Die Gestapo berichtet
Die Gestapo des Regierungsbezirks Kassel berichtet über den Monat Juni 1935:
Über die Tätigkeit der Juden selbst ist nichts Besonderes zu berichten. Der Antisemitismus im Volke hält sich erfreulicherweise frisch und tatkräftig. Es ist dabei nicht zu vermeiden, daß er sich in Ausschreitungen gegenüber Juden, besonders wenn diese sich anmaßend und herausfordernd benehmen, Luft macht. So kam es im Berichtsmonat wieder zu zahlreichen Zwischenfällen. Ich habe darüber jeweils mit Tagesmeldung berichtet. In diesem Zusammenhang mußte auch der Kaufhof (früher Tietz ) in Kassel auf einige Stunden geschlossen werden. (Vgl. FS. Kassel Nr. 222 vom 1.6.1935 - ).
In den Flußbadeanstalten in Kassel wird es wohl dahin kommen, daß die Schwimmbadbesitzer Juden den Zutritt verweigern.
Trotz allem geht es den Juden geschäftlich nach wie vor gut. Insbesondere blüht der jüdische Viehhandel , von dem die Bauern trotz aller möglichen Vorkommnisse nicht lassen können. In Bad Orb, Kreis Gelnhausen, kam es sogar so weit, daß ein 62 Jahre alter Landwirt Selbstmord beging, nachdem er sich mit einem Juden in einen Viehverkauf eingelassen hatte und von diesem in gemeiner Weise betrogen worden war. Die bei dem Verkauf beteiligten Juden sind in Schutzhaft genommen worden. (Vgl. Bericht vom 1.7.1935 - II/2 6700d -).