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Chronik und Quellen
1935
Juli 1935

Bericht aus München

Am 1. August 1935 erstattet die Bayerische Politische Polizei folgenden Bericht für Juli aus München:

In der Bewegung gegen die Juden macht sich die fortschreitende rassische Aufklärung der Bevölkerung immer stärker bemerkbar. Neben Einzelaktionen , die sich meist aus Affekthandlungen entwickeln, tritt immer mehr eine überlegte und planvolle Ablehnung alles Jüdischen. Das zeigt sich beispielsweise in dem Verhalten der arischen Bevölkerung gegen die jüdischen Benützer der öffentlichen Badeanstalten. Selbst wenn sich die Juden ruhig verhalten und abgesondert bleiben, werden sie von den arischen Besuchern zum Verlassen der Bäder aufgefordert, weil die Bevölkerung anfängt, das Zusammensein und insbesondere das Zusammenbaden mit Juden als ekelhaft zu empfinden. Meist werden dazu Schilder angebracht mit der bekannten Aufschrift: ''Juden nicht erwünscht'' oder ''Juden ist der Zutritt verboten'', so z.B. in der Nacht vom 4. auf 5. Juli an der Städtischen Badeanstalt in Bad Kissingen.

In Bad Maria Einsiedel in München erregten am 14. Juli 1935 einige Juden, die sich mit arischen Mädchen im Bade aufhielten, öffentliches Ärgernis und den Unwillen arischer Badebesucher. Leider verwahrte sich die Badedirektion gegen polizeiliches Einschreiten mit der Begründung, daß die Juden sich ruhig verhielten und daß in erster Linie die Badedirektion selbst für Ruhe und Ordnung sorge. Am gleichen Tage (14.7.1935) kam es im Schwimmbad zu Heigenbrücken, BA Aschaffenburg, zu judenfeindlichen Kundgebungen. Etwa 15-20 jüngere Schwimmbadbesucher hatten von der zum Schwimmbad gehörigen Parkanlage aus durch Sprechchöre die Entfernung der Juden aus dem Schwimmbad verlangt. Die Sprechchöre lauteten: ''Hier ist ein deutsches Bad, Juden haben keinen Zutritt, hinaus mit ihnen'' und ähnliches. Eine erhebliche Anzahl sonstiger Schwimmbadbesucher hatte in diese Sprechchöre miteingestimmt, so daß wohl die überwiegende Zahl der Schwimmbadbesucher die Entfernung der Juden verlangte. Mit Rücksicht auf diese allgemeine Empörung und die zu befürchtenden Unruhen hatte sich der zufällig im Schwimmbad anwesende Kreisleiter der NSDAP , Oberbürgermeister Wohlgemuth von Aschaffenburg, zu dem Bademeister begeben und die Hinausweisung der Juden durch diesen verlangt. Der Bademeister hat das Ersuchen abgelehnt mit der Begründung, daß er nur den Anordnungen der Badeverwaltung Folge zu leisten habe und zudem die Juden als solche auch nicht ohne weiteres erkennen könne. Wegen dieser Ansicht des Bademeisters kam es zwischen Oberbürgermeister Wohlgemuth und dem Bademeister zu einer geringfügigen Auseinandersetzung, die später durch die Badeverwaltung beigelegt wurde.

Mit Rücksicht auf dieses Vorkommnis hat der Kur- und Kneippverein unterm heutigen am Badeeingang eine Tafel mit der Aufschrift angebracht: ''Juden ist der Zutritt verboten''.

In Bad Kissingen hat nach einem Bericht des Stadtkommissärs Dr. Konrath vom 24.7.1935 in letzter Zeit ein auffallend starker Zustrom von Juden eingesetzt. In den Schwimmanstalten Bad Kissingen und Garitz wurden daher von der Bevölkerung entsprechende Schilder angebracht. Dr. Konrath befürchtet, daß der Ruf des Bades Kissingen schwer geschädigt würde, wenn diese von Kissingen weder verschuldete noch gewünschte Überschwemmung mit Juden so weitergeht. Er hat Schritte eingeleitet, daß auch den Staatsbädern die Möglichkeit gegeben wird, die Judenplage zu unterbinden, weil zu befürchten ist, daß sonst die Staatsbäder von den rassisch gesund empfindenden Kurgästen als ''Judenbäder'' gemieden würden. Man sei es den in ein Staatsbad kommenden Kurgästen schuldig, daß sie nicht durch den dauernden Anblick der zahlreichen Juden verärgert und dadurch in ihrer Erholung und Wiedergenesung beeinträchtigt würden. Da es bei der in Bad Kissingen abgehaltenen großen Tagung des Einheitsverbandes deutscher Tanzlehrer undenkbar war, daß gleichzeitig offizielle Vertreter der nationalsozialistischen Organisation, darunter hochstehende Amtsträger in Uniform, in den mit den nationalen Symbolen geschmückten Räumen mit Juden zusammenkamen und dabei ernste Störungen mit Sicherheit zu erwarten waren, sah sich der staatliche Badkommissär Dr. Konrath gezwungen, den Zutritt von Juden zu dieser durchaus nationalsozialistisch gestalteten Versammlung zu unterbinden.

In Bad Tölz wehrte man sich gegen die jüdische Überschwemmung des Parkhotels dadurch, daß vor dem Hotel die Straße beschriftet wurde mit den Aufschriften: ''Juden sind unser Unglück'' und ''Hier wohnen die Vaterlandsverräter''. Um die Entfernung dieser Beschriftung zu verhindern, wurden auf der dem Hotel gegenüberliegenden Straßenseite 5-6 SA -Posten aufgestellt. Obwohl weder Belästigung noch Ausschreitungen gegen die Juden vorkamen, waren diese doch sehr verschüchtert und trauten sich nicht mehr auf die Straße. Dem Besitzer des Hotels, Hellmann, wurde mitgeteilt, daß seine jüdischen Gäste ruhig abreisen könnten, ohne daß sie irgendwelche persönliche Belästigung zu befürchten hätten.

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