Erlass zur Beschränkung des Besuches der höheren Schulen
„Durch den Erlaß des Gesetzes gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen vom 25. April 1933 hat die Reichsregierung zum Ausdruck gebracht, wie notwendig es ist, rechtzeitig den Zugang zur höheren Schule und zum Studium so zu begrenzen, daß dem gegenwärtigen Überangebot an akademischen Kräften, das zu einer weltgreifenden Notlage geführt hat, wirksam begegnet wird. Es hat dann auch die allgemeine Einsicht in die Notwendigkeit weitgehender Beschränkung des Zugangs zu den durch den Besuch der höheren und mittleren Schulen eröffneten Berufen bereits dazu geführt, daß die Zahl der Neuanmeldungen zu diesen Anstalten in den letzten zwei Jahren erheblich gesunken Ist. Die mir vorliegenden Berichte rechtfertigen die Annahme, daß zum bevorstehenden Beginn des neuen Schuljahres mit einer weiteren Abnahme der Neuanmeldungen zur Sexta der höheren Schulen zu rechnen Ist. In der Erwartung, daß diese Entwicklung anhält, nehme ich für das bevorstehende Schuljahr davon Abstand, besondere zahlenmäßige Beschränkungen für die einzelnen Anstalten oder Aufsichtsbezirke von mir aus vorzuschreiben. Ich glaube dieses umso eher tun zu können, als ich darauf vertraue, daß die Anstaltsleiter sich ihrer Verpflichtung bewußt sind, durch ausreichende Anforderungen die gebotene Auslese unter den Anmeldungen vorzunehmen.
Die für die vom Staate unterhaltenen und vom Staate verwalteten Schulen in meinem Erlaß U Ill 300.1. vom 25. Februar 1931 (Zentrbl. S.84) getroffenen Anordnungen über die Beschränkung der Klassenzahlen werden durch diesen Erlaß nicht berührt. Gleichzeitig mache ich darauf aufmerksam, daß die zur Ausführung des Reichsgesetzes gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen ergangenen Erlasse betreffend die Aufnahme von Nichtariern In höhere und mittlere Schulen (U II G 969 U II C. 1. vom 8. Mal 1933 [Zentrbl. S. 138], U II G 1416 U II C vom 15. Juni 1933 und U II G 1572 U II C vom 28. Juli 1933) selbstverständlich auch fernerhin, und zwar sowohl für öffentliche wie für private Anstalten, in Geltung bleiben. Zur weiteren Durchführung des genannten Gesetzes bestimme Ich sodann, daß auch bei der Neuaufnahme von Nichtariern, die den Beschränkungen des Gesetzes vom 25. April 1933 unterworfen sind, die Abstammung angemessene Berücksichtigung zu finden hat. Unter den Anmeldungen ist, soweit die hinreichende Begabung für einen erfolgreichen Besuch einer höheren oder mittleren Lehranstalt anzuerkennen Ist, den Nichtariern mit nachgewiesenem arischen Bluteinschlag der Vorzug vor reinen Nichtariern und den Kindern aus seit längerer Zeit In Deutschland angesessenen Familien der Vorzug vor den Kindern erst seit kürzerer Zelt, Insbesondere seit 1914, eingewanderter nichtarischer Familien zu geben. Ich gebe der Erwartung Ausdruck, daß die Anstaltsleiter in sachgemäßer Anwendung der hiermit gegebenen Richtlinie dafür Sorge tragen, daß von den Anmeldungen der unter die Beschränkung des Gesetzes fallenden Nichtarier In erster Linie diejenigen Berücksichtigung finden, denen vom Standpunkte einer Im nationalsozialistischen Geiste geführten Gemeinschaftserziehung die verhältnismäßig geringsten Bedenken entgegenstehen. Dabei Ist darauf zu achten, daß dort, wo die Zahl der angemeldeten aufnahmereifen Schüler größer als die Zahl der verfügbaren Plötze Ist, Kinder arischer Abstammung auf keinen Fall hinter solchen nichtarischer Abstammung zurückgesetzt werden. Zum Besuche der höheren oder mittleren Lehranstalt geeignete Kinder arischer Abstammung verdienen vielmehr den Vorzug bei der Aufnahme, selbst wenn dann die Zahl der zur Aufnahme kommenden Nichtarier hinter der Verhältniszahl Zurückbleiben sollte.
Neuaufnahmen an höheren und mittleren Lehranstalten, die ihrer besonderen Zweckbestimmung nach gerade für den Besuch der jüdischen Schüler (Schülerinnen) bestimmt sind, dürfen In diesem Jahre, gleich ob es sich um öffentliche oder private Lehranstalten handelt, nicht erfolgen.
Berlin, den 4. April 1934
Der Minister für Wissenschaft, Kunst u. Volksbildung.
U II G 3073.1. U II C, U II J.“