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Chronik und Quellen
1937
September 1937

Der Regierungspräsident berichtet aus Speyer

Der Regierungspräsident der Pfalz erstattet am 8. Oktober 1937 folgenden Bericht für September 1937:

Allgemeines (…)

Die Verbundenheit der Bevölkerung mit der Wehrmacht kam in einer überaus herzlichen Aufnahme der Truppen anläßlich der Herbstmanöver des XII. AK. sichtbar zum Ausdruck. Die Bevölkerung nahm auch lebhaften Anteil an dem Verlauf der Manöver. [...] Leider haben verständnislose Elemente aus ihrer unfreundlichen Einstellung gegenüber der Wehrmacht kein Hehl gemacht und dies in der Ablehnung der Verpflegung, in mangelnder oder nachlässiger Quartiergebung, teils auch in unwilligen Äußerungen zum Ausdruck gebracht; indes handelt es sich überall um betrübliche Einzelfälle, die keinen Schluß auf die Allgemeinheit zulassen. So äußerte der nicht gut beleumundete Kaufmann Weber in Trippstadt (Bez. Amt Kaiserslautern) den Quartiermachern gegenüber: ''Die Juden hat man hinausgejagt, jetzt kommt ihr, ihr seid schlimmer als die Juden.'' Weber wurde sofort verhaftet. (…)

 

Juden

Die Jüdin Lilli Marx, geb. Kahn, von Albensweiler (Bez. Amt Bergzabern) ist mit ihrem 22 Jahre alten Sohn nach New York ausgewandert. Ferner verließen der Jude Aron in Glanzmünchweiler (Bez. Amt Waldmohr) mit seiner Familie das Reichsgebiet.

In Ludwigshafen a. Rhein wurde eine Versammlung des Synagogenrats der israelitischen Kirche überwacht, ohne daß sich Beanstandungen ergaben. In Kaiserslautern sprach auf einer Versammlung der zionistischen Ortsgruppe ein Redner über die Aussichten der Auswanderung nach Palästina .

Daß viele deutsche Bauern und Landwirte sich noch lange nicht von Juden zu trennen vermögen, beweist ein Vorfall im Amtsbezirk Waldmohr. Dort kaufte zwischen Altenkirchen und Frohnhofen ein Landwirt ein Stück Vieh vom Wagen eines jüdischen Viehhändlers herab. Die Art der Übergabe war gewählt worden, damit der Geschäftsabschluß nicht bekannt werden solle.

Dem jüdischen Professor Joseph Koburger in Ludwigshafen a. Rhein wurde am 22.9. ein Brief in seinen Hausbriefkasten eingeworfen, in dem er aufgefordert war am 23.9. einen Geldbetrag von 5.400 RM zu einer gewissen Zeit an einen gewissen Ort zu hinterlegen. Die fragliche Stelle wurde überwacht; als Täter wurde der Staatsbankinspektor Schlosser von Ludwigshafen a. Rhein ermittelt, der angab, durch diese Tat seine politische Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt haben zu wollen. Gegen Schlosser, der in geordneten Verhältnissen lebt, ist Anzeige erstattet.

Eine Nachschau der Gendarmerie in Rülzheim im Hause des jüdischen Viehhändlers Adolf Haas nach etwa vorhandenen arischen Hauspersonal verlief zwar ergebnislos; dagegen wurde festgestellt, daß viele arische Personen dem Juden anläßlich der Vorstellung seine Sohnes beschenkt hatten, darunter auch der Postoberschaffner Peter Kupper und der Kinobesitzer Hengen.

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