Menü
Chronik und Quellen
1942
April 1942

Mitteilung der Synagogen-Gemeinde Köln über Kennzeichnung von Wohnungen

Jüdische Kultusvereinigung
»Synagogen-Gemeinde Köln e. V.«
Roonstraße 50

Köln, den 7. April 1942

An alle Juden in Köln!

I. Betrifft: Kennzeichnung der Wohnungen.

1. Jüdische Wohnungsinhaber, die zum Tragen des Kennzeichens verpflichtet sind, haben ihre Wohnungen zu kennzeichnen.

2. Die Kennzeichnung der Wohnungen ist durch einen Judenstern in schwar­zem Druck auf weißem Papier vorzunehmen, der gegen Vorlage der poli­zeilichen Anmeldung bei unserer Verwaltung Roonstraße 50, 1. Stock, Zimmer 3, ab heute zwischen 9-13 Uhr erhältlich ist. Eine eigene Herstel­lung der Wohnungskennzeichnung hat zu unterbleiben.

Die Kennzeichnung der Gemeinschaftswohnungen in Müngersdorf und in Heimen wird durch uns veranlaßt. Das Wohnungskennzeichen ist neben dem Namensschild oder in Ermangelung dessen im Türrahmen des Wohnungseingangs von außen sichtbar durch Aufkleben zu befestigen.

3. Die Wohnung ist nur mit einem Judenstern zu kennzeichnen, unbeschadet der Anzahl der darin wohnhaften Juden, die zum Tragen des Kennzeichens verpflichtet sind.

4. Wohnen in einer Wohnung, deren Inhaber nicht zum Tragen des Kenn­zeichens verpflichtet sind, Juden, so haben diese ein besonderes Namensschild. mit vollem Namen am Wohnungseingang und unmittelbar da­neben das Kennzeichen anzubringen.

5. Wohnen in einer Wohnung, deren Inhaber zur Kennzeichnung der Woh­nung verpflichtet ist, Personen, die nicht zum Tragen des Kennzeichens verpflichtet sind, so sind diese berechtigt, am Wohnungseingang ein be­sonderes Namensschild ohne Kennzeichen anzubringen.

6. In den Fällen zu 2, 4 und 5 hat die Anbringung der Namensschilder und Kennzeichen derart zu erfolgen, daß unter Ausschaltung jeden Zweifels klar ersichtlich ist, auf wen sich die Kennzeichnung der Wohnung bezieht.

7. Die Wohnungsbezeichnung hat sofort zu erfolgen und muß bis spätestens 15. 4. 1942 durchgeführt sein.

II. Betrifft: Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb der Wohngemeinde.

1. Juden, die zum Tragen des Kennzeichens verpflichtet sind, istdieBenutzung sämtlicher öffentlicher Verkehrsmittel innerhalb des Bereichs ihrer Wohn­gemeinde ohne schriftliche Erlaubnis der Ortspolizeibehörde mit Wirkung vom 1. 5. 1942 verboten.

2. Die schriftliche Erlaubnis der Ortspolizeibehörde zur Benutzung von Ver­kehrsmitteln wird auf Antrag erteilt

a) Juden im Arbeitseinsatz, wenn zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Wegstrecke von in der Regel mehr als einer Stunde Gehzeit bzw. von mehr als 7 km zurückzulegen ist, kriegsbeschädigten, alten oder sonst körperlich behinderten Personen auch bei geringerer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte,

b) Schulkindern, wenn zwischen Wohnung und Schule eine Wegstrecke von in der Regel mehr als einer Stunde Gehzeit bzw. von mehr als 5 km zurückzulegen ist, kränklichen, schwachen oder gebrechlichen Kindern auch bei geringerer Entfernung zwischen Wohnung und Schule,

c) zugelassenen Krankenbehandlern, Krankenschwestern, Hebammen und Konsulenten.

3. Der Antrag auf Ausstellung der Erlaubnis ist bei der Ortspolizeibehörde zu stellen, und zwar

a) von Juden im Arbeitseinsatz durch Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Arbeitsamtes,
b) für Schulkinder durch Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde,
c) von den zugelassenen Krankenbehandlern, Krankenschwestern, Heb­ammen und Konsulenten durch Vorlage ihrer Zulassungsurkunden.

4. Diese Anträge sind nur auf einem Formblatt zu stellen, das bei unserer Verwaltung Roonstraße 50,1. Stock, Zimmer 3, ab Freitag, den 10. 4.1942, zwischen 9-13 Uhr erhältlich ist.

5. Anträge auf Ausstellung der Bescheinigung des Arbeitsamts bzw. der Schulaufsichtsbehörde sowie Anträge auf Ausstellung der Erlaubnis zur Benutzung von Verkehrsmitteln bei der Ortspolizeibehörde sind in der Zeit vom 20. bis 30. 4. 1942 zu stellen, und zwar nach dem Anfangsbuch­staben des Namens der Antragsteller an folgenden Tagen:

A-F am 20. und 21. 4. 1942
G-K am 22. und 23. 4. 1942
L-R am 24. und 25. 4. 1942
S-Z am 27. und 28. 4. 1942

6. a) Die Erlaubnis der Ortspolizeibehörde wird auf einem gelben Vordruck in Postkartengröße, gültig für die Dauer eines Jahres, erteilt.

b) Der Erlaubnisschein ist bei jeder Benutzung eines Verkehrsmittels zu­sammen mit einem amtlichen Lichtbildausweis (z. B. Kennkarte) bei sich zu führen und auf Verlangen vorzuzeigen.

c) Der Erlaubnisschein ist zurückzugeben, wenn die Voraussetzungen für seine Ausstellung nicht mehr vorliegen oder sich verändern, insbeson­dere bei einem Wechsel der Wohnung oder der Arbeitsstätte, jedenfalls aber nach Ablauf der Gültigkeitsdauer.

Zuwiderhandlungen gegen die Anordnungen zu I und II werden mit staatspolizeilichem Maßnahmen geahndet.

III. Betrifft: Beschlagnahme, Verfallerklärung und Einbeziehung von Vermögen.

Es wird darauf hingewiesen, daß nach § 7 Abs. 1 der 11. Verordnung alle Personen, die eine zu dem verfallenen Vermögen gehörige Sache im Besitz haben oder zu der Vermögensmasse etwas schuldig sind, den Besitz der Sache oder das Bestehen der Schuld dem Herrn Oberfinanzpräsidenten Berlin in­nerhalb von sechs Monaten nach Eintritt des Vermögensverfalls anzuzeigen haben. Diese Frist läuft infolge der Veröffentlichung im Reichsgesetzblatt vom 26. 11. 1941 bis zum 26. 5. 1942.

Es wird ersucht, die Anzeigepflicht rechtzeitig zu erfüllen. Wer der Anzeigepflicht vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, wird nach § 7 der 11. Ver­ordnung zum Reichsbürgergesetz mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.

IV. Betrifft: Fahrräder.

Es wird an die ergangenen Anordnungen gemäß unserem Rundschreiben vom 17. November 1941 erinnert und nachdrücklichst nochmals darauf hingewiesen, daß die Benutzung von Fahrrädern für Juden verboten ist, soweit nicht die Genehmigung zur Benutzung durch die Geheime Staatspolizei erteilt worden war.

Dr. Julius Israel Bier
Vorsitzender

Baum wird geladen...