Hilfe durch Auswanderung
Einige Zeit nach dem 10. November 1938 fasste ein ungenannter Schweizer Christ seine Einschätzung der Lage in Deutschland nach dem Pogrom zusammen und tat seine Ansicht kund, dass die beste Hilfe fürdieJuden in Deutschland die Förderung von deren rascher Auswanderung sei:
Die Zerstörungen und Plünderungen erfolgten auf Befehl der Partei und wurden planmäßig durch SA und SS durchgeführt. Darüber herrscht in Deutschland kein Zweifel, und innerlich schämt sich das ganze noch normal denkende Volk, nur sagt es nichts. In den Straßen hat sich das Volk - hauptsächlich Arbeiter - kopfschüttelnd die Zerstörung angesehen. Auch Parteigenossen äußern sich Ausländern gegenüber, dass sie absolut nicht mit dieser Sache einverstanden seien.
Geholfen kann den Juden in Deutschland nur mit schleunigs ter Evakuierung werden. Ihnen finanziell zu helfen ist sinnlos, solange sie in Deutschland sind. Wenn noch Unterstützungsgelder aus dem Ausland kämen, das könnte der... Gesellschaft so passen. Das Geld wäre hinausgeworfen. Sofern Geld zur Verfügung steht, sollte es nur für den Abtransport in andere Länder und für Finanzierung von Ansiedlung verwendet werden.
Direkt körperlich Not leiden die Juden zurzeit nicht. Sie können sich die Mittel zum Leben noch beschaffen. Auf irgendeine gemeine Art werden sie aber vernichtet werden. Man wird sie in Barackenlager stecken. Der Jude ist eben schuld, dass Deutschland wirtschaftlich am Ende ist.
Herr L., der sonst Deutschland immer noch zu verstehen gesucht hat, ist nun auch in sehr gedrückter Stimmung. Er war im Rheinland, und was er dort gehört hat - von Parteimitgliedern hat ihm die Augen geöffnet. Sein Vertreter in London macht keine Besuche mehr im Auftrag einer deutschen Firma.
Die Lage in Deutschland ist so, dass das Volk dauernd in Unruhe gehalten werden muss.