Die Gestapo berichtet
Die Gestapo für den Regierungsbezirk Arnsberg berichtet für März 1935 aus Dortmund:
Juden und Freimaurer
Die Versammlungstätigkeit der Juden hat in der Berichtszeit außerordentlich nachgelassen, da die Durchführung der Richtlinien über die Behandlung der Assimilanten fast zu einer völligen Unterbindung ihrer Vereins und Versammlungstätigkeit geführt hat. Da inzwischen auch das Flaggenverbot für Juden erlassen ist und weiterhin die Tatsache bekannt geworden ist, daß jüdische Emigranten im Falle ihrer Rückkehr nach Deutschland in Schulungslager überführt werden, herrscht unter den Juden eine sehr niedergedrückte Stimmung, zumal auch die Auslandspresse berichtet, daß der antisemitische Kurs in Deutschland wieder schärfer geworden sei. Eine Verschlechterung der materiellen Lage des Judentums ist allerdings bisher leider noch nicht zu verzeichnen, da immer noch zahlreiche Volksgenossen instinktlos genug sind, ihre Käufe in den angeblich billigeren jüdischen Geschäften zu tätigen. Weiter ist nicht zu verkennen, daß gerade in bäuerlichen Kreisen der Judenfrage noch außerordentlich wenig Verständnis entgegengebracht wird, obwohl doch gerade diese Schichten von den schädlichen Auswirkungen des Judentums in besonderem Maße betroffen worden sind. Es konnte festgestellt werden, daß die jüdischen Vieh und Kornhändler ohne Grund gegenüber arischen Händlern bevorzugt worden sind. Zu antisemitischen Kundgebungen ist es in der Berichtszeit in Bochum und Hagen gekommen. In Bochum wurden verschiedentlich jüdische Geschäfte mit antisemitischen Flugzetteln beklebt, während es in Hagen in einem Kino zu Protestkundgebungen kam, weil in einem Film die jüdische Schauspielerin Franziska Gaal mitwirkte. (…)
Evangelische Bewegung
Druckschriften und Nachrichtendienst der Bekenntnisfront
Die periodisch erscheinenden bekenntnistreuen Zeitschriften sind zwar gegenüber dem Vormonat, in dem in vielen Fällen mit Beschlagnehmen wirkungsvoll vorgegangen wurde, wesentlich vorsichtiger geworden. Lediglich in einem Falle wurde gegen eine Zeitschrift, und zwar gegen die ''Reformierte Kirchenzeitung'', Organ des Reformierten Bundes, wegen der Veröffentlichung des Artikels von Dr. Hermann Stöhr in Stettin ''Die Judenfrage als kirchliches Problem'' mit der Beschlagnahme vorgegangen. Es handelt sich hierbei um eine Abhandlung, in der unter dem Deckmantel christlicher Anschauungen die vom Reich und der nationalsozialistischen Bewegung vertretene Judenpolitik in außerordentlich scharfer Weise kritisiert und angegriffen wird. Um eine gewisse Objektivität nach außen hin zu wahren, hat der Verfasser sowohl protestantische als auch katholische Auslassungen zur Judenfrage sowie Kundgebungen der Weltmission und Äußerungen aus dem Auslande zur Judenfrage zusammengetragen. Überhaupt fällt auf, daß zur Judenfrage und zur Frage des Neuheidentums häufig auf katholische Auslassungen, im übrigen vielfach auf Veröffentlichungen der Frankfurter Zeitung zurückgegriffen wird. Die ideenmäßige gemeinsame Abwehrbasis mit dem Katholizismus gegen das Neuheidentum und in der Judenfrage tritt auch für den Laien immer offenkundiger zu Tage.