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Chronik und Quellen
1935
September 1935

Die Gestapo berichtet aus Aurich

Die Gestapo des Regierungsbezirks Aurich erstattet am 2. Oktober 1935 folgenden Bericht über den 5. September aus Wilhelmshaven:

Am 5. September d. Js. wurde dem landrätlichen Hilfsbeamten auf Borkum gemeldet, daß der jüdische Geschäftsreisende Arthur Pfifferling aus Eisenach seit dem 3.9.35 auf Borkum weile, um dort Geschäfte abzuschließen. Mit Rücksicht darauf, daß von der einheimischen Bevölkerung, die von der Anwesenheit des Juden Kenntnis bekommen hatte, eine Kundgebung gegen den Juden beabsichtigt war, wurde er von dem landrätlichen Hilfsbeamten aufgefordert, Borkum auf schnellstem Wege zu verlassen und sich bis zur Abfahrt auf seiner Stube im Hotel ''Inselhalle'' aufzuhalten. Diese Anordnung wurde auch von ihm befolgt. Inzwischen hatte sich jedoch schon eine größere Menschenmenge vor dem Hotel versammelt, die judenfeindliche Äußerungen machte und seine Abreise verlangte. Da der Jude sich nicht mehr sicher fühlte, erschien er auf dem Polizeibüro und bat um polizeilichen Schutz, der auch gewährt wurde. Mit Hilfe der Polizei gelangte er dann auf Umwegen unbelästigt mit einem Wagen zum Flugplatz, von wo er in einem Flugzeug nach Norderney gestartet ist. Während der Demonstration wurden dem Juden zwei kleine Musterkoffer entwendet, wovon einer später wieder ermittelt und ihm nachgesandt wurde. Die Nachforschungen nach dem Verbleib des zweiten Koffers sind noch nicht abgeschlossen.

Nach seiner Abreise hat sich die Menge beruhigt. Der Erlaß des Herrn Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 28.8.35 - III T 3710/59 - war damals auf Borkum noch nicht bekannt. Es ist Vorsorge getroffen, daß sich derartige Fälle nicht wiederholen.

Die Meldung wurde erst am 29.9.35 von dem Landrat in Leer hier vorgelegt.

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