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Chronik und Quellen
1934
Februar 1934

Februar 1934

Das NS-Regime war weiterhin bestrebt, seinen Alleinvertretungsanspruch in allen Bereichen zu festigen. So wurden am 2. Februar auf Initiative des preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring und auf Anweisung von Innenminister Frick sämtliche monarchistische Verbände im Reichsgebiet aufgelöst und verboten. Am 19. Februar übernahm dann die Wehrmacht auf Anordnung von Reichspräsident Hindenburg auf ihren Mützen und Helmen das Hakenkreuz der NSDAP – ein durchaus vielsagendes Signal.

Ein weiteres Zeichen in diese Richtung wurde am 25. Februar gesetzt. An diesem Tag wurde im Deutschen Reich erstmals der „Heldengedenktag“ begangen, in dessen Rahmen mehr als eine Million Amtswalter der NSDAP auf Hitler vereidigt wurden. Am Tag zuvor hatte Hitler-Stellvertreter Heß ausgeführt: „Wehe dem Volk, das keine Heldenverehrung mehr kennt! Es wird auch einst keine Helden mehr hervorbringen, denn auch der Held entsteht aus der Wesenheit eines Volkes. Ein Volk ohne Helden ist aber ein Volk ohne Führer, denn nur ein heldischer Führer ist ein wahrer Führer.“

Dabei wurden „Helden“ und „Führer“ stets männlich definiert. Das tat auch Propagandaminister Goebbels am 10. Februar in einer in Berlin gehaltenen Rede, in der sich mit geschlechtsspezifischen Zuständigkeiten im öffentlichen Leben auseinandersetzte. Demnach war Politik in seinen Augen eine reine Männerdomäne, während er den Einfluss von Frauen auf den familiären, also rein privaten Schauplätzen sah. Und selbst in diesen bereits stark limitierten Tätigkeitsbereichen gedachte man das Auftreten des weiblichen Geschlechts ohne dessen Zutun zu reglementieren, indem man das Schminken scharf kritisierte. Der Informationsdienst der DAF sah sich daher veranlasst, am 16. Februar darauf hinzuweisen, dass Schönheitspflege von Frauen nicht zwangsläufig „undeutsch“ sei, weil „Anmut und Gepflegtheit“ deren „unbedingt wichtiger Schmuck“ darstellen würden. Allerdings wurde zugleich betont, dass hierzu ausschließlich deutsche Kosmetikprodukte verwendet werden dürften.

Ansonsten wurde weiterhin die „Volksgemeinschaft“ propagiert. Als Beleg für deren Existenz und Förderung galt auch die Tatsache, dass sich am 17. Februar 1.000 Berliner Arbeiter in Urlaubszügen der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ auf den Weg in den Winterurlaub in Oberbayern machten. Zeitgleich warb die Hitlerjugend um „Freistellen“ im Rahmen der „Kinderlandverschickung“, um so sozial schwachen und gesundheitlich beeinträchtigten Großstadtkindern einen kostenlosen Ferienaufenthalt auf dem Land zu ermöglichen.

Das alles galt es durch wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit immer tiefer und fester im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung zu verankern. Hierfür zeichnete in erster Linie Joseph Goebbels zuständig, der am 10. Februar in einer – auch international – viel beachteten Rede erklärte, dass er im Film „eines der modernsten und weitreichendsten Mittel zu Beeinflussung der Masse“ sehe. „Eine Regierung darf deshalb den Film nicht sich selbst überlassen.“ Allerdings, so die Ansicht des Propagandaministers, dürfe man sich dabei „nicht kleinlich oder bürokratisch“ geben, „sondern so großzügig wie möglich“. „Eine Regierung mag die innere Disziplin eines Volkes noch so fest in die Zügel nehmen, sie muss die Zügel umso lockerer lassen, wenn es sich um Dinge künstlerischer oder intuitiver Betätigung handelt.“ Sechs Tage später erließ die Reichsregierung am 16. Februar das Lichtspielgesetz, das eine grundlegende Neuregelung der Filmprüfung und damit auch der Zensur einführte. Das NS-Regime verschaffte sich hierdurch die totale Kontrolle über das Filmwesen in Deutschland. Das Kino sollte bei aller – oberflächlichen – Liberalität und über die reine Unterhaltung hinaus künftig nicht zuletzt dazu dienen, die NS-Ideologie zu vermitteln. Zu deren Bestandteil zählte zunehmend auch die Ideenwelt von Alfred Rosenberg, der am 22. Februar in Berlin eine Grundsatzrede zum Thema „Der Kampf um die Weltanschauung“ hielt, in der er erklärte, dass die „nationalsozialistische Revolution“ unter machtpolitischer Perspektive beendet sei. Die „geistespolitische“ Wende, die er nicht zuletzt mittels des von ihm vertretenen „Neuheidentums“ anstrebte, stehe dagegen erst am Anfang. Um deren Erfolg dauerhaft zu sichern, galt es insbesondere die Jugend entsprechend „auf Linie“ zu bringen. Auf dem Weg zu diesem Ziel tätigte Hans Schemm am 16. Februar in Bayreuth als Sitz des NS-Lehrerbundes den ersten Spatenstich zum Bau des „Hauses der deutschen Erziehung“. Es sollte in den „kommenden Jahrhunderten“ ein „Bollwerk deutscher Erziehung und deutschen Charakters“ darstellen und die Lehrer in die Lage versetzen, von hier aus „die Kraft und die richtigen Gedanken Für ihr Wirken in alle Gaue hinaustragen“.

 

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Am 7. des Monats erklärte Propagandaminister Goebbels auf einer Tagung der Reichskulturkammer, dass es zwar keinen „Arierparagraphen“ in der Kulturkammer gäbe, was aber keinesfalls dazu führen dürfe, dass nunmehr sämtliche aus dem Beamten-, Anwalts-, Ärzte- und Schriftstellerverband ausgeschiedenen Jüdinnen und Juden in den Kulturberufen auftauchen würden. Im Allgemeinen seien Angehörige der jüdischen Bevölkerung „zur Verwaltung deutschen Kulturgutes“ ungeeignet.

Am 15. Februar führte Reichsinnenminister Frick in einer Rede vor dem Diplomatischen Korps aus, dass das Deutsche Reich „niemals an eine zwangsweise Aussiedlung der Juden gedacht“, sondern nichts anderes getan habe, „als auf Grund eines verfassungsmäßigen Gesetzes sein Berufsbeamtentum wieder so hergestellt“ zu haben, „wie es zur Sicherung seines Reiches und seiner Verwaltung nötig erschien“. Aus diesem Grund seien sämtliche Angriffe gegen die entsprechenden deutschen Gesetze und insbesondere gegen die Einführung des sogenannten „Arierparagraphen“ „völlig unbegründet“. Man habe die jüdische Bevölkerung eben nicht brotlos gemacht, sondern einige ihrer Angehörigen lediglich pensioniert. Dagegen hätten sich einzelne Fehlgriffe in der Wirtschaft sowie die Anschauung, dass das Judentum eines Eheteils als Anfechtungsgrund für die Ehe gelten könne, nicht durchgesetzt. Die NS-Rassengesetzgebung stelle eben kein Werturteil über andere Völker dar. Allerdings sei es Wille und stets Bestreben der „nationalsozialistischen Revolution“, „jede Art äußerer und innerer Fremdherrschaft mit legalen Mitteln zu beseitigen“. Damit würde jedoch kein „Fremdrassiger“ zur Auswanderung gezwungen. Ebenso wenig denke das NS-Regime an eine zwangsweise Aussiedlung der jüdischen Bevölkerung.

Zum Monatsende ordnete der Reichswehrminister am 28. Februar an, dass die Bestimmungen des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums auch auf die Wehrmacht anzuwenden seien. Das bedeutete, dass jüdische Soldaten und Offiziere zu entlassen waren und neue nicht mehr aufgenommen werden durften.

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