Die Gestapo Aurich berichtet
Die Gestapostelle für den Regierungsbezirk Aurich in Wilhelmshaven erstattet ihren Bericht für Februar 1935:
Am 17. Februar hatte die jüdische Vereinigung ''Agudda Israel'' zu einer Versammlung in Aurich (Lokal Wolf), Norderstrasse, eingeladen, die sehr stark besucht war. In ihr sprach der Redakteur Schachnowitz aus Frankfurt/Main über den jüdischen Gelehrten Maimonides , dessen 800. Geburtstag gefeiert wurde. Dieser Maimonides soll vornehmlich als der Vorbereiter für Palästina anzusehen sein.
Eine gleiche Veranstaltung fand am 16. Februar in Emden statt, die von etwa 100 Personen besucht war.
Die in Norden ansässigen Juden haben in letzter Zeit folgende Versammlungen in der jüdischen Schule abgehalten:
1. am 16.1.35 um 20.15 Uhr eine Generalversammlung des jüdischen Frauenvereins ,
2. am 27.1.35 17.30 Uhr eine Generalversammlung des Talmud Thora Vereins,
3. am 17.2.35 um 16 Uhr eine Generalversammlung der Kranken- und Beerdigungsbrüderschaft der Synagogengemeinde .
Diese Versammlungen waren nur mäßig besucht.
Am Sonnabend, den 2. Februar, sprach in Wilhelmshaven vor der jüdischen Gemeinde in der Synagoge der Landesrabbiner Dr. de Haan, Oldenburg, zu dem Thema: ''Der Josephs Roman von Thomas Mann.'' Der Vortrag hatte rein wissenschaftlichen Charakter.
Der Central Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens , Ortsgruppe Wilhelmshaven, hielt am 17.2.35 um 16 Uhr im Gesellschaftshaus eine Bezirkstagung ab, zu der 110 Personen 70 männliche und 50 weibliche erschienen waren. Als erster Redner sprach der erste Vorsitzende des Landesverbandes Nordwest Deutschland, Herzberg, über die Organisation des Central Vereins. Er wies darauf hin, daß alle Organe dieser Vereinigung ihre Pflichten jeder Zeit erfüllt haben. Der Verein kenne keine Grenzen, er habe jeder Zeit allen jüdischen Menschen geholfen. Hierauf erteilte er dem Referenten, Dr. Weinberg aus Berlin, das Wort. Dieser führte aus: ''Ich bin zu Ihnen gekommen, im Auftrage des Centralvereins, um restlose Klarheit zu schaffen, welche Ziele wir noch aufrichten können. Trotz allem was geschehen ist, stehen wir auch heute noch zum Deutschtum. Als die Märzwogen über uns zusammenschlugen und keiner wußte, was geschehen würde, haben wir uns entschlossen, allen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wir haben keinen nach seiner Gesinnung gefragt, wir haben alle bei uns aufgenommen, so wie sie kamen. Aus der Erkenntnis heraus haben wir das Judentum zusammengeschlossen. Der Umsturz 1933 hat die Ausgliederung des Judentums aus dem Reich herbeigeführt, hat das Judentum aus ihrer [sic] Existenz herausgerissen. Die Juden waren seit mehr als 1000 Jahren in Deutschland ansässig und plötzlich wurden sie ausgeschaltet. Heute nach 2 Jahren müssen wir feststellen, daß es für uns nur noch die Lösung gibt, auszuwandern. Wir müssen uns selbst zurückbringen, denn es muß gesorgt werden für 400.000 Menschen. Es ist im deutschen Judentum die alte Kraft zusammen geblieben und braucht nicht erst dem Judentum zugeführt werden.'' Seine weiteren Ausführungen waren ohne Bedeutung. Zu irgendwelchen Störungen ist es nicht gekommen.