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Chronik und Quellen
1934
Dezember 1934

Bericht aus Berlin

Der Polizeipräsident Berlin berichtet am 18. Januar 1935 für Novemberund Dezember 1934:

Gleichschaltung in der Wirtschaft

[...] In der Gleichschaltung bevorzugen jüdische Firmen eine solche ''auf Stahlhelm''. Auch einige große Aktien Gesellschaften haben einen Stahlhelmmann zum Aufsichtsratsvorsitzenden oder zum Betriebsführer bestellt. Herren der Betriebe sind aber kraft ihrer Kapitalstärke häufig nach wie vor die Juden. So ist in der Firma Seidenmichels der Aufsichtsratsvorsitzende ein Stahlhelmmann, ein weiteres Mitglied ein Jude und ein Dritter ein Volksgenosse ohne Parteizugehörigkeit. Betriebsführer ist ein Stahlhelmer. Der jüdische Aktienmajoritätsinhaber soll sich nach wie vor gegen Hereinnahme eines Parteigenossen sträuben. Im Vorstand der Dresdner Bank wird ebenfalls der nationalsozialistische Einschlag vermißt, obwohl dieses Unternehmen zu 90% sich in Händen des Staates befindet. [...]

Juden, Emigranten und Freimaurer

Juden

Die Auswanderung der Juden nach Palästina war im Monat November mit 255 gegenüber dem Monat Oktober mit 330 etwas zurückgegangen. Dafür stieg die Zahl der auswandernden Juden im Dezember auf 436. Die Abfahrt vollzog sich in der üblichen Weise, ohne daß es zu Störungen kam.

Auf der anderen Seite hält aber auch die Rückwanderung jüdischer Emigranten an. Nur ein kleiner Teil dieser Rückwanderer nimmt öffentliche Mittel zur Unterstützung in Anspruch. Zum größten Teil betätigen sich die jüdischen Rückkehrer im Handelsgewerbe. Zum Teil werden sie auch von Verwandten oder Bekannten unterstützt.

Die Ziffer der Judenversammlungen, die im Oktober 1.128 betrug, ist im November auf 1.185 und im Dezember sogar auf 1.972 angestiegen. Man kann geradezu von einer Versammlungswelle s[prechen].

Neugründungen jüdischer Vereine sind nicht erfolgt. Dagegen hat sich der jüdische Jugendbund ''Schwarzes Fähnlein '' auf Anregung des Reichsjugendführers selbst aufgelöst. Er war [sic] im Jahre 1932 gegründet, nach dem Muster der Hitlerjugend aufgezogen und in Gauen über ganz Deutschland verbreitet. Das ''Schwarze Fähnlein'' wollte eine unpolitische Jugendorganisation sein und die Mitglieder im Sinne der deutschen Jugendbewegung erziehen.

Das seit einiger Zeit schon beobachtete herausfordernde Verhalten der Juden wird immer deutlicher erkennbar. In Wort und Tat bringen sie ihre staatsgegnerische Haltung offen oder versteckt zum Ausdruck. Es sind mehrfach Klagen darüber laut geworden, daß sie sich deutschen Mädchen gegenüber hemmungslos aufgedrängt hätten, und daß sie nationalsozialistische Einrichtungen und Führer in der gehässigsten Weise kritisiert und sogar verunglimpft hätten. Außerdem mehren sich auch die Fälle, in denen jüdische Hausbesitzer oder verwalter gegenüber den Mietern in rücksichtsloser Weise vorgehen.

Endlich sei auch bemerkt, daß eine Reihe von jüdischen Konfektionsfirmen ungerecht ihre jüdischen Zwischenmeister vor den arischen Zwischenmeistern bevorzugen. In dieser Hinsicht wurde festgestellt, daß einer Reihe von Firmen Untertarifzahlungen und Tarifverschleierungen zur Last fallen. Der Konfektionär Scharlinski von der Firma Seligmann und der Konfektionär Blank von der Firma Ahrndsen wurden aus den angeführten Gründen vorübergehend in Schutzhaft genommen. Blank war Mitarbeiter des Treuhänders für das Konfektionsgewerbe. Bei den Ermittlungen über diese Vorgänge tauchte auch der Verdacht der Stoffhamsterei durch jüdische Firmen auf, der durch eine umfangreiche Prüfung bestätigt worden ist.

Es darf als sicher angesehen werden, daß größte Kreise der Bevölkerung gegenüber diesem herausforderndem Verhalten der Juden die Zurückhaltung der maßgebenden Stellen nicht verstehen.

Einer einheitlichen Regelung bedarf auch die Frage des Zeigens von Hakenkreuzfahnen durch Juden und jüdische Geschäfte. Es ist vorgekommen, daß jüdische Geschäfte nicht nur an nationalen Feiertagen, sondern auch aus rein geschäftlichen Gründen die Hakenkreuzfahne gezeigt haben und dadurch die Empörung der Bevölkerung hervorgerufen haben. Es kam zu Ansammlungen vor den betreffenden Geschäften und erheblichen Störungen, die gewöhnlich so lange andauerten, bis die Fahne entweder gewaltsam oder vom Inhaber freiwillig entfernt wurde.

Emigranten

Die Rückkehr von Emigranten nach Deutschland hält unvermindert an. Die meisten Rückwanderer kommen aus Palästina, Frankreich, Holland und der Schweiz. Wie sehr sich das Ausland gegen die Emigranten sperrt, ergibt sich aus dem Umstand, daß selbst solche Personen zurückkehren, die von Steuerbehörden oder Gerichten gesucht werden. Meistens waren die Auswanderer völlig mittellos und nicht einmal in der Lage, die Kosten der Rückkehr selbst aufzubringen. Bemerkenswert ist, daß neuerdings auch eine Rückkehr aus Rußland spürbar wird. Dabei handelt es sich insbesondere um gelernte Arbeiter, die zum Teil schon vor einigen Jahren von der russischen Handelsvertretung für Dienste in Rußland geworben wurden, die sich aber dort nicht mehr halten können, da nach ihrer Darstellung das Bestreben der russischen Behörden dahin geht, alle ausländischen Arbeiter aus Fabriken, die mit der Kriegsrüstung in Zusammenhang stehen, zu entfernen.

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