Der Regierungspräsident berichtet aus München
Der Regierungspräsident von Oberbayern erstattet am 9. Oktober 1935 aus München folgenden Lagebericht für August und September 1935:
Am 13.8.35 fand auf dem Notariat Aichach eine Zwangsversteigerung statt, zu der auch ein Jude aus Ulm erschienen war, der wegen einer beträchtlichen Forderung aus Warenlieferungen sich an der Versteigerung beteiligte. Sobald dies bekannt wurde, entstand eine Ansammlung vor dem Notariat. Einige SS Leute begaben sich in das Versteigerungslokal und veranlaßten den Notar die Versteigerung vorübergehend einzustellen. Der Jude mußte sein Angebot zurücknehmen und das Lokal verlassen. Bei der Versteigerung ging der Grundbesitz in das Eigentum der 6 minderjährigen Kinder des bisherigen Eigentümers über. Der Jude wurde mit seinem Auto unter dem persönlichen Schutze eines SS Mannes über die Stadtgrenze zurückgebracht. Ein diesen Sachverhalt schildernder Zeitungsartikel des ''Aichacher Kurier'' erregte den Unwillen der Bevölkerung, sodaß der Redakteur und die verantwortlichen Schriftleiter in Schutzhaft genommen werden mußten.