Der Regierungspräsident berichtet aus Stettin
Der Regierungspräsident von Stettin erstattet am 28. August 1935 folgenden Bericht:
Am 24. d. Mts. wurden der jüdische Viehhändler Julius Aron und sein Sohn Ernst in Stargard wegen versuchten Betruges festgenommen. Bald darauf erschien vor der Wohnung der beiden eine etwa 300 Personen zählende Menschenmenge, die sich aber bald auf Veranlassung von Polizeibeamten entfernte. Etwa eine Stunde später sammelten sich wieder vor dem Gebäude der Kriminalpolizei, in dem die beiden Juden festgehalten wurden, etwa 80 Personen, von denen ein Teil den Versuch machte, in das Teil den Versuch machte, in daszudringen. Allmählich wuchs die Menge auf etwa 300 Personen an. Es wurde wiederholt im Sprechchor gerufen: ''Wir gehen nicht nach Haus, die Juden müssen raus''. Die Menge verlangte, die Juden mit entsprechenden Plakaten durch die Stadt zu führen. Als ihr von den Beamten eröffnet wurde, daß ihre Forderungen nicht erfüllt würden, wollte sie einen Umzug durch die Stadt veranstalten. Auf die Ermahnungen der Polizeibeamten wurde aber hiervon Abstand genommen, und die Menge zerstreute sich bald darauf. Im Verlauf der weiteren Tätigkeit der Kriminalbeamten in der Betrugsangelegenheit versammelte sich nochmals vor der Wohnung der Juden eine Menge von etwa 150 Personen, die ebenfalls zerstreut wurde. Während des ganzen Tages sammelten sich an verschiedenen Punkten der Stadt immer wieder kleinere Gruppen. Als hierbei die Personalien eines SA -Mannes in Uniform festgestellt werden sollten, weil er mit Gewichten in der Hand aus dem Geschäft des Juden Moses kam, verhinderten 10-15 Mann (darunter verschiedene mit Parteiabzeichen) - unter ihnen befand sich auch der Adjudant der SA -Standarte - seine Feststellung.
Auch in Stralsund wurde ein Jude polnischer Staatsangehörigkeit namens [N.N.a] wegen Anstiftung zur Abtreibung festgenommen. [N.N.a] soll mehrfach die im Arbeitsverhältnis zu ihm stehenden weiblichen Angestellten mißbraucht haben. Im Zusammenhang hiermit wurde eine andere weibliche Person festgenommen, die gegen Bezahlung bei einem Mädchen, das [N.N.a] geschwängert hatte, drei unerlaubte Eingriffe vorgenommen hatte. Zu antisemitischen Kundgebungen in Stralsund ist es anläßlich dieses Vorfalls nicht gekommen.