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Chronik und Quellen
1938
November 1938

Bericht aus Hilden, Düsseldorf, Siegen und Bonn

Sammelbericht über Todesfälle und schwere Verwundungen in Hilden und Düsseldorf, Verhaftungen in Siegen, Wohnungsverwüstungen in Köln sowie über die Zerstörung der landwirtschaftlichen Siedlung Urbach bei Bonn und die Misshandlung der Auszubildenden:

28. November 1938

In Hilden ist ein beinahe 60-jähriger Kaufmann in der Nacht vom 9. zum 10. November erstochen worden, ebenso noch sechs andere Juden, von denen vier gestorben und zwei durchgekommen sind. Die Schwiegertochter wurde vorgeladen und gefragt, ob ihr Schwiegervater schon öfters Selbstmordversuche gemacht hat. Dann wurde sie gefragt, ob sie gesehen hätte, wer es war, worauf sie antwortete: „Für das Protokoll weiß ich nicht, ob es ein SS- oder SA-Mann oder eine Zivilperson war. Für Sie persönlich: Mein Nachbar, der Friseur.“

In der Wohnung einer Holländerin waren eine Woche lang zehn bis zwölf Menschen verborgen. Unverhaftet blieben nur diejenigen, die sich verstecken konnten oder herumirrten.

In Siegen wurde der 76-jährige Herr Jacobi mit ungefähr zehn anderen jüdischen älteren Herren in der Nacht vom 9. zum 10. November abgeholt; seitdem fehlt jede Spur von ihnen.

In Düsseldorf ist das Ehepaar Markus, Besitzer eines jüdischen Cafés, erschossen worden. Mann war sofort tot, Frau nach zwei Tagen gestorben.

Frau lebt in Palästina - Wunden heilten. Rei[mann]. Ältere Leute sind zum Teil aus dem Konzentrationslager entlassen, zum Teil wegen Gebrechlichkeit, Krankheit, Leistenbrüchen. Ein großer Teil der Inhaftierten ist nach dem Arbeitslager Brauweiler bei Köln gekommen. Dort hat ihnen ein älterer Beamter gesagt; „Die Dinge werden sich drehen. Die Leute, die euch hierhergebracht haben, werden selbst noch einmal hier landen.“

Köln. In ganzen Straßenzügen ist jede einzelne Wohnung zertrümmert; nicht ein Stück, nicht ein Stuhl, nicht eine Tasse heil geblieben. Flügel, Klaviere wurden durch die Fenster auf die Straße geworfen. Die Horden wurden zum Teil angeführt durch „Braune Schwestern“ (die anstatt der ab gesetzten Nonnen jetzt in den Krankenhäusern beschäftigt werden), die zeigten, welche Wohnungen demoliert werden sollen.

Ein 60-jähriger Mann wurde vor seinen drei kleinen Kindern (spät geheiratet) schwer misshandelt.

In der Siedlung Urbach bei Bonn, in der Jungens von 14 bis 19 Jahren landwirtschaftlich ausgebildet werden, ist alles zerstört worden. Die Jungens, die zum Teil misshandelt worden sind, flohen und wurden bei Bauern aufgenommen.

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