Die Gestapo berichtet
Die Gestapo für den Regierungsbezirk Schleswig berichtet für Mai 1935 aus Kiel:
Die judenfeindlichen Kundgebungen haben eine gewisse Zunahme erfahren. So wurden in Altona bei einem jüdischen Schuhwarenhändler, der die polnische Staatsangehörigkeit besitzt und wegen Devisenschiebungen in Schlesien festgenommen worden ist, in mehreren Nächten die Schaufensterscheiben eingeworfen. In Wandsbek wurden des Nachts an verschiedenen Geschäften, deren Inhaber Juden sind, Zettel mit der Aufschrift ''Wer bei Juden kauft, ist ein Volksverräter'' geklebt. Hierbei ist es nicht ausgeblieben, daß auch einige nichtjüdische Geschäfte ebenfalls mit diesen Zetteln beklebt worden sind.
Im übrigen ist das Judentum auch im letzten Monat nicht besonders hervorgetreten. In Kiel fand eine Versammlung der Zionistischen Vereinigung statt, in der von Besuchern des Zionisten-Kongresses in Berlin Referate über diesen Kongreß gehalten wurden. - Erwähnenswert ist noch, daß in jüdischen Kreisen, die dem Reichsbund jüdischer Frontsoldaten angehören, allgemein Erbitterung darüber herrscht, daß ihnen das Flaggen der Reichsfahnen verboten worden ist.