Mitteilung der Synagogen-Gemeinde Köln über Wohnungsräumungen
Jüdische Kultusvereinigung
»Synagogen-Gemeinde Köln e. V.«
Abteilung Wohnungsberatung
Köln, den 12. Mai 1941
An alle Juden in Köln!
Durch unser Rundschreiben vom 3. d. M. war bereits bekanntgegeben, daß außer sämtlichen arischen Häusern auch eine Anzahl jüdischer Häuser geräumt werden muß.
Die Anweisung der Behörde ist nunmehr ergangen.
Sämtliche jüdischen Häuser auf der rechten Rheinseite (Deutz, Kalk und Mülheim pp.) sowie sämtliche jüdischen Häuser der südlichen und westlichen Vororte (Bayenthal, Marienburg, Zollstock, Klettenberg, Sülz, Lindenthal, Braunsfeld und Müngersdorf) müssen geräumt werden, so daß sich die Unterbringung der Juden auf die jüdischen Häuser der Alt- und Neustadt und der nördlichen Vororte (Ehrenfeld, Nippes pp.) beschränkt.
Die Behörde fordert weiter, daß die Räumung sowohl der arischen als auch der vorbenannten jüdischen Häuser, ohne Rücksicht auf die bestehenden Kündigungsfristen und Verträge,
bis zum 1. Juni durchgeführt werden muß.
Wir bitten Sie, Ihrem Vermieter von dieser Sachlage sofort Kenntnis zu geben, und uns Mitteilung zu machen, falls Sie Schwierigkeiten haben.
Diese Anordnung erfordert eine noch schärfere Zusammenlegung der Juden, als sie bisher beabsichtigt war.
Es muß nunmehr davon ausgegangen werden, daß grundsätzlich jeder Familie nur ein Raum zusteht, und daß Einzelpersonen in größerer Zahl - je nach Größe des Raumes - untergebracht werden.
Aus dieser Sachlage ergibt sich folgendes:
1. Sämtliche Anträge sowie die städtischen Einweisungsbescheide sind hinfällig geworden, soweit nicht der Umzug bereits stattgefunden hat.
2. Wir werden jedem, der durch die neue Regelung betroffen wird, im Laufe der nächsten 14 Tage einen Bescheid darüber zukommen lassen, welcher Wohnraum ihm zugeteilt ist. Die Eigentümer jüdischer Häuser bzw. Vermieter jüdischer Wohnungen erhalten Abschrift von dieser Einweisungsmitteilung.
Es wird besonders darauf hingewiesen, daß ohne unsere Einweisung kein Umzug stattfinden darf. Zuwiderhandlungen müssen zur Meldung gebracht werden.
3. Angesichts des außerordentlich knappen zur Verfügung stehenden Raumes darf keiner - auch nicht der Hauseigentümer oder der in der bisherigen Wohnung verbleibende Mieter - mehr Mobiliar behalten, als er in dem ihm künftig zustehenden Raum ordnungsgemäß unterzubringen vermag.
(Bei Meinungsverschiedenheiten ist der Abteilung Wohnungsberatung sofort schriftlich Kenntnis zu geben.)
Alle Möbelstücke, die nicht untergebracht werden können, dürfen
auf Anordnung der Behörde nicht verkauft werden, sondern müssen unter Aufsicht eingelagert werden, damit eine Verschleuderung vermieden wird.
Die Gegenstände sollen nach und nach zugunsten des Eigentümers veräußert werden. Preisfestsetzung erfolgt durch einen behördlich bestellten Taxator.
4. Zur Vorbereitung der umfangreichen Neuordnung finden Sprechstunden der Abteilung Wohnungsberatung bis auf weiteres nicht statt.
Wir sind verpflichtet, alle Personen, die sich den von uns zu treffenden Anordnungen nicht fügen, der Staatspolizeistelle zu melden - hoffen und erwarten aber, daß jeder einzelne soviel Verantwortungsgefühl und Disziplin beweisen wird, daß zu solcher Meldung keine Veranlassung entsteht.
Dr. Albert Israel Kramer Siegfried Israel Bernhard
Vorsitzender Leiter der Wohnungsberatung