Bericht aus Frankfurt
Rabbiner Josef Horovitz, Scheveningen, früher Frankfurt am Main, berichtet über die Lage der Ärzte und Krankenhäuser in Frankfurt am Main, die Zerstörung der Synagogen, die Verhaftungen und Verschleppungen in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau und seine Haftentlassung durch Intervention des tschechoslowakischen Konsuls:
Amsterdam, 24. November 1938
Bericht aus Frankfurt am Main
Die freien Ärzte sind verhaftet worden, dagegen wurden in den beiden Krankenhäusern alle Ärzte belassen. Nur der Ohrenspezialist Dr. Meyer im Krankenhaus Gagernstraße wurde verhaftet. Der Direktor des Krankenhauses Gagernstraße, Dr. Rosenthal, hat aus Furcht vor Verhaftung Selbstmord durch Vergiftung begangen.
Im Rothschild-Hospital sind weiterhin tätig: Dr. Schnerb, Dr. Löwenthal, Dr. Rosenbaum und Dr. Merzbach. Verbrannt wurden die Synagogen Friedberger Anlage, Börneplatz, Börnestraße, Liebigstraße. Da das Feuer in der Synagoge Friedberger Anlage zunächst nur begrenzten Schaden anrichtete, wurde auch an den folgenden Tagen, insgesamt viermal, erneut der Brand unter Benutzung von Benzinfässern und dergleichen entfacht, wodurch der Volksmenge wiederholt ein Schaustück bereitet wurde.
Nachdem die Inneneinrichtung der Synagogen ausgebrannt war, wurde die Gemeinde von der Polizei aufgefordert, wegen Einsturzgefahr die Gebäude auf eigene Kosten abzubrechen. Mit dem Abbruch Friedberger Anlage wurde sofort am 17. November begonnen.
Die Polizei hat nachträglich die Juden selbst der Brandstiftung an den Synagogen verdächtigt und eine dementsprechende formale Strafanzeige erlassen.
Der Tresor mit den silbernen Kultgegenständen in der Synagoge Friedberger Anlage ist am Tage nach dem ersten Brand aufgeschweißt und seines Inhaltes beraubt worden.
Am Donnerstag, dem 10. November, wurden in Frankfurt auch viele alte Leute und Frauen verhaftet und nach der großen Festhalle verbracht. Dort wurden sie bis Freitagnachmittag ohne Schlafgelegenheit und meistens ohne Sitzgelegenheit belassen. Dann wurden die Leute über 60 Jahre sowie die Frauen entlassen.
Die in Frankfurt Verhafteten befinden sich zu einem großen Teil im Lager Buchenwald, von wo sie eine vorgedruckte Karte an ihre Angehörigen gesandt haben, zum anderen Teil im Lager Dachau. Der inzwischen durch Intervention des tschechoslowakischen Konsuls wieder entlassene Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft, Rabbiner Horovitz, war die acht Tage über nur im Polizeigefängnis Frankfurt am Main.