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Chronik und Quellen
1936
Februar 1936

Februar 1936

Das aus deutscher Sicht populärste Ereignis des Monats dürfte wohl die am 6. Februar durch Adolf Hitler vollzogene Eröffnung der IV. Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen dargestellt haben. Damit nutzte das NS-Regime die Chance, der Welt ein friedliches und vorbildliches Deutschland vorzugaukeln, um so das Misstrauen des Auslands zu zerstreuen. Tatsächlich wurden die gut organisierten Winterspiele mit ihren 755 Teilnehmern aus 28 Ländern nicht zuletzt unter diesem Aspekt zu einem Erfolg.

Auch im Februar wurde aber auch der eindeutige Vorrang der Aufrüstung erneut zementiert, als das preußische Innen- und das Finanzministerium am 7. Februar eine Beschränkung der Gemeindeausgaben zugunsten des Aufbaus der deutschen Wehrmacht verfügten.

Zugleich wurde der Zentralisationsprozess zur Kontrolle der öffentlichen Meinungsbildung fortgesetzt. Das deutsche Propagandaministerium forderte am 20. Februar in einem Runderlass alle Reichsministerien, Berufsorganisationen, Sportverbände und Wirtschaftsunternehmen auf, Einladungen an die Presse künftig nur nach Rücksprache mit den zuständigen Stellen im Propagandaministerium ergehen zu lassen. In dieses Bild passte auch die Mitteilung des Befehlshabers der deutschen Polizei, SS-Gruppenführer Kurt Daluege, vom 14. Februar, dass nahezu alle maßgebenden Stellen bei der Polizei mit NS-Parteigenossen besetzt seien.

Die Konflikte innerhalb der evangelischen Kirche hielten unvermindert an. Deren vom 17. bis zum 22. Februar dauernde vierte Reichsbekenntnissynode endete in Bad Oeynhausen mit einer Spaltung der Bekennenden Kirche (BK). Während sich die evangelisch-lutherischen Landeskirchen sowie einige Bruderräte der BK aus taktischen Erwägungen zu einer Kooperation mit dem von Reichsminister Kerrl gegründeten Reichskirchenausschuss bereit erklärten, lehnt die BK-Gruppe um Pfarrer Martin Niemöller eine solche Zusammenarbeit strikt ab.

 

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Am 4. Februar schürte ein Ereignis in der Schweiz zusätzliche Ängste in der jüdischen Bevölkerung: Wilhelm Gustloff, Leiter der Landesgruppe Schweiz der Auslandsorganisation der NSDAP, wurde von dem jüdischen Studenten David Frankfurter als Protest gegen die Judenverfolgung in Deutschland erschossen. Übergriffe blieben jedoch aus, weil bereits am 5. Februar der Reichsjustizminister die Anweisung erließ, Einzelaktionen gegen die jüdische Bevölkerung im Zusammenhang mit der Ermordung Gustloffs zu verhindern und unbedingt „die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten“. Allerdings wurden einige Strafmaßnahmen verhängt, am 9. Februar etwa ein zeitweiliges Tätigkeitsverbot für den Jüdischen Kulturbund, das aber am 16. März wieder aufgehoben wurde.

Die Zurückhaltung dürfte zum Teil wohl auch den zeitgleich vom 6. bis 16. Februar veranstalteten Olympischen Winterspiele geschuldet gewesen sein. Um deren Verlegung aus Deutschland zu vermeiden, hatte Hitler bereits im Juni 1933 dem Internationalen Olympischen Komitee zugesagt, das NS-Regime werde sich streng an das olympische Reglement halten und auch Jüdinnen und Juden die Beteiligung an den Spielen ermöglichen. Das wurde trotz der „Nürnberger Gesetze“ tatsächlich eingehalten.

Im Alltag dominierte aber weiterhin der Antisemitismus. So wurde ebenfalls am 6. Februar in Württemberg angeordnet, dass jüdische Viehhändler, die einen deutschen Bauern, eine Bäuerin oder deren erwachsene Kinder mit „Du“ anreden würden, wegen „groben Unfugs“ zu bestrafen seien. In Düsseldorf wurde Jüdinnen und Juden am 11. Februar der Zutritt zu städtischen Bädern und öffentlichen Badeanstalten verboten.

Âm 14. Februar wird jüdischen Honorarprofessoren, nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Dozenten an wissenschaftlichen Hochschulen per Erlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung nicht nur ihre Lehrbefugnis entzogen, sondern zugleich auch die Weiterführung ihres Titels untersagt. Gleiches gilt für „Mischlinge“.

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