Bericht aus München
Der Regierungspräsident Oberbayern berichtet am 11. Juni 1935 über Mai 1935 aus München:
Der Tag der nationalen Arbeit wurde ungeachtet der ungünstigen Witterung im ganzen Regierungsbezirk unter größter Anteilnahme der Bevölkerung in eindrucksvoller Weise begangen. Die großangelegte Rede des Führers hat in ihrer Sachlichkeit, Offenheit und Schlagkraft überall uneingeschränkte Zustimmung gefunden und wesentlich zur Beruhigung der Bevölkerung beigetragen. Der Kampf der Reichsregierung um die Wiederherstellung der außenpolitischen Geltung des Deutschen Reiches wird aufmerksam verfolgt. Von allen Seiten wird die Notwendigkeit des Wehrgesetzes anerkannt und seine Durchführung mit Freuden erwartet. Auch in den Kreisen der Dienstpflichtigen herrscht frohe Stimmung. An der reibungslosen Abwicklung des Musterungsgeschäftes besteht kein Zweifel.
Diesen günstigen Tatsachen gegenüber kann nicht verschwiegen werden, daß eine gewisse nervöse Stimmung zu beobachten ist. Als Gründe werden hierfür benannt vor allem die Flaggenzwischenfälle bei den Maifeiern, die Vorfälle bei der Karitassammlung sowie die Anbringung von judenfeindlichen Plakaten, Schildern und Tafeln. (…)
In vielen Orten des Regierungsbezirkes befinden sich Plakate, Tafeln und Schilder mit den Aufschriften ''Die Juden sind unser Unglück'', ''Juden unerwünscht'' und ähnlichen Inhalts. Auf manchen Straßen waren Aufschriften mit roter Ölfarbe angebracht, wie ''Als größter Lump im ganzen Land ist uns der Jud bekannt'', ''O Herr schick ihnen den Moses, daß er sie führe nach Jerusalem'' usw.; diese wurden zum größten Teil wieder beseitigt. Die Bevölkerung billigt in jeder Hinsicht den sachlichen Kampf gegen das Judentum. Sie hält jedoch die genannten Aufschriften und Plakate für unzweckmäßig und befürchtet besonders in Fremdenverkehrsgemeinden, wie in Garmisch-Partenkirchen, wirtschaftliche Ausfälle.