er kann zu diesem Zweck:
a) öffentliche Warnungen vor bestimmten Personen aussprechen,
b) die Einfuhr jüdischer Druckerzeugnisse aus dem Auslande verbieten,
c) Erziehungsmaßnahmen gegen jüdische Jugendliche anordnen, die durch ihr Verhalten die Volkssittlichkeit gefährden,
d) Institute zum Studium der Judenfrage ins Leben rufen und zu ihrer Erhaltung dem „Verbände der Juden in Deutschland“ eine Beitragspflicht auferlegen.
V Rechtsstellung des Judentums.
§10. Die Mitglieder des „Verbandes der Juden in Deutschland“ genießen den Reichsschutz durch die deutschen Vertretungen im Auslande.
§ 11. Den Mitgliedern des „Verbandes der Juden in Deutschland“ ist die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes mit folgenden Einschränkungen gestattet:
a) Sie können weder Beamte noch Angestellte im Dienste von Reich, Staat oder Gemeinden sein. Soweit sie zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein solches Amt bekleiden oder eine solche Tätigkeit ausüben, sind sie unter Gewährung eines angemessenen Ruhegehalts oder auch gerechter Abfindung zu entlassen. Die Gewährung des Ruhegehalts hat zu unterbleiben, wenn sie ihr Amt offensichtlich grob zum Schaden des deutschen Volkes mißbraucht haben. Die Entscheidung darüber liegt bei den ordentlichen Disziplinarin-stanzen.
b) Sie können nicht Angehörige der Reichswehr und der Reichsmarine sein. Sie sollen auch in Zukunft keiner Militärpflicht unterliegen; eine Ersatzleistung dafür liegt ihnen nicht ob. Die Vorschrift des § 11 a) Satz 2-4 gilt entsprechend.
c) Sie können nicht Direktoren bei der Reichsbank, Golddiscontbank, Rentenbank-Kreditanstalt, Deutschen Genossenschaftskasse, Reichskreditgesellschaft und bei selbständigen Unternehmungen des Reichs, der Länder oder der Gemeinden (z. B. Viag, Reichselektrowerke, Gas- und Elektrizitätswerke usw.) sein. Sie können ferner nicht Direktoren oder Filialleiter der Großbanken oder bei solchen Bankunternehmungen sein, an denen die öffentliche Hand wesentlich beteiligt ist, ferner nicht Direktoren von Terrain- und Siedlungsgesellschaften.
d) Sie können nicht Hauptschriftleiter oder verantwortlicher Schriftleiter an periodischen deutschen Druckschriften, Lehrer an privaten Schulen (mit Ausnahme von jüdischen Schulen) und Direktoren oder Regisseure von Theatern, Filminstituten und Rundfunkgesellschaften, sowie Leiter von Verlagen von kultureller Bedeutung werden.
e) Die Zahl der jüdischen Ärzte, Apotheker, Tierärzte, Rechtsanwälte, Rechtskonsulenten und ihrer Angestellten, sowie die Zahl der Redakteure an periodischen deutschen Druckschriften und der Schauspieler an deutschen Bühnen darf in keiner Gemeinde den prozentualen Anteil der gemeindeangehörigen Juden an der gesamten Einwohnerzahl der Gemeinde überschreiten. Soweit ihre Zahl bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die erlaubte Höchstzahl übersteigt, haben die örtlichen Vertreter des „Völkswartes“ nach Anhörung der Berufsvertretungen und des „Judenrats“ die Ausscheidenden zu bestimmen. Ihnen kann bis zur Niederlegung ihrer Tätigkeit eine Übergangsfrist bis zu 6 Monaten und nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen eine einmalige Abfindung oder ein einmaliger Betrag zur Erreichung einer anderen Lebensgrundlage gewährt werden. Bei der Ausscheidung sind unter Berücksichtigung von Alters-, Familien- und Vermögensverhältnissen Härten nach Möglichkeit zu vermeiden; im Beruf zu belassende sind in erster Linie solche Juden, die sich durch Frontsoldatentum oder sonstige Verdienste um das Deutschtum verdient gemacht haben.
§ 12. Juden ist es verboten, als Inhaber, Aktionäre oder sonstige Gesellschafter an einer periodischen Druckschrift an einem Theater, an einem Filmunternehmen oder an einem Verlage von kultureller Bedeutung beteiligt zu sein.
§ 13. Die Mitglieder des „Verbandes der Juden in Deutschland“ haben weder aktives noch passives Wahlrecht zum Reichstag, zu den Volksvertretungen der Länder und Gemeinden, zu den Handels-, Gewerbe-, Landwirtschafts- und Handwerkerkammern und zu ähnlichen Einrichtungen des öffentlichen Lebens. Sie können nicht Mitglieder von deutschen privaten Vereinen sein.
§ 14. Kinder, deren beide Eltern Mitglieder des „Verbandes der Juden in Deutschland“ sind, ist der Besuch nicht-jüdischer öffentlicher oder privater Schulen untersagt. Der „Verband der Juden in Deutschland“ wird vom Volkswart veranlaßt, jüdische Schulen und höhere Schulen zu gründen, die der Aufsicht der örtlichen Schulverwaltung unterstehen.
§ 15. Ehen zwischen Juden im Sinne des § 1 dieses Gesetzes und Nichtjuden können nicht mehr rechtswirksam geschlossen werden.
Unehelicher Verkehr zwischen Juden und Nichtjuden ist verboten und wird mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft. Juden, die einen solchen unehelichen Verkehr unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses herbeiführen, können vom „Volkswart“ an die Polizeibehörde überwiesen werden.
§16. Jedes Mitglied des „Verbandes der Juden in Deutschland“ ist verpflichtet, amtlich seinem Familiennamen den Buchstaben „J“ anzufügen. Unterlassung ist als Personenstandsverschleierung strafbar.
Schriftsteller haben auf allen Veröffentlichungen ihren eigenen Namen oder Schriftstellernamen zu setzen mit der Hinzufügung des Davidsterns.
Der „Volkswart“ kann anordnen, daß Juden neuangenommene Namen wieder ablegen, abgelegte Namen wieder annehmen. Er kann ihnen den Gebrauch ausgesprochen germanischer Vornamen untersagen.
§ 17. Für „Halbjuden“ im Sinne des § 2 und „Judengatten“ im Sinne des § 3 gelten die Vorschriften des § 11 a), b) und d) und des § 12 entsprechend.
VI. Besondere Vorschriften.
§ 18. Der Orden „B’ne Brith“ wird verboten. Sein Eigentum verfällt dem Staat.
§ 19. Seit dem 2. August 1914 erteilte Einbürgerungen von Juden im Sinne des § 1 dieses Gesetzes sind nichtig. Gezahlte Gebühren sind ihnen zurückzugeben. Soweit sie nicht durch die Nichtigkeitserklärung eine fremde Staatsangehörigkeit wieder erwerben, gelten sie als staatenlos.
§ 20. Die in Deutschland sich aufhaltenden staatenlosen Juden haben das Deutsche Reich innerhalb von 3 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu verlassen. Der „Volkswart“ kann auf Antrag die Frist bis auf 6 Monate verlängern.
Die in Deutschland sich aufhaltenden ausländischen Juden kann der „Volkswart“ mit einer Frist von 3 bis 6 Monaten aus dem Gebiet des Deutschen Reiches ausweisen.
Der „Volkswart“ kann den von ihm Ausgewiesenen als Entschädigung oder Beihilfe zur Erreichung einer neuen Lebensgrundlage einen einmaligen angemessenen Aussiedlungsbeitrag nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen gewähren. Das gleiche gilt für die Kraft Gesetzes ausgewiesenen Juden, soweit sie durch die Vorschrift des § 19 die deutsche Reichsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines deutschen Landes verloren haben.
§21. Neue Einbürgerungen von staatenlosen und ausländischen Juden finden nicht statt. Staatenlose und ausländische Juden bedürfen zum Aufenthalt in Deutschland, soweit ihnen derselbe durch Landesverweisung nicht ohnehin versagt ist, der Genehmigung des „Volkswarts“. Staatenlosen Juden kann die Genehmigung nur vorübergehend gewährt werden. Ausländischen Juden kann die Aufenthaltserlaubnis von 6 zu 6 Monaten verlängert werden.
§ 22. Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten - mit nachstehenden Einschränkungen -nicht für Juden, Halbjuden und Judengatten im Sinne des § x bis 3 des Gesetzes, die für sich und ihre Nachkommen von dem „Volkswart“ als vollberechtigte deutsche Staatsbürger anerkannt werden.
Voraussetzung für die Anerkennung sind nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen besondere Verdienste um das deutsche Volk in Krieg und Frieden und außerdem die Gewährschaft zweier deutscher Paten für ihre deutsche Wesensart.
Die Höchstzahl der Anerkennungen darf in den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes die Zahl von zusammen 8 000 und in den Folgejahren jährlich V2 v. H. des deutschen Geburtenüberschusses nicht überschreiten.
Für die vom „Volkswart“ anerkannten Juden gelten nur die Einschränkungen des § 11 a) und b); ihre Nachkommen sind auch von diesen Einschränkungen befreit.