Bericht aus Köln und Aachen
Walter Singer, Paris, berichtet über die Zerstörung der Synagogen und Geschäfte, über Misshandlungen und Verhaftungen in Köln und Aachen:
Die Pogrome in Köln begannen am 10. November um 4 Uhr früh. Die Teilnehmer waren nach den Aussagen der dort wohnenden Juden SA-Leute, die in Zivil waren. Sehr zahlreich beteiligten sich aber auch Jugendliche, auch in Zivil, an den Pogromen. Sie gingen in ganz kleinen Trupps von ca. 10 Mann durch die Straßen. Die Bevölkerung beteiligte sich daran überhaupt nicht, nur selten als Neugierige, ohne Zustimmung, sondern mit entsetzter Miene. Die Trupps schlugen systematisch alle jüdischen Auslagen und Rollbalken ein, holten Lastwagen, auf denen der Inhalt der Geschäfte verladen und weggeschleppt wurde, zerschlugen die Einrichtungen, warfen die zerschlagenen Stücke auf die Straße und zündeten diese häufig an und gingen weiter.
Andere Trupps drangen in die Tempel ein, warfen die Einrichtung auf die Straße und zündeten die Tempel an.
In Aachen sah ich, wie die Nazi eine Thora vor einem Tempel zerrissen und Fetzen in die Taschen steckten, indem sie sagten, das könnte Glück bringen. Außerdem verwüsteten sie sämtliche Bilder und Ornamente an den Bauten.
Andere holten aus den Häusern selbst, sogar manchmal aus der Straßenbahn und sonstigen Lokalen die Juden, hauptsächlich Männer, heraus, die sie in Arrestlokale und sonstige Sammellager schleppten, wo sie sie fürchterlich verprügelten. Auch auf der Straße spielten sich fürchterliche Prügelszenen ab, wobei sogar alte Männer und Frauen und Kinder nicht verschont blieben.
In Köln spielten sich zum Beispiel in den Seitengassen der Bahnhofstraße furchtbare Szenen ab. Dort und auf dem Zülpicherplatz sah man überall kleine Blutlachen. Nur ein kleiner Teil von Juden konnte der Aktion entschlüpfen. Viele sind in die Umgebung der Stadt geflüchtet. Leute mit Auto haben im Auto die zwei Nächte verbracht.
In Aachen spielten sich in der Harscampstraße und deren Seitengassen furchtbare Prügelszenen ab. Mit blutenden Köpfen führten sie die Leute ab. Am Ende der Harscampstraße befindet sich in Aachen ein Tempel, den die Nazis angezündet hatten, und nachher bewarfen sie die von ihnen verprügelten Juden mit brennenden Stücken.