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Chronik und Quellen
1935
Juli 1935

Die Gestapo berichtet aus Frankfurt/M.

Die Gestapo für den Regierungsbezirk Wiesbaden berichtet am 5. August 1935 für Juli 1935 aus Frankfurt/M.:

Die in früheren Berichten schon mehrfach erwähnten Judenboykottbestrebungen machten sich auch im abgelaufenen Monat wieder bemerkbar. In jedem Einzelfalle wurde entsprechend den Bestimmungen für polizeiliche Abhilfe Sorge getragen.

Die Bevölkerung bringt der Judenfrage mehr Interesse entgegen, was sich auch darin zeigt, daß eine Anzahl von Juden wegen rasseschänderischen Verhaltens zur Anzeige gebracht wurden. In allen Fällen wurde Schutzhaft mit dem Ziele auf Überführung in ein Konzentrationslager verhängt. (…)

 

Judentum

Hier fällt vor allem die verminderte Versammlungs- und Vereinstätigkeit angenehm auf. In seinem Verhalten gegenüber dem Staate ist der Jude nach wie vor im Wesentlichen gleichgültig. Das will indessen nicht besagen, daß er nicht äußerst wachsam ist und jede Gelegenheit geschickt ausnutzt, so sich ihm eine Gelegenheit geboten erscheint [sic] Verlorengegangenes sich wieder zurückzuerobern.

Wie Eingangs bereits ausgeführt, wurden im hiesigen Bezirke einige Personen (teilweise Juden und zum anderen Teil Christenmädchen) wegen rasseschänderischen Verhaltens in Schutzhaft genommen.

An dem bisher geübten Verfahren, daß alle, (auch nicht politische) jüdische Versammlungen hier anzumelden sind, wurde weiter festgehalten, ebenso wurde darauf geachtet, daß in den zur Anmeldung gelangten Fällen stets die Rede in zweifacher Ausfertigung im Manuskript vorzulegen ist. In wichtig erscheinenden Fällen erfolgte Überwachung .

Ein Teil der Viehmärkte wird immer noch sehr stark von Juden besucht. Es ist bis jetzt noch nicht möglich gewesen, der Landbevölkerung beizubringen, Geschäfte mit Juden möglichst zu vermeiden.

Die Agitation gegen die Juden war im letzten Monat sehr lebhaft. Leider kam es dabei zu Ausschreitungen radaulustiger Elemente, die glaubten, durch Sachbeschädigungen gegen die Juden vorgehen zu müssen. So wurden auf einem Judenfriedhof, der versteckt im Walde in der Gemarkung Bornich liegt, nach und nach 25 Grabsteine umgeworfen und sogar die eisernen Gitter mit Gewalt zertrümmert. Daß hierbei Angehörige der NSDAP als Täter in Frage kommen könnten, wurde von dem beteiligten Kultusvorsteher selbst in Abrede gestellt. Wahrscheinlich sind die Täter unter Arbeitern zu suchen, die am Wegebau Bornich - Niderwallmenach beschäftigt sind und die zum größten Teil aus Großstädtern bestehen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Am 27. Juli wurde der Jude [N.N.] aus Mensfelden festgenommen, weil er mit einer Kuh in dem Stalle eines Landwirts widernatürliche Unzucht getrieben hat und von der Tochter des betreffenden Landwirtes auf frischer Tat getroffen wurde.

Wie aus dem Kreise Wetzlar gemeldet wird, verstärkt sich der Einfluß der jüdischen Viehhändler immer mehr. Der Jude bietet und bezahlt jeden Preis für das Rindvieh. Scheinbar bezweckt der Jude damit bei den christlichen Metzgern die Preise so hoch zu schrauben, daß sie an ein Kaufen von Schlachtvieh gar nicht mehr denken können.

In Diez fällt es auf, daß die Zöglinge des israelitischen Kinderheims zum großen Teil in einheitlicher Kleidung gehen. Die Kleidung besteht aus brauner Manchesterhose, grünem Leinenkittel mit Gürtel und schwarzer Baskenmütze. Dazu tragen die Jungen Kniestrümpfe. Da die Schulpflichtigen des Kinderheims die öffentliche Volksschule in Diez besuchen und bei ihrer immerhin beachtenswerten Anzahl eine gewisse Störung des Unterrichts bedeuten, sollen die jüdischen Kinder ausgeschult und einer eigenen, zu diesem Zwecke einzurichtenden jüdischen Schule zugewiesen werden.

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