Die Gestapo berichtet
Die Gestapo für den Regierungsbezirk Lüneburg erstettet am 21. Mai 1935 folgenden Tagesbericht aus Harburg-Wilhelmsburg:
In Harburg-Wilhelmsburg hat in den letzten Tagen eine starke Boykottbewegung gegen jüdische Geschäfte eingesetzt. Anlaß dieser Bewegung ist eine im Aushängekasten der hiesigen NS-Hago ausgehängte namentliche Liste der jüdischen Firmen in Harburg-Wilhelmsburg. Diese Liste ist aber insofern nicht als zuverlässig anzusprechen, da auch Geschäfte aufgeführt sind, die sich nicht in jüdischen Händen befinden. So hat ein hiesiger Geschäftsmann namens Ascher, dessen Name in der Liste ebenfalls aufgeführt ist, die Glasscheibe des Aushängekastens eingeschlagen und den Aushang entfernt. Als Grund seiner Handlungsweise gibt Ascher an, daß er kein Jude sei und somit sein Name zu unrecht angeprangert sei.
Weiter sind in letzter Nacht die Schaufenster vieler Harburg-Wilhelmsburger Geschäfte mit roten Zetteln (12 x 15 cm) mit der Aufschrift: ''Juden haben keinen Zutritt'' beklebt worden, während an anderer Stelle Transparente über die Straße gespannt sind, die die Aufschrift ''Deutsche kauft nicht bei Juden'' tragen.