Der Regierungspräsident berichtet aus Speyer
Der Regierungspräsident der Pfalz erstattet am 7. April 1937 folgenden Bericht für März 1937:
Juden und Freimaurer
Die Berichte der Außenbehörden enthalten nahezu keine Aufzeichnungen über Juden. Die Kopfstärke der jüdischen Bevölkerung ist durch Auswanderungen im stetigen Abnehmen begriffen. Die Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung in Zweibrücken hielt am 16.3.3 in ihrem Heim eine Versammlung ab, in der über die in Mannheim stattgefundene Tagung der süddeutschen Zionisten Bericht erstattet wurde. Es dürfte sich um einen Abschiedsabend für den bisherigen Vorsitzenden Langerichtsrat i.R. Lyon gehandelt haben, der nach Frankfurt a.M. übersiedelt. Beanstandungen haben sich nicht ergeben.
Der [...] geborene Jude [N.N.a] aus Albersweiler (Bezirksamt Bergzabern) wurde am 9.3. von der Großen Strafkammer des Landgerichts Landau i.d.Pf. wegen fortgesetzten Verbrechens nach dem Blutschutzgesetz zu einer Zuchthausstrafe von 2 Jahren und drei Monaten verurteilt.
Gleichfalls wegen Rassenschande und wegen verleumderischer Äußerungen über den Fall Gustloff wurde der Jude [N.N.b] in Höheinöd (Bezirksamt Pirmasens) verhaftet.
Der jüdische Viehhändler Robert Feibelmann in Rülzheim (Bezirksamt Landau i.d.Pf), der als Mittäter in größere Kapitalschiebungen verwickelt war, ist mit seiner Familie ins Ausland geflüchtet. Hinterzogene Steuerbeträge konnten sichergestellt werden.
Der mit seinem Schwiegervater [N.N.c] in Höheinöd (Bezirksamt Pirmasens) schon längere Zeit verfeindete Jude [N.N.d] aus Dreisen (Bezirksamt Kirchheimbolanden), der aus dem Haushalt seines Schwiegervaters schon mehrmals verschiedene Gegenstände mitgenommen hatte, die dem Bestohlenen durch staatliche Hilfe wieder verschafft werden mußten, hat während der Anwesenheit seines in eine Gerichtsverhandlung wegen Verstoßes gegen das Heimtückegesetz verwickelten Schwiegervaters aus dessen Wohnung Gegenstände im Wert von 300 RM entwendet und mußte wegen Diebstahls in das Amtsgerichtsgefängnis Waldfischbach eingeliefert werden.
Der Jude Chaskel Wolf in Pirmasens hatte im November vorigen Jahres Lederabfälle gekauft und veräußerte sie ungeachtet bestehender Preisvorschriften in Pirmasens mit einem Gewinn von 100% weiter. Er wurde festgenommen und in das Amtsgefängnis eingeliefert.
Der [...] geborene verheiratete Jude [N.N.e] aus Wallhalben (Bezirksamt Zweibrücken) wurde wegen eines seit 3 Jahren mit einer verheirateten Arierin unterhaltenen ehebrecherischen Verhältnisses von der Großen Strafkammer des Landgerichtes Zweibrücken zu einer Zuchthausstrafe von 3 Jahren und fünfjährigem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt.
Der jüdische Viehhändler Sigmund Josefs, der an einige Geschäftsleute in Dahn (Bezirksamt Bergzabern) noch Beträge schuldete, vertröstete diese darauf, daß der Erwerber seines Hauses die fraglichen Beträge entrichten werde. Der Käufer des Josefschen Hauses bestritt auf Befragen jede Verpflichtung, worauf Josefs in Köln auf Veranlassung der Gläubiger bis zur Bezahlung seiner Verbindlichkeit polizeilich festgehalten wurde.
In der Paßangelegenheit des Juden Kurt Engel in Ludwigshafen a.Rh. über die im Februarbericht Näheres enthalten war, hat das Polnische Generalkonsulat in Frankfurt a.M. Vorstellungen erhoben. Es ist dies der zweite Fall, in dem diese Stelle im Berichtsmonat für ihre jüdischen Staatsangehörigen eingetreten ist.