Die Gestapo berichtet aus Hannover
Die Gestapo für den Regierungsbezirk Hannover erstattet am 18. August 1935 folgenden „Sonderbericht“:
Durch die Ereignisse der letzten Wochen hat die antisemitische Stimmung in den breiten Massen der Bevölkerung erheblich zugenommen. Die scharfe Zurückweisung der Übergriffe des Judentums wird überall, abgesehen von einigen unbelehrbaren Ausnahmen, allgemein begrüßt. Der weit größte Teil der Bevölkerung versteht aber nicht die, leider gerade hier in Hannover, in den letzten Tagen zu beobachtenden sinnlosen Einzelaktionen und Terrorakte. Wiederholt ist es zu Übergriffen gekommen, an denen Angehörige der NS-Organisationen beteiligt waren, worüber die breite Masse auf der Straße ihren Unmut offen zum Ausdruck brachte. Ich werde über diese Ereignisse noch einen Sonderbericht vorlegen. Leider hat die Fühlungnahme des Unterzeichneten und des Polizeipräsidenten in Hannover mit den maßgebenden Parteidienststellen eine Änderung dieser Verhältnisse bis jetzt nicht zur Folge gehabt. Ganz besonders bedauerlich und der Staatsautorität abträglich aber ist es, wenn die Bevölkerung Zeuge ist und beobachten muß, daß Polizeibeamte, die sich bisher außerordentlich zurückhaltend verhalten haben, bei pflichtgemäßen Einschreiten gegen Rowdies und Provokateure von Parteimitgliedern mit ''Judenhöriger'' und ''Judenfreund '' tituliert werden.
Ich halte es nach den Beobachtungen der letzten Tage für dringend notwendig, daß die Parteidienststellen den Parteigenossen, zumal dem Kreis Stürmer -Freunde, den letzten in dieser Hinsicht ergangenen Erlaß des Stellvertreters des Führers nachdrücklich zur Kenntnis geben. Es erscheint mir weiterhin unerläßlich, der Bevölkerung die Judenfrage von höherer Warte aus propagandistisch darzulegen, die Gefahr des internationalen Judentums als Ganzes herauszustellen sowie die unheilvollen Fäden aufzuzeigen, die das internationale Judentum in den Verkehr der Völker gesponnen hat und weiterhin spinnt. Die Partei muß hier ganz besonders geschulte und belesene Propagandaredner herausstellen, die in der Lage sind, an Hand von Tatsachen die großen Zusammenhänge des internationalen Weltjudentums aufzudecken. (…)
In Handwerkerkreisen wird über mangelnde Beschäftigung, die Konkurrenz der Warenhäuser , Konsumvereine und jüdischer Firmen geklagt. Man hört immer wieder, daß das Parteiprogramm in diesen Punkten nicht innegehalten [sic] wird.