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Chronik und Quellen
1934
November 1934

Der Regierungspräsident Hannover berichtet

Der Regierungspräsident Hannover berichtet am 4. Dezember 1934 über Oktober und November:

Die Gerüchte über die bevorstehende Warenknappheit im Zusammenhange mit dem Anziehen einzelner Bedarfsartikel wollen nicht verstummen, so daß Angstkäufe immer noch getätigt werden. Es wird in dieser Beziehung vielfach von Reisenden und Vertretern mit Äußerungen gearbeitet, die diese Gerüchte unterstützen. Mir ist berichtet worden, daß jüdische Geschäfte in erhöhter Zahl Vertreter auf das Land entsenden, um den Ausfall von Käufern aus der Stadt auszugleichen. Dabei sollen diese Vertreter zu einem großen Teil der Partei angehören und bei den Geschäften mit der Kundschaft mit dem Parteiabzeichen auftreten. (…)

In letzter Zeit macht sich eine erhöhte Vereinstätigkeit des jüdischen Frontkämpferbundes und der Zionistischen Bewegung bemerkbar. Aus einzelnen Kreisen wird mir berichtet, daß viele Bauern nach wie vor ihre Viehhandelsgeschäfte mit den jüdischen Viehhändlern im Kreise machen. Im Kreis Nienburg sind im Monat November mehrere Fälle von Ausschreitungen gegen Juden vorgekommen, die soweit gingen, daß an verschiedenen Orten Juden nachts die Fensterscheiben eingeworfen wurden. Im Rathaus und in dem Gebäude einer Zweckverbandssparkasse wurden Schilder mit Inschriften gegen Juden aufgehängt; anläßlich eines Vieh- und Kohlmarktes in Nienburg/Weser wurden rote Zettel verteilt, in denen zum Judenboykott aufgefordert wurde. Die Verteilung geschah auf Veranlassung der NS-Hago. Die Vorgänge haben in weiten Kreisen der Bevölkerung - auch bei vielen Parteigenossen - schärfste Ablehnung erfahren; insbesondere richtet sich die Kritik gegen den Ortsgruppenleiter, den man als den Urheber ansieht.

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