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Chronik und Quellen
1937
August 1937

Bericht des SD-Hauptamtes II 112

Am 17. August 1937 gibt das SD-Hauptamt II 112 in Berlin folgenden „Lagebericht“ für den Zeitraum vom 1. bis 15. August 1937 ab:

Auf dem während der Berichtszeit in Zürich stattgefundenen XX. Zionistenkongreß wurde mit 300 Stimmen gegen 158 Nein-Stimmen die Zustimmung zum Prinzip der Teilung Palästinas in einen jüdischen und in einen arabischen Staat in Form eines Ermächtigungsbeschlusses gegeben. Nach Annahme diese Ermächtigungsbeschlusses wird zunächst der Völkerbundsrat den Bericht der Mandatskommission entgegenzunehmen haben. Der Völkerbundsrat wird sodann der britischen Regierung mitteilen, daß die Frage der Aufhebung des Palästina-Mandates behandelt werden kann, nachdem die britische Regierung einen genau ausgearbeiteten Plan über die Errichtung eines arabischen und eines jüdischen Staates und über die Art der Verwaltung des ständigen Mandatsgebietes vorgelegt haben wird. Dieser Plan wird, soweit es sich um jüdische Belange handelt, auf einem in den nächsten Monaten einzuberufenen neuen Zionistenkongreß festgelegt werden. Weiterhin sind Verhandlungen zwischen England und der ''Jewish Agency '' und zwischen England und den Vertretern der Araber vorgesehen, in welchen die Festsetzung der Grenzen zwischen den einzelnen Territorien Palästinas beschlossen wird. Der weitere jüdische Plan ist es, dem neu zu gründenden Judenstaat die Mitgliedschaft im Völkerbund zu sichern, um dann unter dem Schlagwort eines angeblichen Minderheitenschutzes die Interessen der Juden in allen Ländern wahrnehmen zu können.

Diese Ereignisse sind der Gegenstand seitenlanger Erörterungen der gesamten jüdischen Presse des In- und Auslandes. Sie bilden das Thema, welches das gesamte Interesse der Juden in Anspruch nahm.

Wenngleich der XX. Zionistenkongreß die gesamte jüdisch-politische Arbeit in Deutschland während der Berichtszeit zurückstellen ließ, wurde am 15. dieses Monats trotzdem der Präsident der ''Reichsvertretung der Juden in Deutschland '', Dr. Leo Baeck , im Gestapa vorgeladen und ihm eröffnet, daß mit der sofortigen Aufstellung von Sonderdezernaten für jüdische Jugendumschulung, einer jüdischen Jugendauswanderungsstelle, und einer Bearbeitungsstelle für die Auswanderung von aus dem Konzentrationslager entlassenen jüdischen Häftlingen innerhalb der ''Reichsvertretung der Juden in Deutschland'' begonnen werden muß.

Der bisherige stellvertretende Vorsitzende der Berliner jüdischen Gemeinde , Georg Kareski , Leiter der ''Staatszionistischen Vereinigung für Deutschland'', mußte auf Grund einer erfolgreichen Wühlarbeit assimilatorischer Kreise, vornehmlich des CV (Jüdischer Centralverein), seine Stelle niederlegen. Es ist dies gleichzeitig wieder ein Beweis für die zwar getarnte, aber verstärkte Tätigkeit jener Kreise der in Deutschland lebenden Juden, die den Auswanderungsbestrebungen des Staates bewußt entgegenarbeiteten. Diese verstärkte assimilatorische Einflußnahme auf innerjüdische Angelegenheiten geht Hand in Hand mit einer verstärkten Propaganda des ''Jüdischen Centralvereins'', der seine ''CV-Zeitung '' unter den Gestehungskosten [sic] vertreibt.

Die verstärkte Propaganda des internationalen Judentums bzgl. der Vortragung ihres Angriffes gegen seine Gegner über den Katholizismus und Protestantismus fand bereits seinen ersten offensichtlichen Niederschlag in einem Bericht des in Danzig sitzenden Rabbiners Dr. Grün, in dem er die Juden, Katholiken und Protestanten aufforderte, eng zusammenzuarbeiten. Es tritt in diesem Bericht ganz klar zutage, daß es diesmal die Synagogen sein werden, die diesen Angriff leitend zu führen haben.

Auf Grund der vom Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda aufgestellten grundsätzlichen Richtlinien für das jüdische Pressewesen in Deutschland ist es möglich, jetzt hier jederzeit eine genaue Kontrolle durchführen zu können. Alle Personen und Unternehmen des jüdischen Pressewesens im deutschen Reichsgebiet werden demnach vom Sonderbeauftragten des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda, Reichskulturwalter Hinkel , erfaßt. Die in den Verlagen und Unternehmen der jüdischen Presse tätigen jüdischen Personen werden in amtliche Listen eingetragen und erhalten durch Bescheinigung oder Ausweis die Zulassungsgenehmigung. Juden ohne solche Bescheinigung dürfen nach dem 1. Oktober 1937 im jüdischen Pressewesen nicht mehr tätig sein.

Wenngleich die ''Arisierungsbestrebungen'' im gesamten Reichsgebiet zur lebhaften Genugtuung der breiten Öffentlichkeit nach wie vor anhalten und noch nicht nachgelassen haben, so ist trotzdem der jüdische Einfluß auf das Wirtschaftsleben gleichbleibend groß. Hier ist allerdings auch die mangelnde Aufklärung seitens der Dienststellen der Partei und des Staates zum großen Teil Schuld. So ließen sich die im Gebiet des Oberabschnitt Südwest sitzenden jüdischen Viehhändler A. und M. Salm von einer ganzen Anzahl Bauern Bescheinigungen ausstellen, in denen diese Bauern den Juden versicherten, daß sie mit ihnen stets in angenehmster geschäftlicher Verbindung standen und von ihnen immer gut bedient wurden. Mit solchen Empfehlungen versehen tätigen diese Juden weiterhin mit der bäuerlichen Bevölkerung Viehhandelsgeschäfte in großem Ausmaße. Aus Baden wird gemeldet, daß dort die Stärke der Juden im Handel mit der bäuerlichen Bevölkerung zu suchen ist. Bei der Verhaftung eines einzigen jüdischen Viehhändlers in Müllheim konnte festgestellt werden, daß er mit 184 deutschen Volksgenossen aus dem Amtsbezirk Müllheim in engster geschäftlicher Verbindung stand. Ein Mitglied des Reichsnährstandes geht sogar soweit, den Sohn eines jüdischen Viehhändlers als Volontär in seinem landwirtschaftlichen Betrieb zu beschäftigen.

In Saarlautern konnte anläßlich eine Revision von Kundenlisten eines jüdischen Kaufhauses festgestellt werden, daß 21 Parteigenossen und 20 Beamte bei diesem jüdischen Unternehmen gekauft haben. Solche Vorkommnisse sind bezeichnend für die Lage in einem großen Teil des Reichsgebietes und tragen dazu bei, den jüdischen Einfluß zu stärken.

Die Hetzpropaganda des internationalen Judentums im Ausland gegen Deutschland geht nach wie vor weiter. Die Pariser Geschäftsstelle des im Vorjahr abgehaltenen jüdischen Weltkongresses teilt in einer Denkschrift, die sich speziell zur Lage der Juden in Deutschland und Polen befaßt, mit, daß jetzt endlich die Basis, die einen vernünftigen Abwehrkampf gegen den Antisemitismus ermöglicht, geschaffen werden konnte. Es ist dies die auf dem ''Jüdischen Weltkongreß'' gefaßte und jetzt in die Tat umgesetzte Resolution, derzufolge die Juden in aller Welt aufgefordert werden, ein Zentralbüro zum Kampf gegen den Antisemitismus zu gründen.

Die anläßlich des Prozesses gegen den Mörder an den Landesgruppenleiter der NSDAP in der Schweiz, Pg . Gustloff , gewonnene Erkenntnis, daß das Judentum eine alsbaldige Begnadigung des Mörders Frankfurter vorbereiten wird, nimmt jetzt insofern konkrete Formen an, als das ''Jüdische Komitee zur Rettung Frankfurters'' im Auftrage der ''Weltliga zur Abwehr des Antisemitismus'' eine neue Hetzschrift ''L'Affaire Frankfurter'' herausgab, in der versucht wird, das Urteil anzugreifen, Mitleid für den Mörder zu erwecken und sein Begnadigung vorzubereiten. Sie versucht ferner die deutschen Argumente in der Hintermännerfrage abzuschwächen.

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