Bericht aus Osnabrück
Der Regierungspräsident in Osnabrück erstattet am 2. April 1935 folgenden Lagebericht für die Monate Februar und März 1935:
Die rege Vereins und Vortragstätigkeit der Juden wurde fortgesetzt. So fand in Osnabrück ein Lichtbildervortrag der hiesigen Ortsgruppe des Kulturbundes deutscher Jugend statt. Es sprach Meyer Michael, Rheda, über Rembrandt's jüdische Gestalten. In einer anderen Veranstaltung der jüdischen Gemeinde in Osnabrück rezitierte der ehemalige Schauspieler am Deutschen Theater in Berlin Meinhard Maur Dichtungen von Goethe, Herder, Heine und Nietzsche. Ferner las er verschiedene Kapitel aus der Bibel in altjüdischer Fassung vor. Den Schluß des Vortrages bildeten Rezitationen verschiedener Dichter und Philosophen, die die Vaterlandsliebe der Juden dartun sollten.
Am 21. März 1935 fand im Gemeindesaal der Synagoge in Osnabrück eine Versammlung der hiesigen Ortsgruppe des Zentralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens statt, die von 45 Personen besucht war. Es sprach Dr. Davidson Herford über die Arbeiten und Aufgaben des Zentralvereins. Der Redner schilderte die wirtschaftliche Notlage der jüdischen Kaufleute und brachte zum Ausdruck, daß es dem Zentralverein zu danken sei, wenn den Juden überhaupt noch eine gewisse Existenzmöglichkeit geblieben sei. Der Zentralverein habe in der Abwehr des Boykotts deutscher Waren im Auslande erfolgreiche Arbeit leisten können, was auch vom Reichswirtschaftsministerium anerkannt worden sei. Der Redner betonte zum Schluß die Notwendigkeit, den Zentralverein zur Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der Juden zu erhalten.