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Chronik und Quellen
1936
März 1936

März 1936

Am frühen Morgen des 7. März rückten deutsche Truppen – insgesamt rund 30.000 von der Bevölkerung begeistert begrüßte Soldaten - in die aufgrund des Versailler Vertrages von 1919 und des Vertrages von Locarno von 1925 entmilitarisierte Zone des Rheinlands ein, wobei sich zunächst aber lediglich drei Bataillone ins linksrheinische Gebiet vorwagten, um auch dort die deutsche Wehrhoheit wiederherzustellen.

Da die von deutscher Seite befürchteten Gegenmaßnahmen Frankreichs und Englands ausblieben, konnte Hitler nach der „Rückkehr der Saar“ im Januar 1935 seinen zweiten großen außenpolitischen Erfolg feiern. In seiner Reichstagsrede vom gleichen Tag gab er sich zur Beschwichtigung des Auslands dagegen wieder betont friedliebend. Zwar kündigte er den Locarno-Vertrag auf, erklärte aber gleichzeitig, Deutschland erhebe in Europa nunmehr keine weiteren territorialen Ansprüche mehr. Außerdem löste Hitler den Reichstag auf, um der Bevölkerung nach drei Jahren die Gelegenheit zu geben, über die NS-Regierung sowie über die Besetzung des Rheinlands zu urteilen.

Die Begeisterung war fast überall ungeteilt. Anlässlich des Heldengedenktags dankte etwa Reichskriegsminister Werner von Blomberg am 8. März im Rahmen eines Staatsakts in der Berliner Oper Hitler im Namen der Wehrmacht für den Einmarsch. Zwei Tage später eröffnete Propagandaminister Goebbels dann am 10. März in der Berliner Deutschlandhalle die Kampagne zur „Wahl“ am 29. März, die mit einem bis dahin nicht gekanntem Propagandaaufwand geführt wurde. In Goebbels Rede standen – wie kaum anders zu erwarten - der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands und die Rheinlandbesetzung im Mittelpunkt.

ln einem Presseinterview erklärte Hitler am 11. März einem britischen Journalisten, das Deutsche Reich strebe Nichtangriffspakte im Westen und im Osten an, wobei Österreich und die Tschechoslowakei in solche Überlegungen eingeschlossen seien. Deutschland sei zudem bereit, in den Völkerbund zurückzukehren, allerdings in der – unerfüllbaren - Erwartung, dass zuvor seine koloniale Gleichberechtigung hergestellt werde.

Die Sitzung des Völkerbunds in London hingegen wurde am 16. März ergebnislos abgebrochen, weil für Sanktionen gegen das Deutsche Reich wegen der Rheinlandbesetzung keine Mehrheit gefunden werden konnte. Drei Tage später sprach der Völkerbundrat Deutschland dann immerhin schuldig, durch den Einmarsch seiner Truppen in das Rheinland den Artikel 43 des Versailler Vertrages gebrochen zu haben. Obwohl das aggressive deutsche Verhalten nun als „Gefahr für die europäische Sicherheit“ eingestuft wurde, folgten wiederum keinerlei konkrete Sanktionen.

Mit dem als „Deutscher Volkstag für Ehre, Freiheit und Frieden“ propagierten Abschlusstag endete am 28. März die von den NS-Medien in bisher nicht gekannter Weise unterstützte Wahlkampagne. Ab 18.30 Uhr wurden in allen deutschen Städten Aufmärsche veranstaltet, ab 19.50 Uhr läuteten Glocken den angeblichen Friedensappell Hitlers ein, dem sich reichsweit alle Sirenen anschlossen. Selbst die französische Presse musste einräumen, im Zuge des Wahlkampfs sei es den Organisatoren und in erster Linie natürlich Hitler immer wieder gelungen, die Zuhörer mitzureißen und eine Art Massenpsychose zu entfachen.

Bei der „Wahl“ am Tag darauf gaben nach NS-Angaben dann 99 Prozent der Stimmberechtigten ihr Votum für die NSDAP ab und bekundeten damit zugleich ihre Zustimmung zu Hitlers Rheinlandpolitik. Zuvor hatte Goebbels angeordnet, sämtliche nicht eindeutig mit „Nein“ gekennzeichneten Stimmzettel – also auch die leeren oder ungültigen Wahlscheine – als Ja-Stimmen zu werten.

Auch sonst gab es im März Erfolge zu vermelden. Am 1. März eröffnete Joseph Goebbels in Leipzig die internationale Frühjahrsmesse, auf der die Rekordzahl 8.163 Firmen aus dem In- und Ausland ihre neuesten Produkte präsentierten. In seiner wirtschaftspolitischen Grundsatzrede betonte der Propagandaminister, dass die Rohstoffknappheit für die deutsche Wirtschaft ein besonderes Problem darstelle, weshalb begonnen worden sei, verschiedene natürliche Rohstoffe durch künstliche Werkstoffe – beispielsweise Buna als Alternative zum Kautschuk – zu ersetzen.

Am 12. März erklärte der Reichstag das Hoheitszeichen der NSDAP auch offiziell zum Hoheitszeichen des Deutschen Reiches. und die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (KdF) gab am 21. März bekannt, dass sie in den nächsten Jahren fünf Seebäder für je 20.000 erholungsuchende Arbeiter einzurichten gedenke. In einem ersten Schritt sollte auf der Insel Rügen ein vier Kilometer langes Gebäude erstellt werden.

 

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Das Reichspropagandaministerium untersagte den Mitgliedern des jüdischen Kulturbundes weiterhin Künstlernamen zu führen.

Laut Ausführungsanweisung zur Deutschen Gemeindeordnung vom 25. März galten Jüdinnen und Juden - anders als „Mischlinge“ nicht mehr Bürger einer Gemeinde. Am gleichen Tag ordnete das Geheime Staatspolizeiamt an, dass der jüdischen Bevölkerung allein ihres Judentums wegen die Erteilung von Reisepässen, Legitimationskarten oder Wandergewerbescheinen nicht versagt werden dürfe. Allerdings soll ihr gegenüber bei deren Erteilung mit besonderer Vorsicht vorgegangen werden.

Ab dem 26. März waren gemäß der Ersten Verordnung zum Gesetz über die Verpachtung und Verwaltung öffentlicher Apotheken Jüdinnen und Juden nicht mehr als Pächter zugelassen. Zugleich wurde bestimmt, dass öffentliche Apotheken in jüdischem Besitz künftig einem Verpachtungszwang unterliegen würden.

Auch der deutsche Buchhandel sollte „entjudet“ werden. Am 31. März veröffentlichte der Präsident der Reichsschrifttumskammer eine Bekanntmachung, nach der Mitglieder des Bundes Reichsdeutscher Buchhändler verpflichtet waren, für sich und ihre Ehegatten den Nachweis der arischen Abstammung bis ins Jahre 1800 zu erbringen.

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