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Chronik und Quellen
1935
Juli 1935

Bericht aus Gesecke

Der Bürgermeister von Gesecke erstattet am 22. Juli 1935 folgenden Bericht für Juli 1935:

Die allgemeine Stimmung im Berichtsmonat stand vielfach unter dem Eindruck der Propaganda für und wider das hiesige Geschäft Kronenberg. Ich verweise hier auf meinen bereits in dieser Angelegenheit eingereichten Sonderbericht. Während sich die nationalsozialistisch gesinnte Bevölkerung sehr über das von Kronenberg gerade in letzter Zeit gezeigte sehr anmaßende Wesen empörte, konnte jedoch festgestellt werden, daß sich ein nicht geringer Prozentsatz der Einwohner völlig auf Seiten des Juden stellte. Bezeichnend dabei dürfte sein, daß diese Erscheinungen sich bei allen Schichten der Bevölkerung zeigen. So konnte insbesondere festgestellt werden, daß Kronenberg sogar von einem Teil der hiesigen Bauern und Landwirte Sympathie entgegengebracht wird. Wie bereits berichtet, waren von unbekannter Seite dem größten Teil der in jüdischen Geschäften kaufenden Einwohnern anonyme Schreiben zugegangen, in denen dieselben auf das volksverräterische Treiben aufmerksam gemacht wurden. Verschiedene Empfänger dieser Briefe haben sich nicht gescheut öffentlich zu erklären, daß sie nun erst recht bei Juden kaufen würden. Kronenberg scheint es im ausreichenden Maße verstanden zu haben, seinen Kundenkreis an sich heranzuziehen. Dieses dürfte durch die von ihm gemachten äußerst billigen Preise geschehen sein, während er auch auf anderer Seite sich angeblich dadurch, daß er hin und wieder an notleidende Familien Waren verschenkt hat, sich Sympathien verschafft hat. Außer bei Kronenberg konnte jedoch auch in andern jüdischen Geschäften ein recht reger Geschäftsbetrieb beobachtet werden. Insbesondere trifft dieses auch auf das hiesige Fouragegeschäft Schild zu, das sowohl seitens der Geseker Bauern wie auch der aus der näheren und weiteren Umgebung immer noch sehr viel Zuspruch findet. Die Inschutzhaftnahme Kronenbergs und seiner Verkäuferin hatte in den mit ihm sympathierenden [sic] Kreisen zunächst eine nicht unbeträchtliche Erregung hervorgerufen, die jedoch in den letzten Tagen erheblich abgenommen hat. Auch konnte beobachtet werden, daß der Geschäftsbetrieb bei ihm gegenüber den vorigen Wochen sehr nachgelassen hat. Demgegenüber ist diese Durchgreifen der maßgeblichen Stellen in diesem Falle seitens der nationalsozialistischen Bevölkerung begrüßt worden. (…)

Sehr kritische Bemerkungen wurden darüber laut, daß im laufenden Monat in der Zeitung des Reichskriegerbundes, dem Kyffhäuser, wiederholt Annoncen jüdischer Geschäftsleute aufgenommen waren. Es handelt sich hierbei um die Firmen Steinberg & Grünebaum und Herzheim Paderborn.

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