Bericht aus Augsburg
Der Regierungspräsident Schwaben erstattet am 7. Juni 1935 seinen Bericht für April und Mai 1935 aus Augsburg:
1.) In Augsburg wurde in der Nacht zum 24.5.1935 an den Schaufenstern jüdischer Geschäfte die Aufschrift ''Jude'' angebracht. In der gleichen Nacht wurden auf dem Judenfriedhof in Augsburg 2 Grabsteine umgeworfen. In der Nacht zum 25.5.1935 zertrümmerten - wie teilweise schon im März - Unbekannte in 4 Kaufhäusern 5 Schaufenster. In der Nacht zum 30.5.1935 wurden im Schuhhaus des Juden Polatschek in Augsburg von unbekannten Tätern 2 Schaufenster in der Größe von 3,29 : 4,34 m und 3,23 : 4,44 m mit größeren Steinen eingeworfen. Die Täter ergriffen nach der Tat in einem Kraftwagen die Flucht. Die Versicherungsgesellschaften weigern sich in letzter Zeit, die erheblichen Schäden zu ersetzen. Die Geschädigten wollen sich nunmehr an die Stadt Augsburg wegen Schadenersatzes wenden.
2.) In der ersten Hälfte Mai, meist in der Nacht zum 12.5.1935, wurden in sämtlichen unmittelbaren Städten und in der Mehrzahl der Landgemeinden Tafeln angeschlagen mit der Aufschrift ''Juden sind hier unerwünscht'', in Fischbach, Bez.A. Augsburg, mit der Aufschrift ''Volksgenossen ! Vorsicht ! Judengeschäfte am Platz ! Meidet sie!''.
Die Aktion wurde von der HJ , angeblich auf Befehl ihrer Gebietsführung ''Hochland'', ohne Verständigung der örtlichen Behörden und der politischen Kreisleitungen durchgeführt. Die Anschläge sind meistens noch heute an Ort und Stelle. In Kur- und Fremdenverkehrsorten hielten sich zum Teil Ausländer über dieses Vorgehen auf, so namentlich in Hindelang sowie in der Stadt und im Bezirk Lindau. Auch der Oberbürgermeister von Augsburg erhielt von einem schweizer Reisenden, angeblich arischer Abstammung, ein Protestschreiben gegen die Anbringung der Tafeln.
3.) In Memmingen ist ein Teil der früher dort ansässigen Juden nach Palästina oder Lothringen gezogen. Andere sollen sich mit ernsthaften Auswanderungsabsichten tragen.