Die Gestapo Aachen berichtet
Die Gestapo Aachen berichtete über den Monat März 1935:
„Auch die vom „Westdeutschen Beobachter“ letzthin herausgegebene „Judensondernummer“, die in einer besonderen Beilage alle arischen Handwerker aufführte, rief deshalb reichlich spöttische Kritik hervor, weil in ihr versehentlich verschiedene jüdische Firmen mit aufgeführt waren.“
„Die jüdischen Organisationen sind im Berichtsmonat in politischer und kultureller Hinsicht nicht besonders in Erscheinung getreten. Versammlungen haben weder in Aachen-Stadt noch sonst im Regierungsbezirk stattgefunden. In jüdischen Kreisen wird allgemein von einem beabsichtigten scharfen Vorgehen der Reichsregierung gegen das Judentum gesprochen. Selbst die Leitung der hiesigen zionistischen Ortsgruppe sieht mit Besorgnis der Zukunft entgegen. Die antijüdische Boykottbewegung hat an einigen Stellen des Bezirks wieder sehr zugenommen. In Eschweiler z.B. wurden wiederholt jüdische Häuser und Geschäfte mit Kot beschmiert oder rot angemalt, vom „Stürmer“ herausgegebene rote Zettel in grosser Zahl angeklebt und in einem Falle auf die Wohnung eines Juden verschiedene Pistolenschüsse abgegeben, welche die Fenster durchschlugen.
Umgekehrt sind auch die von jüdischer Seite bei behördlichen Stellen angebrachten Beschwerden und Vorstellungen wieder überaus zahlreich und teilweise im Ton sehr anmassend geworden.
Auf Grund des Erlasses vom 28.1.35 – II 1 B 2 60159/59/35 – wurde der Jude Fritz Teitelbaum aus Barmen dem Schulungslager in Esterwegen zugeführt. Teitelbaum hat nach der Machtübernahme das Reichsgebiet angeblich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen und will sich seit dieser Zeit in Frankreich, Belgien und Holland aufgehalten haben. Eine staatsfeindliche Betätigung konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Seine Festnahme erfolgte bei der Einreise.
Die vom „Westdeutschen Beobachter“ im März herausgegebene Judensondernummer soll auf ein Schreiben des Reichswirtschaftsministers Schacht an Gauleiter Grohé hin gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Form stark gemildert worden sein.“