„Aktion Dünamünde“ im Getto Riga
Gertrude Schneider, die am 6. Februar 1942 von Wien nach Riga deportiert worden war und die NS-Zeit überlebte, erinnerte sich später an die Durchführung der „Aktion Dünamunde“ am 26. März 1942. Nachdem sie mit ihrer Familie auf das „Gut Jungfernhof“ gebracht worden war, erlebte sie dort auch an diesem Tag eine Selektion. Am folgenden Tag kamen dann im Getto mehrere Lastwagen an:
„Die Ladung bestand aus einer Reihe von persönlichen Gegenständen der umgesiedelten Menschen. Es waren Kleidungsstücke, die von ihren Besitzern eilig ausgezogen worden waren - noch auf links gedreht -, Strümpfe, die an Miedern befestigt waren, und Schuhe, die mit Schlamm verkrustet waren. In den Lastwagen fanden sich auch Fläschchen, Kinderspielzeug, Brillen, mit Lebensmitteln gefüllte Taschen und Schulranzen mit Fotos und Dokumenten.
[Während die Frauen die Sachen sortierten], erkannten sie viele der Kleidungsstücke wieder, einige an den eingenähten Namen, andere an den Ausweisen, die sich noch in den Taschen befanden, und natürlich gab es auch Kleider, Mäntel und Anzüge, die sie an ihren Freunden und Nachbarn gesehen hatten, als diese nur wenige Tage zuvor das Getto verlassen hatten. Bald wusste jeder im Getto über die Ladung, die die Lastwagen gebracht hatten, und über den Zustand der Kleidung Bescheid. Es bedurfte keiner großen Phantasie, um zu verstehen, was mit ihren Besitzern geschehen war.
Niemand machte sich mehr über die Erzählungen der lettischen Juden lustig und dachte, dass so etwas nur den Ostjuden und niemals den Juden aus Deutschland passieren könnte. In vielen Häusern des Gettos wurde das Kaddisch, das hebräische Totengebet, gebetet. Das deutsche Getto wurde in Verzweiflung gestürzt.“