Protest gegen Pogrom
26 Zwangsmitglieder der deutschen Kolonie in Amsterdam äußerten am 17. November 1938 in der weit verbreiteten holländischen Tageszeitung „Het Volk“ abgedruckten Brief ihren Abscheu über den Pogrom. Die im Briefe erwähnte Versammlung am 15. November war von ungefähr 25000 Personen besucht:
Sehr geehrte Herren!
Im Namen von 26 Zwangsmitgliedern der Deutschen Kolonie und sicher auch im Sinne einer viel größeren Zahl Deutscher in Holland bitte ich Sie, der Versammlung diesen Brief vorlesen zu wollen. Die ungeheuerlichen Ereignisse in Deutschland, die über unser Vaterland unauslöschliche Schande brachten, zwingen uns, unser Gewissen dadurch zu entlasten, dass wir unsere tiefste Abscheu über das Geschehene aussprechen. Leider sind wir gezwungen, unsere Meinung auf diesem Wege zum Ausdruck zu bringen. Zwar leben wir hier im Auslande mitten unter Euch, die Ihr frei Eure Meinung äußern könnt, aber doch sind wir dem gleichen Terror ausgeliefert, der in Deutschland herrscht. Würden wir offen unter unserem Namen auftreten, so würde man sicher uns als Landesverräter bezeichnen, und dann würden wir auch hier unseres Lebens nicht sicher sein. Überdies hat beinahe jeder von uns noch Angehörige in Deutschland, an denen sich die Pogromhelden rächen würden.
Unseren entrüsteten holländischen Mitbürgern gebe ich jedoch die Versicherung, dass auch in Deutschland Millionen über diese Barbarei Abscheu und Scham empfinden.
Zur Vermeidung von Missdeutung teile ich Ihnen noch mit, dass ich und meine Freunde weder Juden noch Emigranten sind. Wir leben alle schon länger als zehn Jahre in Holland.