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Chronik und Quellen
1937
Juli 1937

Die Gestapo berichtet aus München

Die Gestapoleitstelle München erstattet am 7. August 1937 folgenden Bericht für Juli 1937:

Inlandspresse (…)

In Nummer 25 v. 25.6.37 der Zeitschrift ''Amtl. Wohnungsanzeiger'' München konnte festgestellt werden, daß die Schriftleitung dieser Zeitschrift auch heute noch jüdische Anzeigen aufnimmt. In dieser Ausgabe war nachstehendes Inserat der jüdischen Fa. Wallach veröffentlicht: ''Wallachstoffe ... Wallachdecken machen ihr Heim behaglich. - Wallach an der Hauptpost. -''

Die angestellten Erhebungen dauern noch an.

Dem verh. Verleger und Hauptschriftleiter der Tageszeitung ''Marktredwitzer Tagblatt'' - Clemens Dehne, geb. 20.9.74 Hainichen wurde durch Beschluß v. 16.2.37 des Gaugerichtes Bayerische Ostmark der NDSAP eine Verwarnung, die die gleichzeitige Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung eines Parteiamtes auf die Dauer von 1 Jahr erteilt.

Der Verleger Dehne veranstaltete im Mai 1936 ein Preisausschreiben und veröffentlichte dies in seiner Zeitung. Dabei nannte er unter anderem als 4. Preis die Werke des Juden Heinrich Heine, als Trostpreis ''Das Volksbuch Adolf Hitler''. (…)

 

Judentum

Die Lage des Judentums hat sich im Berichtsmonat nicht verändert.

Der von der englischen Palästina-Kommission herausgegebene Teilungsplan hat in jüdischen, insbesondere in staatszionistischen Kreisen scharfe Ablehnung gefunden. Man macht geltend, daß der Plan in keiner Weise den Wünschen und Hoffnungen der jüdischen Welt entspreche und hofft, daß der Plan nicht zur Durchführung gelangt.

Durch einen Erlaß des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 24.7.37 wurden endlich Richtlinien über die Aufnahme von Juden in Heilbädern herausgegeben. Danach sind jüdischen Kurgästen in Heilbädern, in denen die Möglichkeit besteht, sie getrennt von den übrigen Kurgästen in jüdischen Kuranstalten, Hotels, Pensionen oder Fremdenheimen unterzubringen, zuzulassen. Voraussetzung dabei ist jedoch, daß in diesen Betrieben deutschblütiges weibliches Personal unter 45 Jahren nicht beschäftigt werden.

In der Nacht vom 29. auf 30.6.37 wurde, wie die Gend.- Station Rieneck berichtet, die Zugangstüre der in Rieneck befindlichen Judensynagoge mit Gewalt eingedrückt. Im Innern der Synagoge wurde ein Wandschrank, in dem sich die 6 sogenannten Gesetztafeln befanden, aufgerissen, diese herausgenommen und auf den Fußboden geworfen. Bezüglich der Täterschaft haben die Erhebungen zu keinem Ergebnis bisher geführt.

 

Wirtschaft (…)

In mehreren Regierungsbezirken wurden Erhebungen durchgeführt mit dem Ziele, festzustellen, welche Bauern noch Handelsgeschäfte mit jüdischen Händlern, insbesondere Viehhändlern , durchführen. Diese Erhebungen führten zu erschreckenden Feststellungen. Sie zeigten, daß noch ein großer Prozentsatz der Bauern mit Juden Geschäften betreibt. So konnte u.a. festgestellt werden, daß allen im Regierungsbezirk Schwaben-Neuburg noch über 1.500 Bauern in den Jahren 1936/37 mit jüdischen Viehhändlern in Geschäftsverbindung gestanden haben.

Als Ursache dieser Mißstände wird angegeben, daß auf dem Lande ein Mangel an verläßigen, kapitalkräftigen, arischen Viehhändlern bestände, sodaß die Bauern gezwungen seien, ihre Viehhandelsgeschäfte mit Juden abzuschließen. So liege z.B. der Viehhandel auf dem Markte in Nördlingen zu 80-90% in jüdischen Händen. Dies ist nur z.T. richtig, denn infolge der einigenden Bestimmungen des Reichs- und Preußischen Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft kann die Geheime Staatspolizei nichts dazu tun, diesem Übel zu steuern. Die tiefere Ursache liegt jedoch in der Einstellung der Bauern, die jegliches Rassenbewußtsein vermissen läßt. Die Erhebungen, die noch nicht abgeschlossen sind, zeigen jetzt schon, daß gerade in den Gegenden, wo nach wie vor der politische Katholizismus seine Herrschaft ausübt, die Bauern von den Lehren des streitbaren, politischen Katholizismus so infiziert sind, daß sie gegen jede Erörterung des Rasseproblems taub sind. Dieser Umstand zeigt weiterhin, daß der Großteil der Bauern gegenüber weltanschaulichen Lehren des Nationalsozialismus vollständig unempfänglich sind, und daß sie nur durch materielle Nachteile dazu gezwungen werden können, mit arischen Händlern in Geschäftsverbindung zu treten. Es wurden deshalb dem Reichsnährstand, Landesbauernschaft Bayern, alle Bauern gemeldet, von denen bekannt ist, daß sie bei Juden einkaufen, damit ihnen alle Begünstigungen des Reichsnährstandes entzogen werden.

Im Berichtsmonat kamen etwa 1.500 Anträge zur Ausstellung von Gewerbeberechtigungsscheinen zur Nachprüfung der politischen Zuverlässigkeit der Antragssteller in Einlauf. Bei 10 Antragsstellern wurden gegen die Ausstellung Bedenken erhoben. Darunter befanden sich acht jüdische Antragssteller, die durch ihre frühere Zugehörigkeit zur SPD oder KPD oder durch eine neuerliche staatsfeindliche Handlung bewiesen haben, daß sie die für das Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen. [...] Ein jüdischer Antragssteller, der beim Städt. Gewerbeamt München die Ausstellung einer Gewerbelegitimationskarte beantragt hatte, war im Bayerischen Polizeiblatt zur Festnahme ausgeschrieben. Die Festnahme konnte veranlaßt werden.

 

Emigranten (…)

Über das Grenzkommissariat Salzburg sind im Monat Juni ungefähr 300 Juden zwecks Auswanderung nach Palästina ausgereist.

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