Bericht über das Getto Lublin
Sujka Erlichman-Bank berichtete rückblickend über die Lage der Juden im Getto Lublin im Vergleich zu Warschau und Litzmannstadt:
Nach meiner Rückkehr aus Warschau wurden mir die Unterschiede der Bedingungen in den beiden Ghettos deutlich. In Lublin gab es kein intensives soziales und kulturelles Leben. Es gab viele Gründe für diese Situation. Zu Beginn des Krieges kamen die sowjetischen Truppen fast bis nach Lublin, was die Flucht erleichterte. Vor allem die politischen Aktivisten und die Jugend flohen. Die große Zahl der umgesiedelten Menschen aus dem westlichen Teil Polens wurde nach Lublin deportiert. Die meisten von ihnen waren arme Menschen aus niedrigen sozialen Schichten. Die Intelligenz, zum Beispiel aus Lodz und Umgebung, floh nach Warschau, weil sie glaubte, dass die Hauptstadt ein besseres Schicksal haben würde. Die Lodzer Intelligenz war in Warschau sehr aktiv und ersetzte die Warschauer Intelligenz, die geflohen war. Auch die Gebäude der beiden Städte waren unterschiedlich. Die großen Häuser mit den Hinterhäusern beherbergten eine große Anzahl von Einwohnern, und ein Teil von ihnen konnte in den Untergrund gehen und während der Polizeizeit Sozialarbeit leisten. Die Gebäude in Lublin waren kleiner und voneinander getrennt, so dass es am Abend unmöglich war, sich zu organisieren. Lublin hatte aber auch eine positive Seite. Das Elend war hier viel "bescheidener" als in Warschau. Hier starben die Menschen nicht auf der Straße. Sie quälten sich nur in der Stille der Häuser, in den Flüchtlingsunterkünften oder in den Krankenhäusern. Man kann sagen, es war "anständiger". Auch die Neureichen von Lublin verhielten sich recht anständig.