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Chronik und Quellen
1933
April 1933

Boykott gegen jüdische Geschäfte, Anwälte und Ärzte

Am 1. April wurde der seitens der NSDAP wegen angeblicher „antideutscher Gräuelhetze“ von Juden im Ausland am 28. März angeordnete Boykott gegen jüdische Geschäfte, Anwälte und Ärzte durchgeführt. Nachdem bereits am 28. März der „Nationalsozialistische Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand“ unter Adrian von Renteln vorgeprescht war und jüdische Geschäfte in Kiel, im Ruhrgebiet und in einigen Städten Brandenburgs hatte besetzen oder abriegeln lassen, begann am 1. April 1933, einem Samstag, um 10 Uhr – an einigen Orten schon am Abend vorher –dann der eigentlich Boykott. Überall in deutschen Städten standen uniformierte, teils auch bewaffnete SA-, HJ- und Stahlhelm-Posten vor jüdischen Geschäften, Arztpraxen und Anwaltskanzleien und hinderten etwaige Kunden den ganzen Tag lang daran, diese zu betreten. Schilder und Plakate forderten: „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei(m) Juden!“ – „Die Juden sind unser Unglück!“ – „Meidet jüdische Ärzte!“ – „Geht nicht zu jüdischen Rechtsanwälten!“ Andere Uniformierte derselben Gruppen verbreiteten diese Parolen auch mit Sprechchören und Lautsprecherwagen in den Straßen. Organisiert wurde die antisemitische Kampagne vom „Zentral-Komitee zur Abwehr der jüdischen Greuel- und Boykotthetze“ unter dem fränkischen Gauleiter Julius Streicher.

Die Aktion stellte einen ersten Höhepunkt der antijüdischen Maßnahmen des NS-Regimes dar. Jüdische Staats- und Rechtsanwälte sowie Beamte im Strafvollzug mussten um ihre Beurlaubung nachsuchen, jüdische Notare wurden mit einem Betätigungsverbot belegt. Einige Juristen wurden – etwa in Köln – für einige Zeit in „Schutzhaft“ genommen. Obwohl Gewalttätigkeiten ausdrücklich untersagt waren, kam es in der Provinz dennoch zu einzelnen Ausschreitungen.

Damit nahm die NS-Regierung umgehend die seit dem 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 geplante Verdrängung der deutschen Juden aus dem Wirtschaftsleben durch eine reichsweite, gezielt nur gegen sie gerichtete Maßnahme in Angriff. Aber bereits am Abend des 1. April brach die NS-Führung den Boykott ab und ließ ihn – nicht zuletzt auch wegen der Passivität der Bevölkerung - nicht wie zunächst geplant nach drei Tagen fortsetzen, sondern erklärte ihn am 4. April offiziell für beendet.

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