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Chronik und Quellen
1935
Juli 1935

Die Gestapo berichtet aus Königsberg

Die Gestapo des Regierungsbezirks Königsberg erstattet folgenden Lagebericht für Juli 1935:

Das freche und anmaßende Auftreten der Juden in der Öffentlichkeit, besonders die rasseschänderischen Bestrebungen, haben eine ungeheure Empörung in der Bevölkerung ausgelöst, die zu einer Reihe antisemitischen Kundgebungen geführt hat. Zahlreiche Festnahmen von Juden und Arierinnen , eine Reihe von Inschutzhaftnahmen , die vor allem zum Schutz der eigenen Person erforderlich waren haben beruhigend auf die Stimmung der Bevölkerung gewirkt, und den Glauben an die Staatsautorität wesentlich gestärkt.

So erfreulich es ist, daß allmählich das Verständnis für die Gefährlichkeit des Juden in immer weitere Schichten dringt, haben doch auch andererseits die zahlreichen wilden Aktionen gegen jüdische Geschäfte usw. im weiten Kreise der Bevölkerung erhebliche Erregung verursacht und Ablehnung gefunden. Es wird von diesen Kreisen betont, daß die Regelung der Judenfrage allein Aufgabe des Staates und der Bewegung sei, daß aber nicht jeder einzelne Volksgenosse nach eigenem Gutdünken und, ohne etwaige Auswirkungen zu übersehen, handeln könne. (…)

 

Juden und Freimaurer

Wie bereits eingangs erwähnt, hat das freche und anmaßende Auftreten der Juden in der Öffentlichkeit, besonders ihre rassenschänderischen Bestrebungen, eine ungeheure Empörung in der Bevölkerung ausgelöst, die zu einer Reihe antisemitischer Kundgebungen geführt hat.

In der Nacht zum 21.7. sind in zwei jüdischen Geschäften in Gerdauen einige Fensterscheiben zertrümmert worden. Am folgenden Morgen nahm der christliche Angestellte des einen jüdischen Geschäfts Karl Zander, vor seinem Geschäft Aufstellung und machte die Straßenpassanten auf die zertrümmerten Fensterscheiben mit folgenden Worten aufmerksam: ''Das ist deutsche Kultur.'' Durch diese Handlungsweise entstand unter der Bevölkerung erhebliche Unruhe. Die angestellten Ermittlungen haben ergeben, daß Zander, der früher der kommunistischen Partei angehört hatte, mit zwei jüdischen Angestellten der betroffenen jüdischen Firma in der fraglichen Nacht in einem Lokal gesessen und gezecht hatte. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß Zander zum Zertrümmern der Fensterscheiben sowie zu seinem weiteren Verhalten von den Juden angestiftet worden ist. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Zander, sowie die beiden Juden sind vorerst in Schutzhaft genommen worden.

Am 20.7.1935 hat die am 10.2.1905 zu Heilsberg geborene Lucia Selig, mosaischer Religion aus Heilsberg folgendes geäußert: ''Die Christenweiber und die Hitler können mich im Arsch lecken!'' Diese Tatsache hat sich recht schnell in der Stadt Heilsberg verbreitet und eine starke Erregung in der Bevölkerung hervorgerufen. Die Selig wurde von Angehörigen der SA , SS und HJ aus der elterlichen Wohnung geholt und mit einem Schild, auf dem ihr Ausspruch stand, durch die Straßen der Stadt geführt. Die inzwischen benachrichtigte Polizei hat die Selig schließlich zum Schutze ihrer eigenen Person in Haft genommen.

Wegen rasseschänderischem Verhalten wurden in Königsberg vier Juden in Schutzhaft genommen und zwar: Der Arzt , Dr. [N.N.a], der Arzt Dr. [N.N.b], der Reisende [N.N.c] und der Fotograf [N.N.d]. In Elbing mußten aus demselben Grunde vier Juden und drei arische Mädchen in Haft genommen werden.

Am 8.7.1935 wurde der jüdische Kaufmann Katz und der Drogeriebesitzer Kuhrau, beide aus Wehlau in Schutzhaft genommen, weil sie einen politischen Leiter der Ortsgruppe bedroht und beschimpft haben.

In Rastenburg wurde der jüdische Geschäftsinhaber [N.N.e] wegen Beleidigung und wegen unzüchtiger Annäherung an arische Angestellte zu 19 Monaten Zuchthaus rechtskräftig verurteilt.

Am 31.7.1935 wurde der Jude Kuppermann aus Labiau zu seinem eigenen Schutz in Haft genommen, weil er das Gerücht verbreitete, höhere SA-Führer hätten ihm gesagt, sie würden bei ihm kaufen, wenn er seinen Eingang nach hinten verlegen würde. Er selbst brauche Deutschland nicht eher zu verlassen, bis er ausgewiesen werde, denn er mache jetzt bessere Geschäfte als früher.

Am 5.7.1935 übernachtete der Jude [N.N.f] aus Tilsit in der Gastwirtschaft Kinder - Legweten, da sein Kraftwagen entzwei war. Als am nächsten Morgen das Dienstmädchen des Gastwirts die Treppe herunterging, rief [N.N.f] ihr zu, sie möchte ihm Wasch- und Zahnwasser bringen und seinen Mantel sauber machen. Als das Mädchen das Wasser nach dem Zimmer brachte, faßte [N.N.f] sie von hinten um, drückte ihren Busen und versuchte sie zu küssen. Sie riß sich los und verließ das Zimmer. Am Vormittag ging [N.N.f] zu ihr und gab ihr eine Schürze, scheinbar als Schweigegeld, welche sie annahm.

Durch dieses unerhörte Verhalten einer ganzen Reihe jüdischer Elemente sind die antisemitischen Kundgebungen der Bevölkerung in ihrer berechtigten Erregung verständlich.

In fast allen Städten der Provinz sind die Schaufenster jüdischer Geschäfte mit Lösungen beschrieben worden: ''Jude, wer beim Juden kauft, gehört nicht mehr zum Deutschen Volk'', es wurden fast sämtliche Personen, hauptsächlich Arier, die in jüdischen Geschäften ihre Einkäufe tätigten fotografiert und ihre Bilder im Schaukasten des Stürmers veröffentlicht. Diese Maßnahmen hat in einem Teil der Bevölkerung Unruhe hervorgerufen, da vielen Volksgenossen die einzelnen jüdischen Geschäfte nicht bekannt und von außen auch nicht kenntlich waren. Vielfach hat sich auch herausgestellt, daß es insbesondere auf dem Lande noch weitgehendster Aufklärungsarbeit bedarf. Das Gefühl für die Schädlichkeit des Judentums fehlt sowohl in der einfachen Landbevölkerung als auch noch häufig in der Stadtbevölkerung. Dieses liegt auch vor allem daran, daß die Bevölkerung gewohnt ist, in den jüdischen Geschäften stets Entgegenkommen, Kredit und eine unterschiedslose Freundlichkeit zu finden, während im Gegensatz dazu bei den arischen Kaufleuten vielfach das Standesgefühl und die Gleichgültigkeit und geldliche Korrektheit den einfachen Menschen ärgern. Häufig wird behauptet, daß die arischen Geschäfte nicht immer die Waren führen, die gerade gebraucht werden, so daß man zum Kauf in jüdischen Geschäften gezwungen sei. Auch seien die Preise für Waren gleicher Güte in jüdischen Geschäften oft bedeutend niedriger. Dies ist leider zu einem gewissen Grade zutreffend, insbesondere in den ländlichen Bezirken und kleineren Städten in denen vielfach zum Beispiel in weiteren Umkreisen sämtliche Manufakturhandlungen usw. sich in jüdischen Händen befinden, bezw. die kleinen arischen Geschäfte nicht in der Lage sind, den tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung zu decken. Soll Wandel geschaffen werden, so bedarf es vor allen Dingen auch erzieherischer Einwirkung auf die arischen Kaufleute.

Die Versammlungstätigkeit der einzelnen jüdischen Vereine und Organisationen hielt sich im Berichtsmonat nur im mäßigen Rahmen. Durchgeführt wurden nur einzelne Vortragsabende, hauptsächlich von der zionistischen Bewegung.

Am 20.7.1935 beabsichtigten 30 jüdische Tilsiter Jugendliche geschlossen mit einem gemieteten Kraftwagen nach Danzig zur Teilnahme an einer Sportveranstaltung zu fahren. Diese geschlossene Ausfahrt der Juden wurde auf Grund des § 1 und 4 der Verordnung zum Schutze von Volk und Staat vom 28.2.1933 verboten.

Es mehren sich die Fälle, in denen Juden in das Ausland reisen, um dort ihre Greuelpropaganda gegen Deutschland anzubringen. So konnte in Königsberg die Jüdin Jacobi festgestellt werden, die in Schwarzort mit einem Rassengenossen während ihrer Badekur Verbindung aufgenommen hatte und ihn anschließend von Königsberg aus mit Greuelnachrichten versah.

Die Paßstellen der einzelnen Landratsämter in der Provinz und die Polizeibehörden in den größeren Städten sind daher angewiesen worden, Juden Pässe zur Ausreise nach dem Ausland nur mit vorherigem Einverständnis der Staatspolizeistellen zu erteilen. Diese Maßnahme ist in letzter Zeit streng durchgeführt worden.

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