August 1934
Am 2. August starb Reichspräsident Paul von Hindenburg im Alter von 86 Jahren. Nachdem bereits am Tag zuvor durch das „Gesetz über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches“ bestimmt worden war, dass das Amt des Reichspräsidenten mit Hindenburgs Tod in Personalunion auf Reichskanzler Hitler übergehen würde, übernahm Letztgenannter noch am Todestag das vakante Amt. Ebenfalls noch am gleichen Tag wurde die Wehrmacht auf ihren neuen Oberbefehlshaber vereidigt, wobei jeder Soldat schwören musste, Hitler unbedingten Gehorsam zu leisten und zudem die Bereitschaft erklärte, „jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen“. Am 10. August teilte Reichswehrminister von Blomberg dann per Heeresbefehl mit, dass Hitler von Wehrmachtsangehörigen künftig mit „Mein Führer“ anzusprechen sei.
Am 7. August wurde aus Anlass der Ämtervereinigung eine Amnestie „ohne Rücksicht auf die Art der Straftat“ verkündet, von der Verurteilte mit Strafen bis zu sechs Monaten Haft oder 1.000 RM Geldstrafe und ohne weiteren Vorstrafen profitierten. Diese Maßnahme sollte in erster Linie nationalsozialistisch gesinnte Straftäter reinwaschen, denn als eines der amnestierten Delikte wurden ausdrücklich Straftaten genannt, zu denen sich der Täter „aus Übereifer im Kampf für den nationalsozialistischen Gedanken hat hinreißen lassen“.
Außerdem wurde umgehend eine auf den 19. August datierte neuerliche Volksabstimmung angesetzt, in der die Bevölkerung die neue Machtkumulation – nachträglich - befürworten und damit absegnen sollte. Bei einer Wahlbeteiligung von fast 96 Prozent sprachen sich nach offiziellen Angaben knapp 90 Prozent für die Zusammenlegung der Ämter von Reichskanzler und Reichspräsident aus. Nun war der Weg frei zur Etablierung eines ausgesprochenen Führerkults. Bereits am 22. August wurde ein Gesetz erlassen, wonach alle Beamte auf Hitler zu vereidigen waren. Laut Eidesformel musste nunmehr geschworen werden, „dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam“ zu sein.
Auf der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz nahmen am 26. August nach offiziellen Angaben rund 600.000 Menschen an einer „Treuekundgebung“ des Deutschen Reiches für das Saarland teil. Hauptredner Hitler gab sich wiederum friedensbewegt und bezeichnete die Saarfrage dabei als „einzige Territorialfrage“, die zwischen Frankreich und Deutschland offen sei. Wenn sie gelöst sei, bestehe „kein Grund mehr, dass sich zwei große Nationen ewig weiter befehden“. Am gleichen Tag wurde in Köln die Ausstellung „Deutsche Saar“ eröffnet.
Auch sonst setzte das NS-Regime weiterhin auf massiven Medieneinsatz und damit verknüpfte Propaganda. Als Joseph Goebbels am 17. August in Berlin die Deutsche Funkausstellung eröffnete, hatte er über entsprechende Erfolge zu berichten: „Einer großzügigen Propaganda der nationalsozialistischen Rundfunkorganisationen gelang es, das Interesse am Rundfunk in so breite Volkskreise hineinzutragen, dass manchmal eine geradezu sprunghafte Steigerung der Rundfunkhörerzahl einsetzte. Gegenüber 4.100.000 Hörern am 1. Juli 1932 und 4.300.000 am 1. Januar1933 haben wir heute 5.360.000 Hörer.“ Außerdem, so Goebbels weiter, seien seit der Funkausstellung im Vorjahr mehr als 700.000 der neuen „Volksempfänger“ verkauft worden. Bis zum 1. Oktober sollte die Zahl der Rundfunkteilnehmer – wohl nicht zuletzt aufgrund der Werbung im Umfeld der Funkausstellung – um weitere 133.535 ansteigen.
Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung
Am 16. August untersagte die NSDAP-Parteileitung allen Mitgliedern:
- die Vertretung von Juden vor Gericht gegen Deutsche
- Fürsprache für Juden bei staatlichen und anderen Stellen
- das Ausstellen von Bescheinigungen aller Art für Juden
- die Annahme von jüdischen Geldmitteln für Parteizwecke
- Verkehr mit Juden in der Öffentlichkeit und in Lokalen
- das Tragen von Parteiabzeichen während der Tätigkeit in jüdischen Geschäften.
Zum Monatsende wurde auf Beschluss der Reichstheaterkammer angeordnet, dass „nichtarische“ Artisten sowie in diesem Bereich tätige jüdische Unternehmen und Agenten ihren Beruf nur noch in den vom Berufsbeamtengesetz vorgesehen Ausnahmefällen ausüben dürfen.
Ebenfalls am 31. August wurde in der neuen Prüfungsordnung für Tierärzte festgelegt, dass Bewerber künftig nachweisen müssen, dass sie den - zu diesem Zeitpunkt noch freiwilligen - Reichsarbeitsdienst geleistet haben. Da Juden hierzu nicht zugelassen werden, bleibt ihnen damit zwangsläufig auch der Tierarztberuf verschlossen.